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172 - Der Spinnenfürst

172 - Der Spinnenfürst

Titel: 172 - Der Spinnenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
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gewesen, wenn ich Dennis Ryan im Pub angetroffen hätte, aber ich glaubte nicht, daß er so hartgesotten war.
    Ihm traute ich es eher zu, daß er sich zu Hause verkroch.
    Noch einmal wühlte ich mich durch den dichten Rauch und stellte fest, daß mein »Freund« nicht da war.
    Ich hielt mich an den dicken Wirt. Er kannte bestimmt die Adressen seiner Stammgäste.
    Ich bat ihn dorthin, wo es zur Toilette ging. »Wo wohnt Dennis Ryan?«
    »Keine Ahnung.«
    Ich nickte. »Sie würden einem Fremden wohl nicht einmal verraten, wie spät es ist.«
    »Sehr richtig, und wissen Sie, warum nicht? Weil ich in Frieden leben möchte.«
    »Können Sie haben«, sagte ich. »Geben Sie mir Ryans Anschrift, und schon sind Sie mich los.«
    »Das bin ich sowieso, weil Sie von mir nämlich Lokalverbot kriegen.«
    »Was gefällt Ihnen nicht an mir?«
    »Ihre verdammte Neugier!« antwortete der Dicke barsch und wollte mich stehenlassen, aber ich hielt ihn am Arm fest.
    Er starrte mich böse an. »Loslassen!«
    Ich entschloß mich, ihn einzuschüchtern, indem ich ihm reinen Wein einschenkte. »Ehe Sie ein paar starke Gäste zu Hilfe rufen, mache ich Sie darauf aufmerksam, daß ich bewaffnet bin. Ich bin Privatdetektiv und kann Ihnen eine Menge Unannehmlichkeiten verschaffen. Dennis Ryan hat versucht, mich umzubringen. Wenn Sie nicht wollen, daß meine eifrige Phantasie Ihnen eine Komplizenschaft andichtet, sollten Sie jetzt schleunigst reden.«
    Der Dicke wog blitzschnell Für und Wider gegeneinander ab. Ich konnte sehen, wie er hektisch hin und her überlegte, und dann entschied er sich für das kleinere Übel: Er nannte mir Ryans Adresse.
    »Sie sind ein Schatz«, sagte ich grinsend.
    »Sie haben's nicht von mir«, krächzte der Wirt.
    »Natürlich nicht. Ich bin von alleine draufgekommen.«
    ***
    Ryan wohnte nicht gerade in der vornehmsten Gegend von London, dort hätte er auch gar nicht hingepaßt. Er gehörte dorthin, wo die Abfallhaufen hoch und der Gestank groß war.
    Ich betrat das schmalbrüstige Haus, dessen Verputz an vielen Stellen in Auflösung begriffen war, und erreichte über eine Treppe mit wackeligen Stufen den ersten Stock.
    Hinter der Tür, an der Ryans Name stand, rumorte es. Der Kamerad war zu Hause – welche Freude. Ich wollte, daß der Funke meiner Freude auch auf ihn übersprang, und klopfte.
    Unvorsichtigerweise fragte Dennis Ryan nicht erst, wer draußen war, sondern öffnete gleich die Tür. Er war zu vertrauensselig, dabei hätte gerade er wissen müssen, mit welch schlimmen Überraschungen das Leben manchmal aufwartete.
    Als er mich sah, riß er die Augen auf und rammte die Tür wieder zu – aber nicht ganz, denn ich stellte blitzartig meinen Fuß vor. Dann wuchtete ich mich mit ganzer Kraft gegen die Tür, und sie knallte an Ryans Schädel.
    Er stöhnte auf und taumelte zurück. Ich folgte ihm und fand mich in einer kleinen Wohnküche mit alten, zerkratzten Möbeln wieder.
    Ryan packte den Griff einer Pfanne, in der heiß gewordenes Fett rauchte, und riß sie vom Gasherd. Die Pfanne schwang mir entgegen, und ihr Inhalt kam geflogen.
    Ich sprang geduckt zur Seite, und das heiße Fett klatschte gegen die Tür. Mit einem Fußtritt entwaffnete ich Ryan, die Pfanne polterte auf den Boden, und Ryan griff mich mit einem Stuhl an, den er an meiner Schulter zertrümmerte.
    Mein Schmerz verhalf ihm zu ein paar Sekunden, die er nützte, um ins Wohnzimmer zu fliehen. Atemlos öffnete er das Fenster und stieg hinaus. Ich nahm an, er würde auf die Straße springen, doch sein Ziel war vorerst eine schmale Ziegelmauer, über deren Krone er vom Haus wegbalancierte.
    Mir blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Die Mauer endete an der Seitenfront eines Hauses, das sich in noch miserablerem Zustand befand als das, in dem Ryan wohnte.
    Deshalb wurde das andere Haus auch nicht mehr bewohnt.
    Ryan verschwand durch ein kaputtes Fenster, und als ich mich kurz darauf ebenfalls in dem abbruchreifen Gebäude befand, hörte ich nur den Wind, der gespenstisch durch Fugen und Ritzen pfiff.
    Ryan verhielt sich still.
    Um das Haus zu verlassen, war sein Vorsprung nicht groß genug gewesen. Er hatte sich hier irgendwo versteckt, und ich mußte ihn suchen und finden. Das waren die Spielregeln.
    Ich lauschte angestrengt in die Stille. Ryan verriet sich mit keinem Geräusch, aber ich konnte ihn förmlich spüren.
    Viel Zeit, sich zu verstecken, hatte er nicht gehabt. Ich vermutete ihn hinter einer Tür, die nicht ganz an der Wand lehnte.

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