1740 - Und er lebt doch!
mehr davon aus, dass sie als Einzelgängerin fungiert?«
»Nein. Sie ist die Chefin, und ich schätze sie als so stark ein, dass sie auch von anderen Leuten akzeptiert wird. Durch ihre Vergangenheit ist sie etwas Besonderes geworden. Kugelfest. Hinzu kommt ihre Verderbtheit. Das passt.«
Da konnte ich nicht widersprechen. Karina kannte sich aus.
Ich schaute mich ebenfalls um. Da war nichts, was auf eine Gefahr hingedeutet hatte, und so erreichten wir unbehelligt den dunklen Golf.
»Steig ein, John.«
Das tat ich auf der Beifahrerseite. In den letzten Sekunden war mir Karina wie eine Fremde vorgekommen. Sie hatte ihre Lockerheit verloren, und auch jetzt saß sie recht angespannt auf ihrem Platz.
»Hast du noch immer Probleme?«
»Ich weiß ja auch nicht, John. Es ist mir irgendwie alles zu glatt über die Bühne gelaufen.«
»Kann sein.«
Sie startete. Der Golf stand so, dass wir nach vorn aus der Parklücke fahren konnten. Danach mussten wir nach rechts, das hatte ich gelesen. Die Begriffe standen nicht nur in kyrillisch an den Wänden, auch in lateinischer Schrift.
Wir rollten auf den ersten Ausfahrtbogen zu, der uns in die dritte Etage brachte. Es verließ kein weiterer Wagen die Parktaschen, aber ein Mensch tauchte auf.
Eine Frau.
Wir kannten sie, denn wir hatten sie schon im Lift gesehen. Sie hielt noch immer ihre Einkaufstüten fest, ging sehr langsam und schaute sich dabei um. Sie machte den Eindruck einer Person, die ihren abgestellten Wagen suchte. Und dann lief sie uns fast vor den Wagen.
Karina fluchte und bremste. Ich wurde in den Gurt gedrückt und bekam mit, wie sich die Frau duckte oder nur in die Knie ging. So genau war das nicht zu sehen.
»John, gib acht!«
Karina hatte die Warnung kaum ausgesprochen, als die Frau wieder in unser Sichtfeld geriet. Diesmal hielt sie keine Tüten mehr in den Händen.
Ich wollte es kaum glauben, aber es war eine Tatsache. Die Frau mit dem mongolischen Einschlag richtete tatsächlich eine Maschinenpistole auf uns.
»Runter!«, schrie Karina, und da ging der tödliche Zauber auch schon los...
***
Das war ja wie im Kino. Der Angriff war praktisch aus dem Nichts erfolgt und hatte uns wieder in eine andere Realität geschleudert. Ich hatte mit diesem direkten Angriff weniger zu tun, bei Karina sah das anders aus, aber darüber machte ich mir keine Gedanken. Ich wollte so schnell wie möglich in Deckung, auch wenn sie primitiv war. Viel Platz war nicht, aber ich machte mich so klein wie möglich, während über mir die Scheibe in unzählige Stücke zerbrach.
Ich wusste, dass diese Garbe erst der Anfang war. Die Killerin verschoss ihre Munition nicht so schnell.
Im Wagen waren wir fast unfähig, uns zu bewegen. Deshalb mussten wir raus. Jeder war von nun an auf sich allein gestellt. Ob ich vor Karina meine Tür öffnet konnte, wusste ich nicht, denn ich drehte ihr den Rücken zu.
Ich katapultierte mich nach draußen und landete auf dem harten Betonboden.
Wieder fielen Schüsse, sie schlugen gegen die offene Tür, waren aber tiefer gehalten worden. Hätte ich mich nicht flach gemacht, hätte es mich erwischt.
Auch jetzt blieb ich nicht auf der Stelle. Ich kroch das kurze Stück vor bis zum Rad. Im Moment war die Schützin nicht auf mich fixiert, sie wollte Karina treffen.
Ich richtete mich vorsichtig auf, weil ich einen Blick quer über die Kühlerhaube werfen wollte.
Die Frau war da, und sie bewegte sich. Recht breitbeinig ging sie nach links, also weg von mir. Sie suchte Karina und wollte sie von der Seite her erwischen.
Dass Karina keinen Widerstand leistete, wunderte mich schon, und mir kamen nicht gerade gute Gedanken in den Sinn. Die Killerin hatte mich nicht so stark auf der Rechnung. Sie dachte wohl, ich wäre eingeschüchtert genug.
Das war ein Irrtum.
Die Frau hob ihre Waffe an. Sie senkte den Lauf etwas, sodass mir in den Sinn kam, dass sie ein Ziel hatte, von dem keine Gegenwehr ausging.
Das sah nicht gut für Karina aus.
Ich war schneller.
Zweimal schoss ich über die Kühlerhaube hinweg.
Bevor die Killerin abdrücken konnte, erwischte ich sie mit den beiden Geschossen. Sie hieben in ihren Körper und sorgten dafür, dass sie nicht mehr zum Schuss kam. Die Einschläge trieben sie zurück. Sie vollführte dabei seltsam groteske Bewegungen. Die Maschinenpistole sank noch tiefer, sie schoss, aber die Kugeln tanzten über den Boden, bis die Waffe verstummte.
Dann kippte die Mörderin um.
Ich hörte noch, wie sie zu Boden prallte, weil
Weitere Kostenlose Bücher