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172,3 (German Edition)

172,3 (German Edition)

Titel: 172,3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincent Voss
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erschrak und hielt inne.
»Nein!«, flehte er sie an. »Drehen Sie sich jetzt bitte nicht um. Dann sehen Sie, was ich sehen muss.«
Ihre Nackenhärchen sträubten sich, sie atmete tief ein und laut aus.
»Ihre Medikamente, Herr Yilmaz, bitte!«, forderte sie ihn nachdrücklich auf und bedrängte ihn mit dem kleinen Plastikbecher, in dem sich verschiedene, bunte Tabletten befanden. Mit noch immer geweiteten Augen griff er danach. Aber umdrehen wollte Larissa sich nicht mehr.
*
Viktor ließ vor Schreck sein Handy fallen. Die Zähne! Das lippenlose Gebiss! Es sah aus, als würde der Leichnam grinsen. Schnell hob er sein Handy wieder auf und leuchtete, behutsam mit dem Lichtschein wandernd, Beates Stuhl und die darauf sitzende Leiche an. Sie sah von der Größe aus wie ein Kind, bis zur Unkenntlichkeit entstellt, dennoch ahnte Viktor mit pochendem Herzen, dass es Beate sein musste. Beate, die Grenzen übertreten hatte, welche man besser nicht übertrat.
Er schluckte und suchte nach dem Kabel und dem Schalter der kleinen Tischleuchte, die er nun erkennen konnte. Er fand den Schalter, zögerte, und knipste mit einiger Überwindung das Licht an. Viktor stockte der Atmen. Im dichten Qualm sah die verkohlte Leiche surrealistisch aus, wie ein Kommandant über ein apokalyptisches Diorama.
»Beate!«, keuchte er und wurde von Trauer und Furcht ergriffen.
DAS war nun wirklich der Beweis für eine Bedrohung, die von dem Wesen ausging. Ein Beweis seiner Existenz. Und es war KEIN Spiel mehr, in dessen Vorstellung darüber, dass es doch eines sein könnte, er sich manchmal geflüchtet hatte. Er, Viktor, hatte Kraft eines Wesens Sascha Krüger, Dennis Neumann, Alexander Sewastianov und einem Radfahrer, über den er sich aufgeregt hatte, den Tod gebracht. Und Beate.
Er sackte innerlich zusammen, rieb sich die Stirn und hätte sich gern gesetzt, aber allzu lange wollte er hier nicht verweilen. Fliegenkadaver. Auf dem Tisch, auf dem Stuhl, auf … Beate. Aus einer halb geöffneten Schublade des Tisches lugte etwas hervor. Vorsichtig zog Viktor sie weiter auf. Ein brauner Umschlag, auf dem sein Name stand. Mit zittrigen Fingern griff er danach, öffnete ihn und entnahm mehrere Blatt Papier. Das Oberste war handgeschrieben und richtete sich in seiner Ansprache direkt an ihn. Er beugte sich näher zum Lichtschein und las:
Lieber Viktor,
ich schreibe Dir diese Zeilen, weil ich nicht weiß, ob wir uns wiedersehen werden. So kann ich Dir zur Not alles mit der Post schicken, falls Du durch unser Treffen zu sehr abgeschreckt wurdest. Ich habe die letzten Stunden damit zugebracht, zu recherchieren und werde gleich noch einmal sehen, ob die „guten“ Geister mir Fragen beantworten wollen. Aber nun zum Thema.
Solange du nicht weißt, wann und wo Du einen „Pakt“ eingegangen bist, kann ich Dir nicht sagen, mit wem oder was wir es zu tun haben. Aber wie Du gesehen hast, wollte es für sein Erscheinen ein Blutopfer und es haben sich Fliegen manifestiert. Blutopfer wurden meistens in sehr alten Religionen gebraucht, es hat nichts damit zu tun, ob der Gott oder Geist böse an sich war. Erst mit der Christianisierung kamen echte Blutopfer aus der Mode, sie wurden nur noch symbolisch gebracht. Na ja, ich schweife ab. Was ich sagen will, ist folgendes: Einen genauen Ursprung kann ich Dir beim besten Willen nicht liefern, aber ich habe Hinweise, und diese sind besorgniserregend. In grauer Vorzeit wurden hier germanische Götter verehrt und germanische Dämonen oder Geister gefürchtet. Einer dieser Geister stand für schlechte Wünsche, für Neid und Missgunst. Über sein Aussehen habe ich nichts finden können, aber überall, wo er erschien, plagten Fliegen die Menschen. Fliegen fühlen sich von Gerüchen angezogen, die wir als unangenehm empfinden und so dachte man beispielsweise, dass Neid stinken würde. Fliegen setzten sich auf totes Fleisch, und so dachte man, dass dieser Geist den Toten befehlen konnte oder einen guten Kontakt zu ihnen hatte. Dieser germanische Dämon tauchte häufig bei unerfüllten Kinderwünschen auf. Entweder wurde er als Ursache dafür gesehen, weil jemand aus der Gemeinschaft einem anderen keine Kinder gönnte oder aber auffällige Kinder wurden als Manifestation des Dämons gesehen. Man ging davon aus, dass eine Frau, die kein Kind hätte kriegen dürfen und dann doch eines bekam, ein „faules“ Kind gebar. Mitunter wurden diese Kinder sogar getötet.
Nach der christlichen Mythologie ist Baal Zebub der Herr der Fliegen

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