1717 - Die Fratze der Angst
schieben.
Das klappte nicht beim ersten Mal. Er brauchte schon zwei weitere Anläufe, um es zu schaffen. Erst dann konnte er den Wagen starten, was ihm beim ersten Versuch gelang.
Die beiden Scheinwerfer glotzten schräg gegen die Hausfassade. Um wegzukommen, musste Prantl den Wagen erst drehen.
Das hatte er vor, aber dann sah er den Ghoul aus der Haustür kommen. Plötzlich wirbelte eine wahnsinnige Idee durch seinen Kopf. Sie war verrückt, das wusste er selbst, aber sie war auch eine Möglichkeit.
Prantls Gesicht verzerrte sich. Plötzlich leuchteten seine Augen. Die Idee wollte er so rasch wie möglich in die Tat umsetzen, und jetzt war es gut, dass der Ghoul nicht aufgegeben hatte. Er wollte sein Opfer nicht entkommen lassen.
Das Untier wälzte auf ihn zu. Hinter dem Schleim bewegte sich das Gesicht. Sekündlich erhielt es einen anderen Ausdruck, doch es war nur als Fratze zu bezeichnen.
»Ich fahr dich um!«, keuchte Prantl. »Ich fahr dich einfach um. Das schwöre ich dir.«
Und er machte ernst.
Es war beinahe wie in einem Film. Der Motor wurde beim Start laut, dann schoss der Wagen vor, und Prantl hielt das Lenkrad mit beiden Händen fest.
Er war froh, einen Passat zu fahren, denn dessen Kühlerhaube war recht lang und konnte als Rammbock dienen. Er sah, dass dieser Ghoul keine Anstalten traf, seinen Weg zu verändern, er schien auf den Zusammenstoß zu warten.
Prantl sah die Gestalt nah, sehr nah sogar – und es kam zur Kollision. Er hörte den Aufprall. Der Wagen wurde kaum gestoppt. Aber er hatte so viel Fahrt, dass der Ghoul in die Höhe geschleudert wurde und zu einem Salto ansetzte.
Einen Moment später prallte er auf den Boden, was der Fahrer nicht mehr sah, denn da war er bereits vorbeigerast.
Prantl wusste nicht, wie er sich fühlen sollte. Als Sieger keinesfalls, denn er glaubte nicht an den Tod der Kreatur. Und doch wollte er wissen, was mit ihr geschehen war, und deshalb kurbelte er das Lenkrad nach rechts und sorgte dafür, dass der Passat eine Kurve fuhr, bevor er noch mit der Hauswand kollidierte.
Er sah von dem Ghoul nichts. Die Kurve musste er fast ausfahren, um wieder einen anderen Blickwinkel zu bekommen.
Seine Augen weiteten sich. Er ging mit dem Tempo herunter, weil er genau mitbekommen wollte, was mit dem Ghoul passiert war. Der Wagen hatte ihn erwischt.
Georg Prantl sah die Kreatur hocken. Sie schüttelte sich, sie schien nicht verletzt zu sein, und tatsächlich stemmte sie sich Sekunden später wieder hoch.
Aus dem Mund des Polizisten drang ein Schrei. Eine Enttäuschung darüber, dass er es nicht geschafft hatte, diese verfluchte Kreatur zu vernichten.
Er musste einen zweiten Versuch starten. Mit dem Handrücken wischte er über seine Augen, weil sein Sehen durch einen Tränenschleier beeinträchtigt worden war. Er gab wieder Gas und sah, dass dieser Widerling immer näher kam.
Prantl wollte ihn abermals von den Beinen holen. Doch das gelang ihm leider nicht. Jetzt musste er mit ansehen, dass sich auch ein Ghoul schnell bewegen konnte, denn zu einer weiteren Kollision kam es nicht.
Das Untier schleuderte seinen Körper genau im richtigen Moment zur Seite. So wurde es nicht von der Kühlerfront des Wagens erfasst. Die Reifen radierten an seinem Rücken vorbei, und der Fahrer kurbelte das Lenkrad heftig nach links, bevor er ein Stück von dem Haus wegschoss. Er besaß dabei die Nerven, in den Innenspiegel zu schauen, wo sich sein Feind abmalte.
Er lag nicht mehr am Boden. Er saß auch nicht. Er stand breitbeinig und schüttelte sich, wobei wieder einige Schleimtropfen wegflogen.
Prantl heulte vor Wut auf. Tränen schossen ihm in die Augen. Das war eine Reaktion der Wut und der Verzweiflung. Er hatte es wieder mal nicht geschafft. Dieser verfluchte Ghoul schien unbesiegbar zu sein, zumindest für einen Menschen wie ihn.
Erst jetzt fiel ihm wieder ein, dass er nicht allein an dem Fall arbeitete. Es gab noch die Kollegen Stahl und Sinclair. Bevor er eine Entscheidung traf, schaute er noch mal in den Innenspiegel.
Das Monster war verschwunden!
Ob es sich in das Haus zurückgezogen hatte, wusste Prantl nicht. Es gab auch andere Wege, die in einen Wald führten.
Im Moment war es für den Polizisten nicht wichtig. Er musste sich jetzt mit seinen Kollegen in Verbindung setzen. Alles andere war im Moment zweitrangig.
Noch immer stand er wie unter Strom, als er das Handy hervorholte. Eine Nummer musste er nicht wählen, denn genau in diesem Augenblick schlug sein
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