1717 - Die Fratze der Angst
Apparat an.
»Ja …«
»Ich bin es, Harry.«
Georg Prantl gab eine Antwort. Die jedoch bestand aus einem klagenden Schrei …
***
Harry Stahl telefonierte, und ich sah, dass er immer bleicher wurde. Er ließ mich wenig später mithören, und so erfuhr auch ich, was uns der Kollege mitzuteilen hatte.
Er lebte. Er hatte Glück gehabt. Nicht aber sein Vater, den er zusammen mit dem Ghoul gesehen hatte, und er war auch der Überzeugung, dass sein Vater nicht mehr lebte.
Wir wollten wissen, wo er sich aufhielt. Er sagte es. Harry wies ihn darauf hin, an diesem Ort zu bleiben und auf uns zu warten.
»Das werde ich machen.«
Dann wollte Harry noch den kürzesten Weg erfahren, den wir nehmen mussten, um den Kollegen zu erreichen. Wenig später starteten wir.
»Also gibt es noch einen zweiten Ghoul«, stellte Harry Stahl fest.
Ich nickte und sagte: »Wir sollten uns darauf einstellen, dass es auch damit nicht getan ist. Ich kann mir vorstellen, dass wir hier ein ganzes Nest finden.«
»Hoffentlich nicht.«
Meine Antwort schluckte ich hinunter. Es war wirklich alles möglich. Wenn es wirklich nur zwei Ghouls gab, dann hatten wir dafür gesorgt, dass die Hälfte davon nicht mehr existierte. Aber einer dieser Leichenfresser reichte auch. Besonders dann, wenn er raffiniert war. Da konnte er uns schon zum Narren halten.
Die Gegend außerhalb des Ortes kam mir plötzlich nicht mehr so ruhig und ländlich vor. Ich musste an den Ghoul denken, und da schien sich ein Schatten über das Land gelegt zu haben.
Dämonen waren für mich Hassobjekte. Aber die Ghouls, die Leichenfresser, gehörten zu denen, die auf meiner Liste weit oben standen. Sie waren einfach nur widerlich, abstoßend und grausam. Ich konnte sie nur hassen.
Harry Stahl hatte an meiner Haltung bemerkt, dass ich in Gedanken versunken war. »Was ist, John?«
Ich winkte ab. »Nichts, ich habe nur nachgedacht. Über Ghouls, die man einfach nur hassen kann.«
Wir hatten eine Höhe erreicht und rollten über die Straße, die zu drei nebeneinander liegenden Seen führte. Das war etwas für Urlauber, aber nicht für uns.
Der Kollege Prantl hatte Harry eine gute Beschreibung gegeben. Wir mussten nach rechts abbiegen und dabei über einen schmaleren Weg fahren, an dessen Seiten noch einige schmutzige Schneereste lagen.
Das Haus lag vor uns. Zwar nicht wie auf dem Präsentierteller, wir sahen es im Gelände rechts und vor uns. Auch der Wagen unseres Kollegen war zu sehen. Er stand ein Stück vor dem Haus, das einen einsamen Hintergrund bildete.
Von unserer Straße aus gab es einen schmalen Weg, den wir nehmen mussten. Bis zum Haus fuhren wir nicht durch. Harry stoppte unseren Wagen neben dem Passat des Kollegen.
Zugleich stiegen wir aus.
Schon beim ersten Blick in das Gesicht des Mannes fiel uns auf, dass es Georg Prantl alles andere als gut ging. Seine Augen lagen tief in den Höhlen, die Haut war blass geworden, und er machte den Eindruck eines Mannes, der so einiges hinter sich hatte und auch davor stand, alles hinzuwerfen.
»Danke, dass ihr gekommen seid.«
Harry winkte ab. »Es war selbstverständlich. Sag nicht so etwas. Hast du den Ghoul wieder gesehen?«
»Nein.«
»Dann ist er geflohen?«
»Ich weiß es nicht.«
»Kann er noch im Haus sein?«
Nach dieser Frage senkte Georg Prantl den Blick. Er hielt die Lippen aufeinandergepresst und holte durch die Nase Luft.
»Was hast du?«, fragte Harry.
»Im Haus liegt mein Vater, im Flur, um genau zu sein.« Prantl sprach stockend weiter. »Ich habe ihn gesehen, und ich habe auch den Ghoul gesehen, der sich einen blutigen Klumpen zwischen die Zähne gesteckt hatte.«
»Schon gut«, sagte Harry. »Wir verstehen dich und werden allein ins Haus gehen.«
»Danke.«
Ich hatte mich nicht eingemischt und nur zugehört. Harrys Meinung schloss ich mich an.
Aber ich wollte auch wissen, ob nicht doch noch eine Spur des Ghouls zu finden war.
»John, das weiß ich nicht. Er ist verschwunden. Einfach so. Plötzlich war er nicht mehr da.«
»Wo könnte er sein?«
»Im Haus. Dort liegt mein Vater.« Die nächsten Worte flüsterte er nur. »Ich kann es nicht sehen. Ich will es auch nicht richtig glauben, weil es einfach zu schlimm ist …«
»Okay, Georg, das machen Harry und ich schon.«
»Dann bleibe ich vor dem Haus.«
»Das ist okay.«
Harry und ich betraten es. Der Kollege Prantl hatte uns von einem Mittelgang erzählt, und den betraten wir jetzt. Er teilte das Haus in zwei Hälften, doch das war
Weitere Kostenlose Bücher