1712 - Verflucht bis in den Tod
Rettung.
»Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht, John.«
»Aber ich.«
»Und?«
»Ich möchte erfahren, ob Rasputin wirklich lebt, und ich will ihm gegenüberstehen.«
»Das ist ein toller Wunsch. Darüber würde ich mich auch freuen und noch mehr, wenn wir ihn ein für alle Mal vernichten könnten.«
Es waren Wunschträume. Aber wir hatten einen Trumpf auf dem Rücksitz hocken, der sich völlig ruhig verhielt, wobei ich nicht davon ausging, dass er aufgegeben hatte.
Und wieder meldete sich das Handy. Erneut zuckten wir beide zusammen, aber Karina wusste, was sie zu tun hatte. Und ihre Stimme klang neutral.
»Ja …«
»Hast du gewartet?«
»Dumme Frage.«
»Dann will ich dich schlauer machen und dir erklären, wohin ihr zu fahren habt.«
»Wir hören.«
In den folgenden Sekunden erhielten wir die entsprechenden Anweisungen. Notizen machte sich Karina nicht. Dann hörten wir Chandra fragen: »Hast du alles verstanden?«
»Kein Problem.«
»Gut, wir erwarten euch.«
Das Gespräch war beendet, und ich schaute Karina fragend an, denn ich hatte nicht mal die Hälfte verstanden. Sie gab mir noch keine Antwort, sondern war in Gedanken vertieft, möglicherweise dachte sie auch über eine Falle nach.
Ich hielt es nicht mehr aus und fragte leise: »Wohin müssen wir?«
»Zu einer Kapelle!«
Ich war von den Socken. Mit allen möglichen Zielen hatte ich gerechnet aber nicht mit einer Kapelle.
»Kennst du sie denn?«
»Nein, John, aber ich weiß jetzt, wo sie sich befindet. Sie hat es mir erklärt.«
»Und wo? Weit von hier?«
»Einige Kilometer schon. Ich will auch nicht von einer normalen Kapelle sprechen, in der noch Gottesdienste stattfinden. Sie ist wahrscheinlich in Vergessenheit geraten.«
»Wie kommst du darauf?«
»Weil Chandra von einer Waldkapelle gesprochen hat. Und diese kleinen Kirchen liegen bekanntlich einsam.«
»Da gebe ich dir recht. Und von einem Ort in der Nähe hat sie nicht gesprochen?«
»Nein«, erwiderte Karina. »Aber wir werden sie finden, und dann sehen wir weiter …«
***
Die Fahrt wurde zu einem wahren Hindernisrennen für Wladimir Golenkow.
In der Stadt war noch alles relativ okay gewesen, abgesehen von einigen Schlaglöchern, doch später, als sie Moskau verlassen hatten, zumindest die City, da war der Zustand der Straßen schlechter geworden. Das bekam der im Rollstuhl sitzende Agent voll mit. Immer öfter wurde er durchgeschüttelt, und er klammerte sich an den beiden Lehnen fest.
Das Ziel kannte er nicht. Es war sehr wohl Chandra bekannt, die sich bei ihm aufhielt. Er hatte Fragen stellen wollen, es jedoch gelassen. Wenn jemand redete, dann sollte sie damit anfangen. Er wollte sich erst mal zurückhalten.
Gern hätte er gesehen, wo sie sich aufhielten. Die Ladefläche hatte zwei Fenster, die sich gegenüberlagen. Das Fahrzeug musste wohl eine Spezialanfertigung sein, denn so einen Wagen hatte er noch nie gesehen.
Hinaussehen konnte er nicht. Die Scheiben waren abgedunkelt worden. Dass er trotzdem etwas sah, lag an einer Lampe, die nicht mehr als eine Notbeleuchtung war.
Es war ein tödliches Spiel, in das er geraten war. Leider hielt er keine Trümpfe in der Hand und auch keinen Joker, und so musste sich Wladimir zu den Verlierern zählen.
Und seine Partnerin Karina.
Auf sie kam es an. Und natürlich auch auf seinen englischen Freund John Sinclair. Beide wussten, dass sie vorsichtig sein mussten, um nicht alles zu verlieren. Auch sie hielten einen Trumpf in den Händen, nur durften sie ihn nicht zu früh ausspielen.
Er starrte nach vorn und damit auf die Rückseite des Fahrerhauses. Seine Bewacherin sah er nicht, denn sie hielt sich hinter ihm auf. Ab und zu hörte er, wenn sie sich bewegte. Mal räusperte sie sich, mal hustete sie. Dann pfiff sie fröhlich vor sich hin, denn sie sah sich auf der Siegerstraße.
Und sie sprach ihn sogar an. »Nun, es sieht nicht gut für dich aus, Wladimir. Aber so geht es Menschen immer, die ihren eigenen Kopf durchsetzen wollen.«
»Was heißt das?«
»Die Antwort ist ganz einfach. Du hättest dich auf unsere Seite schlagen sollen und nicht gegen uns arbeiten. Das ist im Prinzip alles.«
Wladimir lachte. »Ja, du denkst so, das weiß ich. Aber ich stelle mich nicht auf die Seite von Verbrechern. Da hast du dich geschnitten.«
Chandra war über die Antwort so überrascht, dass sie zunächst nichts sagte. Dann flüsterte sie: »Habe ich dich richtig verstanden? Du hast von Verbrechern
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