1742 - Satanische Nachbarn
recht gut klappte. Einen zweiten schaffte sie ebenfalls, ohne gegen ein Hindernis zu stoßen. Sie wollte auch einen dritten gehen, aber dazu kam es nicht, denn etwas stoppte sie. Es war keine Wand, kein hartes Hindernis, sondern ein Geräusch, das sie noch nie zuvor gehört hatte.
Es klang schlimm.
Auch so triumphierend. Über ihren Körper rann ein Schauer. Obwohl es dunkel war, bohrte sie ihren Blick nach vorn, denn sie rechnete damit, dass sie irgendwann etwas zu sehen bekam.
Nichts.
Es blieb nur finster, aber auch das Geräusch wiederholte sich, und es hatte seinen Ursprung hier im Keller.
Keuchen?
Ja! Aber auch noch etwas, das viel schlimmer klang. Kein Keuchen, sondern ein widerliches Schmatzen, als würde vor ihr in die Dunkelheit ein hungriges Ungeheuer lauern...
***
Dolly Gibson stand schon im Flur, als sie hörte, wie jemand den Schlüssel in das Schloss schob. Sie wusste, dass es ihr Mann war, und starrte gespannt auf die sich öffnende Wohnungstür, die nur langsam aufgeschoben wurde.
Sie wusste Bescheid. Arnie hatte es mal wieder geschafft.
Jetzt betrat er die Wohnung. Er hielt den Kopf gesenkt, schloss die Tür und schob einen Riegel vor. Erst dann drehte er sich um, wobei er auf dem Teppichboden ein leises Scharren hinterließ.
Dolly konnte es kaum aushalten. Sie platzte beinahe vor Spannung. »Und? Hast du es geschafft?«
Arnie hob den Kopf an und kicherte. Die Arme hatte er dabei angewinkelt und seine Hände bildeten Fäuste.
Seine Frau sprang darauf an. »Ja, ja, ja!«, jubelte sie. »Das ist es doch. Das ist stark. Du hast sie dir einfach geschnappt?«
»Die Gelegenheit war günstig.«
»Frisches Fleisch?«
»Sehr frisches«, flüsterte er und nickte. »Sie war noch jung und wollte waschen.«
»Läuft die Maschine noch?«
»Ich habe sie nicht abgestellt.«
Dolly lachte hart. Dann wuchtete sie ihren Körper herum und lief ins Wohnzimmer. Dort hing ein langer ovaler Spiegel an der Wand, vor dem sie für einen Moment stehen blieb und sich betrachtete.
Sie sah eine Frau mit dunkelbraunen Haaren, die recht flach auf dem Kopf lagen und von der Stirn her nach hinten gekämmt waren. Deshalb ließen sie viel von ihrem Gesicht frei, in dem die große Brille auffiel, die von einer recht starken Nase gehalten wurde. Der Mund war schmal, das Gesicht in der unteren Hälfte faltig, und die Augen sahen hinter den Brillengläsern übergroß aus.
Auch Dolly Gibson trug eine braune Weste. Darunter einen rosafarbenen Pullover, der an seinem Halsausschnitt einen gehäkelten weißen runden Kragen aufwies.
Wer die beiden Menschen sah, der musste zugeben, dass sie zueinander passten. Da hatten sich zwei gesucht und gefunden.
»Kommst du, Arnie?«
»Ja, ja. Ich hole mir nur aus der Küche etwas zu trinken.«
»Bring mir was mit.«
»Gut.«
Dolly wartete im Sessel sitzend auf ihren Mann, der bald kam und zwei Gläser mitgebracht hatte. Unter seinen Arm hatte er eine Flasche geklemmt.
»Wodka?«, fragte Dolly kichernd.
»Klar.«
»Den haben wir uns auch verdient. Gönne dir einen Doppelten, du hast die Belohnung verdient.«
Das musste man Arnie nicht zweimal sagen. Er gönnte sich den Schluck und vergaß auch seine Frau nicht.
Die nahm das Glas gern entgegen. Sie hob es an und nickte ihrem Mann zu. »Auf die neue Tat.«
»Ja, das war mal wieder nötig.«
Sie leerten ihre Gläser. Dolly schnalzte mit der Zunge. »Glaubst du, dass er schon auf Nachschub gewartet hat?«
»Klar.«
Sie nickte. »War es schwer? Hat sie Widerstand geleistet?«
»Nein, ich war zu gut.«
»Du hattest deine Waffe?«
»Ja, sie war das Argument. Jetzt ist die Neue im Keller.«
»Und wie heißt sie?«
Arnie Gibson lachte etwas debil auf. »Sie hat sich mir als Ellen Larkin vorgestellt.«
Dolly grinste breit. »Wir sind gut«, sagte sie dann, »einfach super. Gibt es ein besseres Paar als uns?«
»Ich kenne keines.«
»Ich auch nicht, Arnie.« Sie reichte ihm das leere Glas rüber. »Komm, gib mir noch einen Schluck.«
Arnie goss ein. Auch er kippte bei sich noch mal nach. »Auf ein Leben, auf ein sehr langes Leben, Dolly.«
»Ja, auf ein sehr, sehr langes...«
***
Der Abend bei Shao und Suko war nett gewesen. Es hatte etwas zu essen und auch zu trinken gegeben, und ich war der einzige Gast. Aber es ging nicht nur um das leibliche Wohl, die beiden wollten darüber Bericht erstatten, was ihnen in Shanghai widerfahren war. Dorthin waren sie ohne mich geflogen, um dem Hilferuf eines alten Freundes zu folgen. Es
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