1717 - Die Fratze der Angst
es die schwere Pranke, die auf seinem Rücken lag und ihn noch tiefer in den Schleim drückte.
Das war sein Todesurteil. Er schaffte es nicht mehr, sich von dieser Gestalt zu lösen. Er wurde auch weiterhin in sie hineingedrückt, und wenn er Luft holen wollte, war das nicht mehr möglich.
Jetzt spürte er die Schwäche in den Beinen, zwar berührten seine Füße noch den Boden, aber das war auch alles. Abstemmen konnte er sich nicht mehr. Er hing fest und konnte nicht mehr atmen. Er würde ersticken.
Und das traf auch zu.
Er spürte plötzlich nichts mehr. Er war am Ende. Jede Faser in seinem Körper schrie nach Luft, doch es war zu spät. Etwas platzte in seinem Innern, und dann war es vorbei. Xaver Prantl spürte nichts mehr, weil er nichts mehr spüren konnte.
Das wusste auch der Ghoul. Trotzdem ging er auf Nummer sicher. Er wartete noch eine Weile ab, dann stieß er den Mann von sich, der auf den Rücken fiel und liegen blieb. Auch der Schneeschieber hatte sich wieder aus dem Körper gelöst.
Der Ghoul war zufrieden. Aus seinem Maul löste sich ein Röcheln, bevor er sich nach unten beugte und mit der flachen Hand über das Gesicht des Mannes strich.
Er war zufrieden.
Vor ihm lag ein Toter.
Für ihn war es nicht einfach nur eine Leiche, sondern auch etwas, was er brauchte.
Nahrung …
***
Georg Prantl war kein Mensch, der an Ahnungen oder Voraussagungen glaubte. Er war Realist, verließ sich auf das, was er mit den eignen Augen sah, um die Lage dann zu analysieren und jegliches Gefühl außen vor zu lassen.
Das war ihm in diesem Fall nicht mehr möglich, hier ging es nicht nur um irgendeinen Menschen, sondern um einen, der ihm sehr nahestand, um seinen Vater.
Xaver Prantl gehörte zu den Menschen, die nicht so leicht aufgaben oder andere Leute um Hilfe baten. Am liebsten half er selbst und lehnte auch jeglichen Dank dafür brummend ab.
Jetzt sah es anders aus.
Die Stimme des Vaters hatte sich ungewöhnlich angehört. Gezeichnet von der Angst, und das hatte er bei seinem Vater so noch nie gehört oder erlebt.
Georg fuhr.
Und er fuhr schnell.
Er holte auf der leicht kurvenreichen Strecke alles aus seinem Wagen heraus, aber er konnte auch nicht zu schnell fahren, sonst würde er im Graben landen, und das half seinem Vater nicht.
Das Haus der Prantls stand allein. Wie so viele Häuser rings um den Ort herum. Von der normalen Straße her gab es einen Weg, der auf das Haus zuführte. Neben dem Eingang standen zwei helle Bänke, ein großer Holzstapel bedeckte einen Teil der Holzwand. Es gab eine erste Etage, ein Dach, das leicht vorgezogen war, einen klobigen Kamin und Obstbäume im Garten. Eine kleine Idylle, in der sich der Mensch wohl fühlen musste.
Das war auch bei Georg Prantl der Fall gewesen. In diesem Haus hatte er seine Kindheit verbracht, einen Teil der Jugend ebenfalls, bis er sich dann entschieden hatte, zur Polizei zu gehen. Das führte ihn von zu Hause weg.
Aber Prantl war ein Mensch, der nie vergaß, wo er hergekommen war. Immer wieder kehrte er in sein Elternhaus zurück, und jedes Mal wurde er gefragt, ob er nicht bald heiraten wollte.
Das hatte er abgelehnt und stets erklärt, die richtige Frau noch nicht gefunden zu haben, was auch stimmte, denn Prantl war zu sehr mit seinem Job verheiratet.
Hin und wieder hatte er sich eine kleine Affäre geleistet, aber nichts davon war zu etwas Festem geworden.
Das war jetzt alles egal. Er wollte sehen, wie es seinem Vater ging, und durch seinen Kopf huschten schlimme Befürchtungen, die er nicht verdrängen konnte.
Als das Haus in Sicht kam, atmete er auf. Das Zuhause stand noch so, wie er es verlassen hatte. In seinen Vorstellungen hatte er sogar an eine Zerstörung gedacht.
Jetzt hätte er aufatmen können.
Das wollte ihm nicht gelingen, denn dieses dumpfe Gefühl blieb bestehen.
Er bremste den Wagen ab und stieß die Tür heftig auf. Eigentlich hätte ihm sein Vater jetzt entgegen kommen müssen, was allerdings nicht passierte.
Das machte den Sohn noch misstrauischer. So schnell wie möglich eilte er auf das Haus zu. Er behielt die Haustür im Auge. Dort bewegte sich nichts, und auch als er durch eines der Fenster schaute, da erkannte er keine Bewegung.
Das ließ sein Misstrauen wieder anwachsen. Es war schon mehr als ungewöhnlich, dass der Vater nicht in der Tür stand, um ihn zu begrüßen. Das hätte er auch trotz seiner Verletzung geschafft. Da dies nicht der Fall war, musste etwas passiert sein.
»O Gott, nur das
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