1720 - Kommandant der Abruse
halblaut. „Kohlenstoff-Verbindungen sind die Grundlage des meisten uns bekannten organischen Lebens."
„Seine zweiten hauptsächlichen Kristallverbindungen sind Silikate", sprach Myles Kantor weiter, „größtenteils unlösliche Salze. Ein Leben auf Silizium-Basis ist zwar denkbar, doch ist das bei der Zusammensetzung bei Cryzz nicht der Fall."
„Natürlich Silikat-Minerale sind beispielsweise die wichtigsten Bestandteile der Planetenkruste oder Steinmeteorite", ergänzte Alaska.
„Diese haben wir bei Cryzz gefunden."
„Daraus besteht also seine feste Skelettstruktur, sehe ich das richtig?"
fragte Gucky.
„Ganz recht. Allerdings fanden wir, was den Kohlenstoff betrifft, nur Karbonate, keine Fette, keine Kohlenhydrate, Eiweiße oder sonstige Kohlenstoff-Verbindungen, außer einem fast gegen Null tendierenden Promillesatz Kohlenwasserstoffs. Das ist das, was man als organisch bezeichnen kann. Wir sind in unseren Ansprüchen inzwischen schon sehr bescheiden geworden."
„Das ist alles?" fragte Mila.
Myles nickte. „Ja, leider. Deshalb können wir auch mit Bestimmtheit sagen, daß es kein umgewandelter oder versklavter Baraye oder eine andere Lebensform ist. Im Gegenteil, Cryzz befindet sich sozusagen auf der Vorstufe zum Leben."
„Ja, aber... wie kann er sich dann bewegen oder gar denken?" fragte Dao-Lin verständnislos.
Für einen Moment herrschte Stille in der Isolierzelle.
*
„Dazu kommen wir noch", beschwichtigte Myles. „Wie bereits dargestellt, haben wir auch chemische Elemente in der Skelettstruktur gefunden, dabei ganz gängige und vertraute wie Natrium, Magnesium, Aluminium und Eisen, aber auch Cer und Erbium. Es finden sich noch weitere Elemente, die im Kosmos sehr selten vorkommen, aber durchaus eine stabile Form aufweisen können."
„Und wahrscheinlich hochradioaktiv sind", vermutete die Kartanin.
„Eben nicht", widersprach Saedelaere. „Wir dachten auch daran, aber Cryzz ist in seiner Zusammensetzung wirklich völlig harmlos. Diese seltenen Elemente sind Lanthan-57, Praseodym-59, Promethium-61, Holmium-67, Thulium-69 und Lutetium-71."
„Sagt mir alles gar nichts", brummte Gucky.
„Nun, es ist faszinierend, daß sich ausgerechnet diese Elemente in Cryzz befinden", meinte der Wissenschaftler. „Es könnte bedeuten, daß er Teil von etwas viel... Größerem ist."
„So was wie ein Kind oder ein Ableger?" schlug Gucky vor.
„Ja. Auf welche Weise auch immer. Das erstaunliche dabei ist, daß diese Struktur eine so untypische Form aufweist."
„Du meinst, sie ist instabil?" fragte Nadja.
Alaska machte eine unbestimmte Handbewegung. „Auch auf die Gefahr hin, daß ich Myles Worte wiederhole: Ja und nein. Dazu kommen wir noch. Aber Kristalle bilden von Natur aus ausschließlich geometrische Figuren. Cryzz’ ungewöhnliches Äußeres läßt darauf schließen, daß dieses Strukturen von etwas ganz anderem zusammengehalten und geformt werden."
„Von was?" wollte die Versammlung gespannt wissen. Beide Männer hoben die Schultern.
„Wenn wir das wüßten, wären wir der Auflösung des Geheimnisses der Abruse schon ein ganzes Stück nähergerückt", antwortete Alaska.
„Könnte das etwas... mit dieser komischen Haut zu tun haben?" fragte Gucky aufgeregt.
Myles Kantor nickte. „Ganz sicher sogar. Aber wir haben keine Ahnung, wie."
„O Mann." Gucky hob die kurzen Arme und ging einige Schritte auf und ab. „Übersetzt bedeutet das: Wir wissen so viel wie vorher."
„So ungefähr", gab Alaska zu.
„Habt ihr überhaupt nichts über diesen Gleitfilm herausfinden können?"
erkundigte sich die Kartanin fassungslos.
„Das kann man nicht sagen", erwiderte Myles Kantor. „Wir wissen, daß es sich um Flüssigkristalle handelt. Es sind komplizierte Molekülstrukturen aus Verbindungen, die uns bisher völlig unbekannt waren. Wir haben nicht ein einziges bekanntes Salz oder Mineral gefunden, und wir sind kaum in der Lage, die Strukturformel zu knacken.
Wir haben mit den Instrumenten der CADRION alles versucht, haben uns sogar selbst hingesetzt und versucht, eine vergleichbare Molekülkette zu definieren, um wenigstens annähernd an die Zusammensetzung heranzukommen. Aber wie bei einer Geheimschrift: Ohne die dazugehörige Schablone oder den Code ist es ein absolutes Rätsel. Die Lösung ist möglicherweise ganz einfach, aber wir haben keinen Ansatz dazu, der uns auf die Sprünge helfen könnte.
Nach unseren bisherigen Erkenntnissen müßten diese Flüssigkristalle
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