172 - Der Spinnenfürst
Tisches. »Die sind für Sie, und einen 50er lasse ich springen, wenn ich mit Ihrer Hilfe mit dem Knaben zusammenkomme.«
***
Etwas Unbegreifliches ging mit Timothy Montell vor. Sein Sarg war wieder geschlossen, aber die Strahlen, die den Deckel durchdrangen, hatten ihm das restliche Kraftpotential zugeführt, das er noch brauchte, um sich wieder frei, außerhalb dieses Hauses, bewegen zu können.
Jedenfalls fühlte er so; daß Courtney Yates es besser wußte, ließ er nicht gelten, und er entscheid, daß das Warten für ihn vorbei war.
Er ballte die Hände zu Fäusten und stieß sie vor. Kraftvoll rammte er den Sarg auf und verließ ihn. Das Dämonenbild zog ihn magisch an.
Er trat vor das lebensechte Höllengemälde und hob die Hand in der gleichen Weise. Das Bild schien mit einenmal zum Spiegel zu werden.
Montell sah die Horrorhand zweimal: Einmal war es seine eigene, und einmal war es die gemalte Hand. Sie glichen einander bis aufs letzte Spinnenbein.
Gab es jetzt noch einen Zweifel, daß Montell bis in die Haarspitzen mit schwarzer Kraft vollgepumpt war? Er sah keinen Grund mehr, länger in Yates' Keller zu bleiben, die Zeit war gekommen, Yates' Haus zu verlassen.
Er drehte sich langsam um und betrachtete die drei Särge.
Aus dem mittleren drangen schaurige Laute. In der Totenkiste rechts davon herrschte noch Stille.
Montells Wissen hatte sich erweitert. Er wußte plötzlich von Dingen, von denen er bis zu seinem Tod keine Ahnung hatte.
Ihm waren die Namen der beiden anderen Toten bekannt, und etwas verriet ihm, daß sich Allan Richardson auf dem Weg befand. Aber er merkte auch, daß die schwarzen Kräfte auch bei Leon Hogg schon gegriffen hatten.
Zu warten, bis die anderen soweit waren, kam für Timothy Montell nicht in Frage. Wenn die Vorbereitung für ihre Rückkehr abgeschlossen war, würden sie ihren eigenen Weg gehen.
Es gab keine gemeinsame Ziele für sie. Sie hatten nur eines gemeinsam: die Quelle ihrer neuen Kraft, ihres zweiten Lebens.
Montell begab sich zur Kellertreppe. Für die Beerdigung hatten sie ihm seinen besten und teuersten Anzug angezogen, er sah darin sehr gut aus – keinesfalls wie einer, der aus dem Reich der Toten zurückgekehrt war.
Spinnenbeine und Teufelsfratze waren verschwunden, Montells Hand sah wieder normal aus, aber sie war eine gefährliche schwarze Waffe.
Er stieg die Stufen hinauf und war entschlossen, sich von Yates nicht aufhalten zu lassen. Für ihn war Yates kein Herr, dem er sich unterzuordnen hatte.
Langsam öffnete sich die Kellertür. Es gab für ihn keine Gefühle mehr und keinen Schmerz. Wer ihn noch einmal töten wollte, brauchte nun weißmagische Waffen, aber wer besaß die schon?
Wohin er auch kam, würden Angst und Schrecken um sich greifen, und der faulige Hauch des Todes würde ihn umwehen.
Er trat durch die Tür und stellte fest, daß Courtney Yates nicht anwesend war. Das ersparte ihm eine Kraftprobe, er brauchte sich Yates gegenüber nicht erst zu behaupten.
Er verließ das Haus und ging fort, ohne sich umzudrehen.
***
Ich hätte nicht gedacht, daß Dennis Ryan mich so prompt bedienen würde. Bereits drei Stunden nach unserem Gespräch rief er an und teilte mir mit, daß der Mann, mit dem ich zusammentreffen wollte, dagewesen sei.
»Er scheint mit Cooper und Roper fertig zu sein«, berichtete Ryan. »Ich hatte den Eindruck, daß er auf der Suche nach neuen Leuten war, und sprach ihn einfach mal an. Er zeigte sich interessiert, aber für einen Mann allein hat er keinen Job zu vergeben, es müssen zwei sein, und da dachte ich an Sie. Ich sagte, ich würde jemanden mitbringen. Wahrscheinlich hätte ich das nicht tun sollen. Irgendwie fühle ich, daß mir das eine Menge Schwierigkeiten einbringen wird, aber Sie sind mir sympathisch, Tony, deshalb gehe ich das Risiko ein. Ich hoffe, Sie sind noch daran interessiert, den Mann zu treffen.«
»Mehr denn je«, antwortete ich.
»Wenn Sie mich fragen: Der Bursche ist nicht bloß nicht astrein, ich halte ihn sogar für gefährlich. Wollen wir es trotzdem wagen, Tony?«
»Unbedingt.«
Ryan seufzte. »Na schön. Ich denke, ich frage Sie lieber nicht, warum Sie ihn treffen wollen. Sie würden mir ja doch nicht die Wahrheit sagen, oder irre ich mich?«
»Sie könnten recht haben, Dennis«, gab ich zu. »Wann sind wir mit dem Mann verabredet?«
»Um 19 Uhr.«
»Und wo?«
»Ich schlage vor, Sie holen mich um 18.30 Uhr von hier ab, und wir fahren gemeinsam zum Treffpunkt.«
Ich lachte.
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