1720 - Die Nacht der Voodoo-Queen
herauszukommen.« Ihr Mund wurde für eine kurze Zeit zu einem Strich. »Das Böse muss vernichtet werden. Es darf die Menschen nicht manipulieren.«
Da stimmte ich ihr zu. »Aber was ist mit dir?«, hakte ich nach. »Du bist auch keine Frau im normalen Sinne. Du bist eine Person, die sich dem Voodoo verschrieben hat, und diese Kraft wie deren Rituale sind suspekt.«
»Das weiß ich«, sagte sie und für einen Moment wurde der Ausdruck ihrer Augen hart. »Aber es kommt immer auf den Menschen an, der es praktiziert. Ich habe mich dazu entschlossen, den Leuten zu helfen. Sie kommen zu mir, wenn sie Probleme haben, bei deren Lösung ich ihnen helfen soll. Ich setze dann meine verschiedenen Zauber ein. Etwa um einen Liebhaber oder Geschäftspartner günstig zu beeinflussen. Oder auch zur Abwehr eines Feindes. Manche kommen auch zu mir, um Arbeit zu finden oder Geschäfte voranzutreiben. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, weshalb mich Menschen um Hilfe bitten.«
»Das habe ich verstanden.«
»Und wie stehst du dazu?«
Ich hob die Schultern kurz an. »Etwas ambivalent. Ich habe zumeist die negative Seite des Zaubers erlebt und musste mich damit auseinandersetzen.«
»Meinst du damit die Zombies?«
»Auch sie. Aber nicht durch eine Voodoo-Beschwörung. Unser Kampf gilt allgemein den bösen magischen Kräften, und vor uns liegt jemand, der sie besitzt.«
»Das habe ich gespürt und auch gesehen. Aber wir sind noch zu keinem Entschluss gekommen.«
»Doch«, widersprach ich. »Wir dürfen uns die einmalige Chance nicht entgehen lassen.«
»Willst du ihn erschießen?«
»Bestimmt nicht. Es ist durchaus möglich, dass er kugelfest ist oder Kugeln ihm nichts anhaben können.«
Marietta nickte langsam. »Ja, das glaube ich dir. Ich habe ihn gesehen und auch seinen negativen Einfluss gespürt.«
Jetzt mischte Suko sich ein und fragte: »Soll ich die Peitsche nehmen? Oder willst du bei deinem Kreuz bleiben?«
»Das ist mir wichtiger.«
Damit hatte ich so etwas wie ein Stichwort gegeben, denn jetzt trat Marietta noch näher an mich heran. Ihr Blick war dabei auf das Kreuz fixiert, und ich sah ihr leichtes Kopfschütteln.
Sie sagte mit leiser Stimme: »Ich habe es gesehen. Ich habe es auch bewundert und ich habe gespürt, dass von ihm etwas Besonderes ausgeht. Aber ich weiß nicht, was es ist. Ich kann es nicht einordnen. Es ist mir völlig neu …«
Vor und bei meiner Antwort lächelte ich. »Man kann sagen, dass es sich dabei um eine Waffe und um einen Schutz handelt. Es ist die Macht des Guten, die sich darin vereint. Die der Engel, der Erzengel. Und sie haben ihre Zeichen auf dem Kreuz hinterlassen.«
»Meinst du die Buchstaben?«
»Genau die.« Ich sprach die Namen aus. »Michael, Gabriel, Raphael und Uriel …«
Die Augen der Voodoo-Queen weiteten sich. Dann fragte sie: »War nicht Luzifer, von dem du ein paar Mal gesprochen hast, auch ein Engel?«
»Er war es.«
»Und er wollte sein wie Gott.«
»Richtig, Marietta. Er wurde dafür in die Tiefen der Verdammnis gestürzt, und so entstand das Gebiet, was wir Menschen Hölle nennen. Oder auch die ewige Verdammnis.« Ich winkte ab. »Leider ist es nicht so geblieben wie zum Beginn. Die Mächte der Hölle haben es geschafft, sich auszuweiten. Sie haben sich ihre eigene Welt geschaffen und finden immer wieder Menschen und Mitstreiter, die ihnen dabei zur Seite stehen. So hat die Entwicklung letztendlich ausgesehen.«
»Ja, da liegen wir dicht beieinander«, bestätigte die Voodoo-Queen, die auch jetzt die leblose Gestalt nicht aus den Augen ließ. »Wie willst du ihn erledigen?«
»Ich werde die Kräfte des Kreuzes aktivieren müssen.«
»Die der Engel?«
»Die des Lichts«, korrigierte ich, »wobei ich die Engel dazuzähle.«
»Verstehe. Und sie greifen dann ein. Ich kann also Zeugin ihrer Macht werden.«
»Das denke ich.«
Sie trat einen Schritt zurück. »Dann werde ich dich jetzt nicht länger stören.«
So dachte auch Suko, der mir kurz auf die Schulter schlug, um dann abzuwarten, ob ich es wirklich schaffen würde, Matthias zur Hölle zu schicken.
Wohl war mir dabei nicht, und darüber wunderte ich mich. Nach allem, was wir mit dieser Gestalt erlebt hatten, hätte ich eigentlich voller Freude sein müssen. Das traf leider nicht zu, denn in mir hatte sich eine gewisse Unsicherheit ausgebreitet, und ich fragte mich, ob es wirklich so einfach war.
Das Kreuz hing noch vor meiner Brust. Ich hätte es wegnehmen können, was ich nicht tat, sondern
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