1731 - Die Beaumortels
belohnt. Ich hatte noch zwei Begegnungen, die ähnlich enttäuschend endeten wie die erste. Aber beim drittenmal klappte es. Da stand ich plötzlich mir selbst gegenüber."
Alex hatte die Augen geschlossen und wirkte entrückt. Er schien Karlas Erzählung zu lauschen und gleichzeitig in sich zu horchen, auf der Suche nach der eigenen Erinnerung.
„Bei mir klappte es gleich beim erstenmal", erzählte Nina Kessel.
Nachdem Karla den Bann gebrochen hatte, kamen ihr die Worte flüssig über die Lippen. Sie hatte keinerlei Scheu mehr, über ihre Erfahrung zu sprechen: Sie wußte sich unter Gesinnungsgenossen.
Nina fuhr fort: „Als das Staubgebilde plötzlich vor mir entstand, da ergriff mich zuerst Entsetzen. Ich war allein, und der Schreck lähmte mich so, daß ich nicht imstande war, über Funk nach Hilfe zu rufen. Als ich dann sah, wie sich vor mir eine menschliche Gestalt bildete, da dachte ich erst recht nicht mehr daran, zur Waffe zu greifen oder Unterstützung anzufordern. Ich war wie gebannt, und ich spürte, daß mir von dem im Entstehen begriffenen Leben keine Gefahr drohte. Ich bin mir ganz sicher, daß ich nicht parapsychisch beeinflußt wurde. Es gab keinerlei Suggestion, keinen Gedankenkontakt. Die Bereitschaft, das fremde Leben werden und es sich mir anvertrauen zu lassen, kam aus mir selbst. Was damals in mir vorging, das läßt sich nicht in Worten ausdrücken. Ich war voller Euphorie, ein Hochgefühl sondergleichen durchflutete mich, als ich mich dann plötzlich wie in einem Spiegel, nur eben nicht seitenverkehrt, vor mir sah. Und als die andere Nina sich mir näherte, da war mir klar, was passieren würde. Was passieren mußte. Was die einzige zwingende und unumstößliche Konsequenz war..."
Alex gab einen seltsamen Laut von sich. Es klang wie ein Urschrei.
„Und ich habe mich mit dem anderen Alex vereint", stieß er heftig hervor.
Seine Erinnerung, die er bisher aus unverständlichen Gründen so ängstlich unterdrückt hatte, war dank Karlas und Ninas Unterstützung zurückgekehrt. Alex fühlte sich in die Landschaft der Kristallwelt Opal zurückversetzt. Im Hintergrund zogen einige Skelettics vorbei. Sie waren die einzigen Zeugen dieser unglaublichen Gegenüberstellung.
Hier stand er, Alex, in seinem klobigen SERUN. Voller Staunen und Ungläubigkeit, gleichzeitig aber auch voller Erwartung. Ihm gegenüber stand sein nacktes Ebenbild, das aus dem Staub des Lebens in Minutenschnelle geboren worden war. Es war beschnitten wie er. Und es hatte haargenau dasselbe Muttermal links vom Nabel. Alex Zwei näherte sich ihm gemessenen Schritts, ohne Eile. Alex ließ es geschehen, daß sein Ebenbild ihn berührte. Er spürte nichts. Auch als Alex Zwei durch seinen SERUN hindurchgriff und mit seiner Rechten Alex’ Rechte suchte und ergriff, war dieser Körperkontakt ohne besondere Begleiterscheinung.
Alex Zwei schlüpfte zu ihm in den SERUN und verschmolz mit ihm.
„Ich merkte, daß etwas wie ein kristallener Schatten mich verließ", fuhr Alex verträumt fort, „und ich wußte, das war meine Vergangenheit. Die Zukunft konnte beginnen. Ich war noch immer Alex, mit jedem Gedanken, mit jeder Faser meines Körpers, aber ich war nicht mehr derselbe Alex.
Ich bin im Augenblick der Verschmelzung zu Alex hoch zwei geworden.
Ich bin zu einem anderen, zu einem besonderen Alex geworden, wichtiger, wertvoller, hochwertiger."
Die soeben wiedergewonnenen Erkenntnisse hatten Alex’ Schwermut verscheucht. Er konnte nun nicht verstehen, wie er sich durch Verdrängung dieses zukunftsweisenden Erlebnisses in eine so mißliche Lage hatte manövrieren können. Das hatte an Selbstzerstörung gegrenzt.
Jetzt erschien die Zukunft in einem viel positiveren Licht.
Aber das neue Leben hatte viele Tücken und Fallen. Und die BASIS war ein lebensfeindlicher Ort für die Beausoleils, die zu besonderem Leben erhöht worden waren. Er mußte seinen Beausoleils einige wichtige Richtlinien mit auf den Weg geben.
„Wenn wir nun unseren Dienst antreten und uns gezwungenermaßen in die Gemeinschaft eingliedern müssen, dann muß ich euch zu besonderer Vorsicht ermahnen", sagte Alex zu den Beausoleils. „Seid allen Außenstehenden gegenüber besonders mißtrauisch. Denn jeder von ihnen, selbst Joseph und unsere anderen Freunde von früher, ist ein potentieller Feind. Wenn man die Wahrheit über uns herausfindet, dann wird man uns gnadenlos bekämpfen. Wir können auf kein Verständnis, kein Entgegenkommen und auf keine Gnade
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