1745 - Die Ketzerbibel
Musik.
Sie ging schnell und auch leise. Die Platten um den Pool herum waren bereits warm, aber diese Wärme verschwand, als Glenda in den Schatten der Bäume trat und über den schmalen Weg ging, auf dem kleine helle Kieselsteine lagen, die aber später immer weniger wurden.
Den Weg kannte sie noch von der Nacht her. Sie brauchte ihn nicht zu verlassen, um die Gerätehütte zu erreichen. Jetzt sah sie auch, dass in der Nähe ein Brunnen stand, aus dem aber kein Wasser floss. Er war bis zur Hälfte gefüllt.
Sie drehte sich um.
Der Blick zurück beruhigte sie, denn es war niemand da, der den gleichen Weg ging. Auch die Tür des Gartenhauses war nicht verschlossen. Alles sah normal aus, aber Glenda war trotzdem vorsichtig. Sie hatte den Anruf nicht vergessen.
Sie zog die Tür auf. Ihr Blick fiel in das Halbdunkel der Hütte, in der sich nichts verändert hatte, alles sah so aus wie in der Nacht. Das hätte sie eigentlich beruhigen müssen, was aber nicht der Fall war. Ein bedrückendes Gefühl hatte sich in ihr ausgebreitet. Einen speziellen Grund gab es nicht, und sie schob es auf ihren allgemeinen Zustand.
Glenda wusste, was sie wollte. Zuerst musste sie das Buch verstecken. Zwei schnelle Rundblicke reichten aus, um das Versteck zu finden. Sie wollte die Tasche mit der Ketzerbibel in keinem Karton verschwinden lassen, sondern sie einfach normal hinstellen. Zwischen einem grünen Rasenmäher und zwei Spaten sowie einer recht großen Harke.
Danach war sie zufrieden, denn sie war eine Last losgeworden, und nur das zählte.
Glenda strich ihre Haare zurück und trat in die Nähe der Tür. Sie wollte sie eigentlich schließen, was sie aber nicht tat, denn sie hörte jetzt ein Geräusch, das ihr schon bei der Ankunft aufgefallen war, auf das sie aber nicht weiter geachtet hatte.
Es war auch kein fremdes Geräusch, sondern eines, was in die Natur passte.
Das laute Summen von Fliegen!
Sehr laut sogar...
Da mussten sich viele an einem Ort versammelt haben, den Glenda zwar nicht sah, aber doch genau wusste, woher das Geräusch stammte. Um es zu lokalisieren, musste sie nur hinter die Hütte gehen.
Glendas Neugierde war erwacht, und sie zögerte nicht eine Sekunde mehr. Sie trat aus der Hütte, und sofort nahm das Geräusch an Lautstärke zu. Die nächsten Schritte brachten sie an die Rückseite – und sie blieb ruckartig stehen, als sie über dem Boden die schwarze Wolke der Fliegen sah, die dort ihre Kreise zogen.
Das hatte einen Grund!
Die Fliegen waren von dem angelockt worden, was auf dem Boden lag. Und zwar vom Blut des toten Gärtners...
***
Glenda Perkins wusste nicht, was sie denken sollte. Es war einfach nur grauenhaft. Sie kannte den Mann. Sie hatte einige Male mit ihm gesprochen. Er war immer sehr nett und hilfsbreit gewesen und hatte ihr so manches Gewächs erklärt. Der Jüngste war er auch nicht und er hatte sich auf das nächste Jahr gefreut, denn da wollte er in Rente gehen.
Und jetzt war er tot!
Glenda hatte Mühe, sich zu fassen. Sie musste erst ihren Atem unter Kontrolle bekommen, ehe sie es schaffte, sich zu bücken, weil sie erkennen wollte, wie der Mann ums Leben gekommen war.
Der dunkle Pulk der Fliegen drängte sich mehr über dem Kopf des Toten zusammen, denn dort war eine rötlich-braune Masse zu sehen, die aus dem aufgeschnittenen Hals des Toten herausgesickert war.
Blut!
Sicher hatte sich Glenda nie gefühlt. In diesen Augenblicken jedoch hatte sie den Eindruck, dass sich die Gefahr wie ein unsichtbares Band um sie geschlungen hatte. Gesehen hatte sie nichts, auch jetzt blieb es noch still. Für Glenda stand fest, dass sie hier nicht länger bleiben konnte. Sie musste sich ein anderes Versteck suchen, fragte sich jedoch, wo sie das finden sollte.
Der Killer war gekommen, um mehr über sie zu erfahren. Er hatte sich den Gärtner vorgenommen und ihn später eiskalt umgebracht, als er ihn nicht mehr brauchte.
Schlagartig hatte sie das Gefühl, nicht mehr allein zu sein. Ihr war nichts aufgefallen, aber das Gefühl hatte sie nicht getrogen. Es war die Stimme, die sie negativ elektrisierte und die jenseits der Leiche erklang.
»So ergeht es jedem, der sich gegen uns stellt...«
Glenda schloss für einen Moment die Augen. Sie wünschte sich weit weg, doch sie wusste genau, dass dies nicht möglich war. Aber sie brach nicht zusammen, sondern drehte sich um.
Vor ihr stand einer der Killer. Diesmal ohne Maske. Sie blickte in ein Gesicht, das einem Orientalen gehörte. Dunkle Haare,
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