1720 - Die Nacht der Voodoo-Queen
Enttäuschung in mir, die mich zwar nicht umhaute, aber viel fehlte wirklich nicht.
»Nein, nein!«, flüsterte Mandy Hill neben mir. »Das ist nicht möglich. Sie hat vorhin doch ganz anders gesprochen, das kann ich einfach nicht glauben.«
»Anscheinend schon.«
»Dann sind wir verloren.«
Darauf gab ich ihr keine Antwort. Ich für meinen Teil gab so leicht nicht auf, obwohl ich mich mit der Aktivierung des Kreuzes zurückhielt. Dazu riet mir eine innere Stimme.
Matthias hatte sich bewusst zurückgehalten. Vielleicht wollte er auch unsere Reaktion abwarten. Da von uns nichts kam, war er gezwungen, sich zu äußern.
Er wandte sich der Voodoo-Queen zu. »Habe ich mich verhört?«
»Hast du nicht.«
»Sehr schön und warum deine Kehrtwendung?«
»Weil ich eingesehen habe, dass deine Seite die Stärkere ist. Wer kann schon gegen die Hölle ankommen? Ich nicht. Und ich werde auch keinen Versuch starten.«
Er deutete beinahe eine spöttische Verbeugung an. »Ja, so ist es in meinem Sinn. Ich spüre, dass wir auf einer gewissen Ebene gleich sind. Auch du hast mit der Welt der Geister zu tun, und ich weiß genau, dass es sie gibt, denn mir bleibt nichts verborgen.«
»Dann habe ich wohl richtig gehandelt.«
»Hast du.«
»Und wie sieht dein Plan aus? Bisher weiß ich von nichts. Du hast nichts bekannt gegeben.«
»Das ist auch nicht nötig gewesen. Sinclair und Suko wissen sowieso, was ihnen blüht.«
Nach diesen Worten nickte er Marietta zu und ließ sie stehen, weil er sich uns nähern wollte, was er auch tat.
Für Suko und mich wurde es Zeit, dass wir uns auf Gegenwehr einstellten.
»Alles okay, John?«, fragte mein Freund.
»Ja.«
Die Spannung verdichtete sich. Auch jetzt wollte ich die Formel rufen, und abermals hielt ich mich zurück, denn es war mir gelungen, an Matthias vorbeizuschauen und einen Blick auf die Voodoo-Queen zu erhaschen, die zwar auf der Stelle stehen blieb, sich aber bewegte oder zumindest ihren rechten Arm, und das tat sie bestimmt nicht aus Spaß.
Matthias bemerkte nichts davon. Und so sah er auch nicht, dass sie aus ihrer Kleidung einen Gegenstand hervorholte, etwas in ihn hineinsteckte und den Gegenstand zu ihrem Mund führte.
Eine Sekunde später hörten wir ein leicht puffend klingendes Geräusch. Etwas wischte blitzend durch die Luft, und da ich sehr genau hinschaute, fiel mir dieses Ding auf.
Es fand sein Ziel.
Wuchtig bohrte es sich in Matthias’ Nacken und blieb dort stecken.
In diesem Moment erst war mir klar geworden, dass es sich um einen Pfeil handelte, der Matthias dazu zwang, stehen zu bleiben …
***
Plötzlich dehnten sich die Sekunden in die Länge. Alles hatte sich verändert. Die kleine Welt hier verschwamm zwar nicht vor meinen Augen, aber ich hörte die leise Stimme der Voodoo-Queen, die einfach etwas erklären musste.
»An der Spitze des Pfeils befindet sich ein starkes Gift, das Menschen lähmt.«
Nach dieser Aussage hätte ich gern einen Freudensprung gemacht, doch ich hielt mich zurück, denn noch war nichts gewonnen.
Mein Blick fiel auf das Gesicht der Gestalt. Ich hatte es immer nur mit dem Ausdruck des Triumphs erlebt, in diesem Fall änderte sich dies, denn plötzlich sah es anders aus.
Es nahm eine gewisse Starre an. Zudem breitete sich Unglauben aus. Er schien so etwas noch nie erlebt zu haben, und in mir stieg die Hoffnung, als ich seine lahme Handbewegung sah, mit der er versuchte, an seinen Nacken zu greifen, es aber nicht schaffte, denn auf dem halben Weg fiel der Arm wieder zurück.
Es war der Anfang von einem für mich erstaunlichen Ende. Denn jetzt sackte Matthias zusammen. Als hätte er einen Schlag auf den Kopf bekommen, trieb ihn eine andere Gewalt in die Knie, und es kam dann, wie es kommen musste.
Er fiel nach vorn.
Auf dem Bauch blieb er liegen und rührte sich nicht mehr …
***
Ich konnte und wollte es kaum glauben. Damit hatte ich nicht gerechnet. Dieser Matthias lag wehrlos vor meinen Füßen. Nicht im Traum hätte ich daran gedacht, so etwas zu erleben.
Ich war sprach- und auch regungslos. Und noch immer spielte sich die Szene wie zeitverzögert vor meinem geistigen Auge ab. Ich sah, dass Suko den Kopf schüttelte, was auch ich gern getan hätte.
Mandy Hill stand auf dem Fleck und war zur berühmten Salzsäule geworden. Und ich schaute über die Gestalt hinweg auf Marietta, die ihr Blasrohr noch immer festhielt, die Hand aber gesenkt hatte. Auf ihren Lippen zeichnete sich ein schwaches Lächeln ab.
»Du –
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