1720 - Die Nacht der Voodoo-Queen
du – hast es getan!«, murmelte ich.
»Das musste sein.«
»Aber warum? Du hast doch – ich meine, du hast gesagt, dass du auf seiner Seite stehst.« Ich war so durcheinander, dass ich sogar anfing zu stottern.
»Das war eine Lüge. Ich wollte ihn nur in Sicherheit wiegen. Nicht mehr und nicht weniger …«
Klar, das hätte ich mir auch denken können, aber im Moment war ich durcheinander.
Suko stellte die nächste Frage. »Ist er tot? Oder besser gesagt, ist er vernichtet?«
»Nein, nicht tot. Das glaube ich nicht. Da hätte ich ein stärkeres Gift einsetzen müssen. Aber er ist gelähmt, und damit ist uns schon viel geholfen.«
Gelähmt also!
Fassen konnte ich es nicht. Ich kannte ihn ja. Ich wusste, welche Probleme er uns bereitet hatte. Wie gefährlich und unbesiegbar er war. Und jetzt so etwas.
Da erschien eine starke Frau, schoss ihn mit einem präparierten Pfeil an, und schon kippte er um wie ein normaler Mensch. Das war schon ein Hammer und brachte mich leicht durcheinander.
Mit einer Geste der Verlegenheit wischte ich über meine Stirn und wollte auf Matthias zugehen. Ich war zu langsam. Suko hatte den gleichen Gedanken gehabt. Er war schon dicht bei ihm und blieb dabei sehr wachsam. Auch die beiden Frauen beobachteten ihn, hielten ihn allerdings nicht zurück.
Suko umging die Gestalt, blieb in Kopfhöhe stehen, bückte sich, um besser sehen zu können, und es dauerte nicht lange, da richtete er sich wieder auf und nickte.
Jetzt hielt auch mich nichts mehr. Ich näherte mich Suko, der mein Gesicht sah und auch den fragenden Ausdruck darin erkannte.
»Wir haben Glück gehabt, John. Das Gift hat ihn umgehauen.«
So richtig glauben konnte ich es trotzdem nicht. Ich wollte mich überzeugen und holte meine kleine Leuchte hervor. Danach strahlte ich das Gesicht des Liegenden an.
Es sah aus wie immer und trotzdem anders. Man konnte von einem steinernen Ausdruck ausgehen. Der Vergleich wie gemeißelt hätte auch gepasst. Mein besonderes Augenmerk galt dem Augenpaar, das nicht geschlossen war, sodass ich hineinschauen konnte und über die Farbe nachdachte, die noch vorhanden war, aber jetzt recht blass war.
Was war mit ihm geschehen?
Diese Frage stellte sich auch Suko. Nur sprach er sie im Gegensatz zu mir aus.
»Keine Ahnung.« Ich war ehrlich. »Aber ich kann nicht glauben, dass er tot ist.«
»Das auf jeden Fall. Was ist er dann?«
Die Voodoo-Queen hatte unseren kurzen Dialog gehört und kam jetzt näher. Dabei nickte sie zu Matthias hinab und sagte: »Er ist nicht tot, also nicht vernichtet.«
»Was ist er dann?«
Marietta verzog die Lippen. »Ich würde sagen, das Gift hat ihn paralysiert.«
»Sehr gut«, lobte ich. »Wissen Sie auch, wie lange diese Paralyse anhält?«
Diesmal musste Marietta nachdenken. Und ihre Antwort konnte mich nicht befriedigen. Sie hob die Schultern und sagte mit leiser Stimme: »Es kann sein, dass er für Stunden abgetreten ist. Oder auch für Tage, was ich allerdings nicht glaube. Es kommt immer auf die Konstitution des Getroffenen an.«
»Das dachte ich mir«, murmelte ich und sprach den nächsten Satz etwas lauter. »Bei ihm müssen wir davon ausgehen, dass er eine sehr starke Konstitution besitzt.«
»Da kennt ihr ihn besser als ich.«
Tagelang würde Matthias nicht bewusstlos bleiben. Und auch nicht über Stunden hinweg. Da war ich mir sicher. Wir mussten davon ausgehen, dass er noch in dieser Nacht wieder erwachte. Und genau das wollten wir nicht.
Ich drehte mich zu Suko um und sagte: »Da gibt es wohl nur eine Möglichkeit für uns.«
»Sicher.«
»Ihr wollt ihn töten?«, fragte Marietta.
Ich ließ mir mit der Antwort etwas Zeit. »Das kann man so nicht sagen. Es ist kein normales Töten. Ich würde auch nicht von einem Mord sprechen, aber er ist eine Kreatur der Hölle. Er steht praktisch an Luzifers Seite. Zuvor war er ein junger Mönch, doch dann hat Luzifer ihn manipuliert und ihm eine Macht mit auf den Weg gegeben, die dafür sorgt, dass er auch andere Menschen manipulieren kann. Allerdings nicht unbedingt nur seelisch, sondern auch körperlich, indem er es schafft, die Glieder der Menschen zu verdrehen, einschließlich der Köpfe. Das ist der reine Wahnsinn. Das ist grauenhaft. Wenn wir ihn vernichten, dann haben wir Menschenleben gerettet, denn die Hölle hat ihn mit einer Aufgabe betraut, und aus der wäre er von allein nicht ausgestiegen.«
Marietta nickte. »Dann sehe ich auch keine andere Möglichkeit, um aus dieser Lage
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