1719 - Totenmarsch
was wir uns einstellen mussten. Ich glaubte nicht daran, dass es hier in der unterirdischen Leichenhalle zu einem endgültigen Kampf zwischen uns kommen würde. Er hatte etwas anderes vor, und er war jemand, der uns gern vorführte und uns so seine Macht zeigte.
Wie lange wir bereits in sein Gesicht geschaut hatten, wussten wir nicht. Wichtig waren die Augen, die zwar eine menschliche Form hatten, aber mit einem Licht erfüllt waren, das an ein kaltes Blau erinnerte. Und dieses Blau war die Farbe des absolut Bösen und wurde von Luzifer bevorzugt.
Ich hatte es leider einige Male zu spüren bekommen und damals beinahe mit meinem Leben abgeschlossen, denn er hatte es sogar geschafft, sich gegen die Macht meines Kreuzes zu stemmen und ihm die Energie zu nehmen. Da war es mir sehr schlecht ergangen, und ich fürchtete mich auch tief in meinem Innern davor, dass mir das gleiche Schicksal drohte wie Father Gregor.
Danach sah es nicht aus, denn im Gesicht des ehemaligen Geistlichen bewegte sich etwas. Wir lasen es an seinen Lippen ab, die zunächst an den Rändern zuckten, sich dann in die Breite zogen und zu einem kalten Lächeln versteinerten.
Ein Schauer erwischte mich, zudem wurde es mir in der Kehle eng. Dieses Wesen brauchte nicht viel zu unternehmen, um mich auf die Palme zu bringen. Mit diesem Lächeln bewies es seine Überheblichkeit, und das ärgerte mich.
Suko bemerkte dies, weil ich auch heftiger atmete, und meinte nur: »Bleib cool, der will etwas von uns.«
»Ja, uns vernichten.«
»Nicht hier und in diesem Augenblick.«
Da mochte Suko richtig liegen. Aber bei Matthias’ Anblick dachte ich nicht mehr normal und immer nur in eine Richtung, was natürlich nicht gut war, aber ich war eben keine Maschine.
Matthias sprach von selbst. Er brauchte unsere Aufforderung nicht.
»Ich wusste, dass wir uns wiedersehen würden. Die Fährte war auch zu deutlich. So etwas muss euch auffallen. Ich habe mich nicht geirrt und freue mich, euch zu sehen.«
»Ich rede!«, flüsterte ich Suko zu.
»Okay.«
»Ja, es war die Spur zu dir, Matthias. Aber uns interessiert das Warum. Warum musste dieser alte Mann hier sterben? Was hat er dir getan? Er ist doch kein Gegner für dich. Auf so etwas lässt du dich doch sonst nicht ein. Warum also?«
»Er war zu neugierig.«
»Was hätte er denn entdecken können?«
Ein scharfes Lachen fuhr uns entgegen. »Ja, ich habe mir denken können, dass du so etwas sagst, John Sinclair. Aber ich werde dir keine Antwort geben.«
»Und warum nicht?«
»Ganz einfach. Das musst du selbst herausfinden. Du bist ja schon auf dem Weg.«
»Meinst du Quimlin?«
»Das wirst du noch sehen.« Er lachte wieder und dabei bewegte sich sein Gesicht. Für einen Moment sah es aus, als wollte es sich auflösen, aber das trat nicht ein. Es blieb, es sah nur leicht verschwommen aus und bildete jetzt einen Hintergrund, weil etwas nach vorn getreten war, das bei mir einen starken Druck im Magen auslöste.
Matthias hielt ein Kreuz in der Hand. Aber er hielt es umgekehrt und es schimmerte nicht mehr hell, sondern dunkel, als sollte es das Böse demonstrieren.
Dann lachte er wieder, und plötzlich glühte seine Hand auf, und dieses Glühen pflanzte sich fort, bis es das Kreuz erreichte, das vor unseren Augen zerschmolz und die Tropfen nach unten fielen, die den Boden erreichten und zerplatzten.
Matthias gab dabei keinen Kommentar ab. Er ließ uns nur zuschauen und hatte seinen Spaß.
Wir konnten nichts tun. Wir durften auf keinen Fall die Nerven verlieren, auch wenn in mir immer wieder der Wunsch aufstieg, meine Beretta zu ziehen und auf das widerliche Gesicht zu schießen. Es wäre nur eine Munitionsverschwendung gewesen und hätte meinen Gegner amüsiert. Also ließ ich es bleiben.
Das Kreuz war verdampft. Wieder einmal hatte Matthias gezeigt, wozu er fähig war, und jetzt musste er uns noch eine Botschaft mit auf den Weg geben.
»Ich erwarte euch, bis bald …« Es folgte ein Lachen, dann war das Gesicht verschwunden, und wir starrten in die leere Kammer.
***
Es verging schon etwas Zeit, bevor wir uns wieder gesammelt hatten und miteinander reden konnten. Suko war derjenige, der damit anfing.
»Er hat es gewusst, John. Ja, ich bin davon überzeugt, dass er es gewusst hat. Da kannst du sagen, was du willst. Er hat alles auf seine Art und Weise vorbereitet, und es kommt mir vor, als hätte er uns hergelockt.«
»Kein Widerspruch. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter. Er will ja, dass wir nach
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