1711 - Der Mond-Mönch
ich hatte den lichten Wald nicht vergessen und sah ihn schattenhaft an der rechten Seite, zugleich senkte sich die Maschine dem Boden entgegen. Alles wies auf eine Landung hin.
Das Licht wanderte. In Sekunden würde es uns erreicht haben. Ich bremste ab, warf Karina einen schnellen Blick zu und sah, dass sie den Gurt löste.
Genau das war es. Wir konnten nicht mehr länger im Wagen bleiben. Da würde man uns abschießen können wie die Hasen.
»Raus, John!«
Es war wirklich der letzte Augenblick. Noch hatte uns das Licht nicht erfasst, und so rammten wir die Türen auf, um die verbleibenden Sekunden zu nutzen.
Wir fielen förmlich in den Schnee, schlugen die Türen wieder zu und liefen auf den Wald zu. Es war nicht einfach. Wir mussten uns durch die tiefe weiße Schicht kämpfen. Ich lief um das Heck des Wagens herum, war dann bei Karina, die bereits die ersten Bäume erreicht hatte und einfach weiterlief.
Ich hetzte ihr nach, zog den Kopf ein, berührte Äste und wirbelte den Schnee davon weg, der auf meinen Kopf fiel.
Verständigen konnten wir uns nicht, weil der Lärm des Rotors einfach zu laut war. Aber nach einem Blick zurück sah ich durch den aufgewirbelten Schnee die neue Lichtglocke, die jetzt eine bestimmte Stelle erreicht hatte.
Genau wusste ich es nicht, aber sie musste sich um unseren abgestellten Wagen gelegt haben.
Ich lief, stolperte, fiel, raffte mich wieder auf und war froh, dass die Lichtinsel nicht auch den Wald erreichte, der uns als Versteck diente.
Wir tauchten hinein in eine mit Schnee gefüllte Senke und hatten keinen Bock mehr, uns daraus zu befreien. Wir schauten uns gegenseitig an und sahen aus wie Schneemenschen, denn auch in unseren Gesichtern klebte die weiße Masse, die allerdings sehr schnell abtaute.
Ob der Hubschrauber gelandet war oder noch dicht über dem Boden schwebte, war von uns aus nicht zu sehen. Jedenfalls hatte er jetzt ein Ziel.
Ich wollte etwas sagen, aber was dann folgte, riss mir die Worte von den Lippen.
Schüsse peitschten auf. Unwillkürlich duckten wir uns, doch die Kugeln flogen nicht in unsere Richtung. Ihr Ziel war unser Wagen. Das sahen wir zwar nicht, aber es war gut vorstellbar. Sie zersägten das Blech und bestimmt auch die Reifen. Es würde mich nicht wundern, wenn sie das Fahrzeug in Brand schossen.
Ein hartes Wummern erklang zweimal hintereinander. Möglicherweise war da mit einer Panzerfaust geschossen worden. Egal womit, im Mittelpunkt stand unser Wagen, und der verwandelte sich in einen Feuerball, in dem unser Wagen in die Luft flog, und das mit einem lauten Krachen.
Wir zogen unwillkürlich die Köpfe ein, obwohl wir außer Gefahr waren. Die Bäume nahmen uns einen Teil der Sicht. Wir schauten durch die Lücken und sahen lodernde Flammen, die von dicken dunklen Rauchschwaden begleitet wurden, die eklig stanken, denn der Wind trieb den Gestank auf uns zu.
Die andere Seite hatte einen Teil ihres Ziels erreicht. Ob sie wussten, dass wir den Wagen verlassen hatten, das stand für uns in den Sternen. Es war nur zu hoffen, dass sie von unserer Flucht nichts bemerkt hatten.
Still war es nicht geworden, aber ruhiger. Wir hörten auch keine Explosionen mehr, sahen das Feuer und auch den dichten schwarzen Rauch.
Der Hubschrauber musste gelandet sein, denn von seinem Rotor war nichts mehr zu hören. Dafür gellten Stimmen. Was sie schrien, verstanden wir beide nicht, und wir fragten uns, wie es weitergehen würde. Ohne fahrbaren Untersatz sah es nicht gut für uns aus, und mir lief ein Schauer über den Rücken, als ich daran dachte, dass man uns wie Wild jagen würde.
»Sieht nicht gut aus, wie?«
Ich nickte. »Was machen wir?«
»Im Moment habe ich keine Ahnung. Ich weiß auch nicht, ob sie davon ausgehen, dass wir im Wagen verbrannt sind. Wäre am besten. Dann stellen sie die Suche ein.«
»Damit rechne ich nicht. Sie werden warten, bis der Wagen völlig ausgebrannt ist, und dann nachschauen. Ich denke, dass dies noch eine Weile andauern wird. Die Zeit sollten wir nutzen und so schnell wie möglich verschwinden.«
Karina verzog die Lippen zu einem knappen Lächeln. »Okay, dagegen habe ich nichts, allerdings frage ich mich, wohin wir uns wenden sollen.«
»Ja, das sieht nicht gut aus. Aber da fällt mir ein, dass ich auf der Fahrt einige Lichter gesehen habe. Sie bewegten sich nicht und funkelten auch nicht am Himmel. Kann man davon ausgehen, dass es sich dabei um eine Ansiedlung handelt? Vielleicht um ein kleines Dorf?«
Karina
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