1729 - Totenliebe
zu, ihn nicht zu kennen.
»Das glaube ich Ihnen gern, denn Eric Turner ist bereits seit vielen Jahrhunderten tot. Er war ein Ritter, der sich mit einer Nonne besonders gut verstanden hat. Ein wenig wie eine Nonne hat sich ja auch Elisa gefühlt.«
»Das ist doch Schwachsinn«, zischte die Blake. »Da verliebt sich jemand in einen Toten. So was glaubt dir kein Mensch.«
»Das müssen Sie auch nicht.«
»Ja, ich verstehe. Du willst deinen Kopf aus der Schlinge ziehen. Das ist nicht mehr drin. Ich habe beschlossen, dich zu töten und…«
Etwas störte sie, denn sie sprach den Satz nicht mehr zu Ende. Eine andere Stimme hatte sie abgelenkt, und es war die der im Bett liegenden Elisa.
Jetzt wiederholte sie ihren Satz. »Ich liebe dich, Eric. Ich weiß, dass du mich auch liebst, und ich weiß, dass du bei mir bist, auch wenn ich dich nicht sehe…«
Harriet Blake fing an zu lachen. Es hörte sich schon kreischend an. Dann sagte sie: »Sie spricht von diesem Toten?«
»Das hatte ich Ihnen doch gesagt.«
»Ja, das hast du. Aber ich kann es trotzdem nicht glauben. Was tot ist, das ist tot. Das wirst du gleich am eigenen Leib erfahren.«
Glenda war klar, dass dieses Spiel ausgereizt war. Es musste zum Finale kommen, und sie sah, dass die Frau die Waffe mit beiden Händen umfasste.
»Ja, du wirst mich beschützen…«
Wieder hatte Elisa gesprochen, und Glenda spürte etwas Kaltes über ihren Rücken huschen. Sie hatte den Eindruck, dass eine Veränderung dicht bevorstand und dass diese Veränderung etwas mit Elisas Totenliebe zu tun hatte.
»Scheiße, von wem redet sie?«, keuchte Harriet. Die Antwort konnte Glenda gut geben, weil sie sich genau in diesem Augenblick präsentierte. Und zwar war hinter der Frau unhörbar eine geisterhafte Gestalt erschienen.
»Sie hat von ihrem Geliebten gesprochen«, erwiderte Glenda Perkins. »Von dem…«
»Der ist doch tot!«
»Nein, nicht ganz.«
»Sondern?«
»Er ist hier.«
Diese Antwort konnte Harriet Blake nur schwer verkraften. Sie wollte lachen, doch sie spürte, dass dies hier wohl fehl am Platz war.
»Sie müssen sich umdrehen!«
»Von wegen, dann drehe ich dir meinen Rücken zu. Ich werde mich umdrehen, aber erst, nachdem ich dich erschossen habe.«
In diesem Augenblick reagierte die geheimnisvolle Gestalt. Sie löste sich von ihrem Platz und bewegte sich unhörbar nach vorn. Aber sie war zu sehen.
Glenda sah, dass sich die Augen der Frau weiteten. Sie konnte es nicht fassen. Sie musste aber zusehen, wie die Gestalt an ihr vorbei glitt und plötzlich vor ihr stand.
»Nein!«, stöhnte sie und wurde noch blasser. »Wer ist das?«
»Elisas Geliebter«, erwiderte Glenda…
***
Von meinem Platz am Fenster hatte ich bisher einen guten Blickwinkel gehabt. Nur konnte ich den nicht lange aufrechterhalten, denn ich musste weg. Es lag auf der Hand, dass die Männer die Zimmer hier durchsuchen würden. Die jungen Frauen waren eine leichte Beute für sie. Wären sie zu zweit gewesen, ich hätte mich ihnen sofort entgegengestellt, so aber musste ich warten, ob sich für mich eine Chance ergab, einzugreifen. Zuvor war es wichtig, ein Versteck zu finden, und das war nicht leicht.
Ich hatte noch eine Galgenfrist und verließ das Zimmer auf Zehenspitzen. Bevor die Bande diese Etage erreichte, wollte ich mir ein anderes Versteck gesucht haben.
Ich stand auf der Galerie. Ein schneller Blick zurück in den Flur machte mir klar, dass die Tür noch geschlossen war, und ich huschte über die Galerie hinweg, vorbei an den Türen und hoffte, rechtzeitig die Treppe zu erreichen, wo ich eventuell eine provisorische Deckung finden konnte. Dann sah man mich nicht von der Galerie her, sondern nur von unten, aber dort befand sich niemand.
Als ich den Beginn der Treppe erreicht hatte, hörte ich bereits die Stimmen. Die ersten Stufen huschte ich hinab und blieb dann hocken. Von der Galerie aus war ich jetzt nicht mehr zu sehen.
Ich dachte darüber nach, wie ich etwas verändern konnte. Ich wollte nicht, dass die andere Seite es schaffte, die Frauen von hier zu verschleppen. Doch mit Gewalt war da nichts zu machen. Höchstens mit Raffinesse.
Sie waren zu hören. Ihre Stimmen klangen halblaut und erreichten meine Ohren. Sie unterhielten sich mit knappen Befehlen und sprachen davon, sich die Zimmer der Reihe nach vorzunehmen.
»Zwei nehmen sich jeweils eine Frau.«
Jemand fragte: »Sind denn alle Zimmer besetzt?«
»Ja.«
»Dann sind es ja…« Er zählte wohl nach. »Ich würde
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