1729 - Totenliebe
sich Harriet eigentlich nicht blicken lassen?«, fragte ein anderer. Damit hatte er ein Thema angestoßen, das erst mal für Schweigen sorgte.
Schließlich sagte jemand: »Das wundert mich auch. Sie kümmert sich sonst um jeden Mist.«
»Sollen wir mal nachschauen?«
»Nein!«, entschied der Mann, der den Anführer spielte. »Man wartet im Hafen auf uns, und wir sind sowieso schon knapp in der Zeit. Abmarsch, sage ich nur.«
Damit zeigten sich die Kollegen einverstanden. In meinem Versteck stehend bekam ich alles mit, und ich wusste, dass es jetzt darauf ankam. Wie würden die Männer reagieren, wenn sie merkten, dass die Reifen platt waren?
Sie machten sich bereit, einzusteigen. Genau da fiel es einem der Kerle auf.
»Verdammt, was ist mit dem Wagen los?«
»Wieso?«
»Der steht leicht schräg.«
»Was?«
»Und der hier auch!«, rief jemand.
Eine kurze Pause entstand, und der Sprecher schaute nach, was da passiert war.
Seine Stimme kippte fast über, als er begriff, was Sache war. »Die Reifen sind leer! Da hat jemand die Luft vorn und hinten abgelassen!«
»Das ist nicht wahr!«
»Doch, das ist es.«
Plötzlich entstand ein tiefes Schweigen. Selbst die abgebrühten Typen waren nicht in der Lage, einen Kommentar zu geben, ich hatte sie mit meiner Aktion wirklich kalt erwischt.
»Wir kommen hier nicht weg!«
»Und wer hat das getan?«
»Keine Ahnung.«
Flüche folgten, ich bekam alles sehr gut mit und verhielt mich still an meinem Platz. Dabei war ich gespannt darauf, was den Typen einfallen würde.
»Wir schaffen es nicht pünktlich bis zum Hafen.« Den Satz hatte der Anführer gesprochen. »Aber es muss etwas geschehen, und ich denke, dass wir uns Harriet vornehmen.«
»Ist sie denn im Haus?«
»Das habe ich zumindest gehört, auch wenn wir sie nicht gesehen haben. Sie muss sich irgendwo unten aufhalten.«
»Gut, dann gehe ich los.«
»Ja, tu das, Percy. Und ich will, verdammt noch mal, eine Erklärung von ihr haben.«
»Die wird sie geben. Darauf kannst du dich verlassen.«
Der Mann verschwand, und ich dachte daran, dass er nicht nur diese Harriet finden würde, sondern auch Glenda Perkins. Und das konnte mir gar nicht gefallen…
***
Harriet Blake, die sich so abgebrüht gab, war sprachlos geworden. Sie konnte nichts mehr tun, sie war wie erstarrt und schaute nur auf den unheimlichen Besucher, der kein Mensch, sondern ein Geist war.
Auch Glenda Perkins ließ ihn nicht aus den Augen. Angst verspürte sie nicht, denn sie stand auf der richtigen Seite. Dennoch war ihr alles andere als wohl zumute.
Die Blake hatte Glenda vergessen. Zumindest richtete sie ihre Waffe nicht mehr auf sie. Stattdessen starrte sie auf Eric Turner, schüttelte den Kopf und flüsterte: »Es gibt keine Geister.«
»Das ist ein Irrtum«, bemerkte Glenda trocken. »Was Sie hier sehen, ist der Geist eines Templerritters, der auf den Namen Eric Turner hört. Und er ist zugleich Elisas Geliebter. Tut mir leid, aber das müssen Sie schon akzeptieren.«
»Aber das ist verrückt!«, kreischte sie.
»Nennen Sie es, wie Sie wollen. Es mag verrückt sein und ist trotzdem Realität.«
Die Frau wusste nicht mehr, was sie unternehmen sollte. Zwar hielt sie die Pistole fest, traute sich jedoch nicht, sie auf die feinstoffliche Erscheinung zu richten. Wahrscheinlich ahnte sie, dass sie mit einer Kugel nicht viel ausrichten konnte.
Und dann geschah noch etwas, womit Glenda Perkins und Harriet Blake nicht gerechnet hatten. Vom Kopfende des Betts her hörten sie ein leises Stöhnen, und automatisch schauten sie hin.
Elisa hatte sich gemeldet. Sie war aus ihrem Zustand erwacht und jetzt damit beschäftigt, sich langsam aufzurichten, um besser sehen zu können.
Sie erreichte eine sitzende Haltung und wischte über ihre Augen, weil sie nicht fassen konnte, was sich ihr da bot.
Glenda hatte den Kopf gedreht, und so gelang es ihr, Elisa anzuschauen. Sie sah die Veränderung in ihrem Gesicht. Ihre Augen weiteten sich allmählich. Sie öffnete auch den Mund, ohne jedoch ein Wort sagen zu können. Einige Male zuckte es an ihrem Hals, und allmählich kehrte auch mehr Farbe in ihr Gesicht zurück.
Und dann war sie in der Lage, etwas zu sagen. Nur flüsternd und mehr wie ein Hauch drang das Wort aus ihrem Mund.
»Eric…?«
Sie erhielt keine Antwort.
»Du bist es, Geliebter.«
Da regte sich auch die geisterhafte Gestalt. Sie war durchscheinend, aber die Zuschauer sahen, dass es in ihrem Gesicht zuckte. Eric hatte
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