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1719 - Totenmarsch

1719 - Totenmarsch

Titel: 1719 - Totenmarsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Illustrierten bis hin zu einem Provinzblatt.
    Und er mied die großen Städte, denn seiner Meinung nach passierte auch auf dem Land etwas, und da hatte er nicht mal unrecht. Zudem war er mit einer Schnüffelnase ausgestattet, irgendwo und irgendwie fand er immer etwas, über das es sich zu berichten lohnte.
    Natürlich waren die wenigsten Vorgänge Highlights. Hin und wieder jedoch reichte ihm das Glück die Hand, und das war eben in Quimlin der Fall gewesen.
    Es hatte einen Toten gegeben. Einen ehemaligen Geistlichen. Der Mann war umgebracht worden. Egal, was passierte, Mord an einem Diener der Kirche interessierte viele Menschen. Da mochten sich lang aufgestaute Gefühle freie Bahn verschafft haben, aber dann gab es noch den Zuckerguss für die Torte, und der hatte Tom Dury misstrauisch werden lassen.
    Man hatte den Toten vor der Öffentlichkeit versteckt und so rasch wie möglich weggeschafft. Aus Cork waren Beamte gekommen und mehr als verschlossen gewesen.
    Genau das hatte Tom Dury noch misstrauischer werden lassen. Jetzt wollte er den Ort erst recht nicht verlassen und war bei einer Witwe, die in ihrem Haus zwei Zimmer vermietete, untergekommen. Das sollte sein Ausgangspunkt sein, und er war überzeugt, dass er noch etwas herausfinden würde.
    Drei Tage hatte er sich gegeben, zwei waren bereits vorbei, ohne dass er die Basis für eine spannende Geschichte hatte finden können. Nun war er ein Mensch, der so leicht nicht aufgab, und er hatte seinen Aufenthalt verlängert.
    Das war sein Glück gewesen, denn in der Nacht hatte er Musik gehört, die keine normale war. Man konnte es eher Krach mit Musikinstrumenten nennen. Er war sogar mitten in der Nacht aufgestanden und hatte nachgeschaut, aber keine Menschen entdeckt, die musizierend durch den Ort gezogen wären. Als er sich hatte auf die Suche machen wollen, waren die Klänge verstummt.
    So etwas vergaß er nicht. Das war nicht normal. Dafür musste es einen Grund geben. In den Nächten zuvor hatte er ruhig schlafen können, doch in der letzten …
    Ich bin nicht der Einzige, der die Klänge gehört haben muss. Davon ging er aus, und als er Stunden später am Frühstückstisch saß, bat er seine Wirtin, sich zu ihm zu setzen.
    Helen Lannigan war eine Frau mit grauen Haaren, die sie streng nach hinten gekämmt hatte. Sie war sehr gottesfürchtig. Hinter den Gläsern der Brille sahen ihre Augen aus wie Haselnüsse. Zumindest was die Farbe anging.
    »Aber ich habe zu tun, Mister Dury.«
    »Kommen Sie. Es dauert ja nicht lange.«
    »Gut, wie Sie meinen.«
    Tom Dury war das glatte Gegenteil der gestrengen Helen Lannigan. Locker, lässig und cool. So sah er sich und so wirkte er auch. Halblang wuchs das Haar, fiel bis über beide Ohren und umrahmte ein Gesicht mit recht weichen Zügen und zahlreichen Lachfältchen nahe seiner Augen. Tom Dury war vielen Menschen sympathisch, und auch die ältere Helen Lannigan konnte sich seinem Charme kaum entziehen.
    Beide saßen im Esszimmer der Frau und konnten durch ein großes Fenster in den Garten schauen, wo der Frühling darauf wartete, sich endlich entfalten zu können. Einige Vorboten wie Krokusse und Osterglocken hatte er bereits geschickt.
    Tom Dury traf mit seiner Frage direkt ins Zentrum. »Wie ist denn Ihre Nacht gewesen, Mrs Lannigan?«
    Die Frau schnappte nach Luft und bekam einen roten Kopf. »Aber was – was erlauben Sie sich, Mister Dury? Ich muss schon bitten, denn mich so etwas zu fragen, ist schon eine leichte Unverschämtheit.«
    »Ja, ja, ja …«, rief Tom und wedelte mit beiden Armen. Er wusste, dass er einen Fehler gemacht hatte, den er jetzt ausbügeln musste. »So meine ich das auch nicht.«
    »Aha!« Helen schaute streng. »Und was sollte Ihre Frage nach der Nacht dann bedeuten?«
    »Ganz einfach. Ich wollte nur wissen, ob Sie auch die seltsame Musik gehört haben. Das ist alles.«
    Dem Reporter kam es vor, als hätte er gegen eine Mauer gesprochen, denn er erhielt keine Antwort.
    »Haben Sie vielleicht in der Nacht geträumt?«
    »Ich kann mich nicht erinnern, Mister Dury. Und ich wüsste auch nicht, was Sie das angeht.«
    Sie bockt!, dachte Tom. Sie mauert. Sie weiß etwas und hat Furcht davor, darüber zu sprechen. Er war erfahren genug, um das erkennen zu können.
    »Ich meine ja nur.« Er hob die Schultern. »Ich jedenfalls habe nicht gut geschlafen.«
    »Das tut mir leid.«
    Er winkte ab. »Ach, das braucht es gar nicht, ich wollte Ihnen nur sagen, dass ich durch ungewöhnliche Geräusche oder

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