172,3 (German Edition)
tut mir leid.«
»Sehr schade, denn es steht viel auf dem Spiel. Ich vermute, es wird deinen Wunsch – deine Wünsche – erfüllen wollen, um sich dann von dir, seinem Meister, zu befreien.«
»Was soll ich machen? Ich weiß es doch nicht.«
Sie sah ihn lange verständnislos an, nickte dann.
»Ist gut, Viktor. Jetzt glaube ich dir, auch wenn es mich wundert. Ich werde lesen müssen. Ich muss seine Herkunft bestimmen und du musst herausfinden, was eure Bindung ist, indem du versuchst, dich zu erinnern.«
Er nickte.
»Sei vorsichtig und achte auf alles Ungewöhnliche. Ruf mich sofort an, wenn etwas merkwürdig ist. Oder komm´ am besten direkt hierher.«
»In Ordnung.«
Beate erhob sich, Viktor folgte ihr. Sie drückte ihn am Oberarm.
»Du bist stark, Viktor. Du schaffst das.«
»Ja, wenn du meinst. Ich schaffe das.«
Er sehnte sich nach seinem Zuhause in die vermeintliche Sicherheit.
»Du kannst hier direkt durch den Hinterhof«, wies sie ihm im dichter werdenden Schneetreiben den Weg. Schwerfällig folgte er dem geschwungenen Kopfsteinpflasterpfad, drehte sich um und hob eine Hand zum Abschied.
»Danke«, sagte er.
Sie nickte lächelnd, kehrte um, schloss die Tür hinter sich und begann, das Chaos in ihrem ›Tempel‹ aufzuräumen. Die Fliege, die beharrlich auf dem Haupt des hölzernen Heilands saß, bemerkte sie dabei nicht.
*
Larissa war noch nicht zurück, ihr Wagen stand nicht im Carport. Kaum hatte Viktor die Tür aufgeschlossen, kam seine Tochter von oben angestürmt.
»Papa, da bist du ja endlich!«
Sie umarmte ihn. David folgte ihr zurückhaltend und schüchtern.
»Ja, es hat etwas länger gedauert, als ich gedacht hatte. Hat Mama sich schon gemeldet?«
Ohne seine Frage zu beantworten, betrachtete sie ihn verwundert.
»Was ist denn mit dir passiert? Und wie riechst du denn? Nach verbrannten Haaren?«
Er stöhnte auf. Bei aller Liebe, er hatte keine Lust, Daniela alles zu erklären.
»Ja, ich habe mir ein paar Haare angesengt. Ist aber alles gut, Große. Und? Macht ihr einen Film-Abend?«
Ihr Blick ließ erahnen, dass sie sich nicht so einfach abspeisen lassen wollte. Sein Ausweichmanöver gelang trotzdem, dank David, der hervortrat.
»Wir haben uns einen Film mit George Clooney ausgeliehen. Mist, ich weiß gerade gar nicht mehr den Titel, Herr Vogel. Aber es geht so um was Ernstes.«
Viktor sah David an, wartete auf den zündenden Einfall, den Titel des Films, aber David errötete nur.
»Ich weiß auch nicht, wie der heißt, Papa. Bleibst du denn jetzt hier?«, kam seine Tochter David zu Hilfe.
»Ja, ich bleibe jetzt hier. Ich werde nachher noch baden. Dani, dann müsst ihr auf´s Gäste-WC gehen, in Ordnung? Und seid … also, ich meine, passt auf, ja?«, sagte er und warf einen verschwörerischen Blick zu Daniela, die ihm als Antwort konspirativ zurückzwinkerte. Viktor wusste nicht, inwieweit David eingeweiht war.
*
Der Schnee und die gebrochenen Halme, der bis zu den Knien stehenden Gräser, knirschten unter ihren Schritten. Der Atem kondensierte im Lichtschein der Taschenlampen mit denen sie sich eine Schneise durch die urige Hochmoorlandschaft in der Dunkelheit bahnten. Kleinwüchsige, verwachsene Birken, Schlehenbüsche und struppige Weiden standen im regen Schneetreiben wie vereinzelte Wächter. Schmatzend waren sie schon mehrfach in tückische Morastlöcher eingesackt. Am Horizont sahen sie als Ziel die glimmernden Lichter der schützenden Siedlung.
»Ich weiß nicht, was das soll, Dennis? Was soll der Fettsack mit dem Unfall zu tun haben?«
Erneut plagten Alexander Zweifel. Er konnte sich kaum vorstellen, dass ihr Lehrer, Viktor Vogel, aus Rache einen Getränkeautomaten so manipulieren konnte, dass er ihrem Kumpel Sascha beide Unterarme zerfetzte und dann auch noch die fehlenden Fingerglieder mitnahm, wie Dennis behauptete. Schnell war Dennis bei ihm, packte ihn am Arm und zog ihn zu sich.
»Hör zu, du Spast! Wer sonst? Wie konnte so etwas sonst passieren? Und wo sind seine Finger, hä?«
Alexander schluckte. Im Schein der Taschenlampe, die von unten ihre Gesichter erleuchtete, sah Dennis’ Gesicht bösartig aus. Die Sache mit den Fingern beschäftige ihn sehr.
»Wieso glaubst du, dass die Finger wirklich weg sind?«
»Weil die Wichsbullen die Finger nicht finden. Drei Stück. Zwei ganze und einen halben.«, zischte Dennis.
»Und wenn die irgendwo in dem Automaten sind?«, fragte Alexander weiter.
Dennis stieß ihn kopfschüttelnd zurück.
»Du bist so bescheuert, das gibt es gar nicht. Was
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