1747 - So schmeckt der Tod
in diesem Blick gefiel ihm nicht. Trotz der Starre kam er ihm irgendwie wissend vor.
Keiner sagte etwas. Lucas Ball konnte wohl nicht, die Frau schien nicht zu wollen, und doch verspürte der Fahrer tief in seinem Innern Erleichterung darüber, dass er diese Frau nicht totgefahren hatte. Zugleich beschlich ihn jedoch ein anderes Gefühl, für das es nur einen Namen gab.
Angst!
Ja, sie war plötzlich da, und er konnte sich vorstellen, in eine Falle geraten zu sein. Er hatte schon einiges über irgendwelche Straßenräuber gelesen, die mit allen Tricks versuchten, Menschen auszurauben, und das konnte hier auch der Fall sein.
Deshalb schaute er sich um.
Sein Kopf zuckte nach rechts und links. Er schaute auch die Straße entlang weiter nach vorn. Viel sah er nicht, denn das Band verschwand im Grau des Waldes, das zudem immer dichter wurde.
Wieder sah er nach unten.
Der Blick der Frau war noch immer auf ihn gerichtet. Sehr starr, auch irgendwie forschend, als suchte sie bei ihm etwas.
»Okay!«, flüsterte er. »Es tut mir leid. Echt. Aber alles ging so schnell. Ich konnte nicht mehr bremsen.« Er schluckte und raffte sich erneut auf. »Sind Sie denn verletzt? Haben Sie Schmerzen? Ich kann Sie zu einem Arzt schaffen.«
Und was er kaum für möglich gehalten hatte, das trat plötzlich ein. Sie sprach, und er musste sich anstrengen, um ihre Worte zu verstehen.
»Nein, ich will keinen Arzt. Es ist alles in Ordnung...«
Lucas Ball musste lachen. »Das kann ich nicht glauben, dass alles in Ordnung ist. Sie sind gegen meinen Wagen gelaufen, und Sie sind kein Stück Holz, sondern ein Mensch. Ich kann Sie doch nicht hier einfach auf der Straße liegen lassen.«
»Das ist auch nicht nötig, Süßer.«
Lucas Ball verschlug es die Sprache. Er wollte lachen, was er nicht schaffte. Die letzten Worte hatten ihn irritiert. So redete keine Person, die von einem Auto angefahren worden war. Hier stimmte etwas nicht.
»Wie – wie meinen Sie das?«
»So!«
Mehr sagte sie nicht. In der nächsten Sekunde schien die starre Person zu explodieren. So jedenfalls kam es Lucas Ball vor. Sie rammte ihre Arme in die Höhe und damit auch die Hände, die Fäuste bildeten und den Mann am Kinn erwischten.
Es war ein harter Schlag, und er hatte das Gefühl, in seinem Kopf würde etwas explodieren. Sterne funkelten vor seinen Augen.
Er merkte, dass er schwankte.
Dann erwischte ihn der nächste Treffer und schleuderte ihn nach hinten.
Es war nichts da, woran er Halt hätte finden können. Er fiel auf den Rücken, hörte von irgendwoher noch ein Lachen, dann war die normale Welt für ihn verschwunden...
***
Das allerdings nicht für immer, denn irgendwann erwachte Lucas Ball wieder. Er hatte so etwas noch nie erlebt und kam sich vor wie jemand, der aus einer Tiefe auftauchte und nur sehr langsam wieder an die Oberfläche schwebte.
Er war da, aber er fühlte nichts. Die Umgebung hatte sich verändert. Er sah Schatten, als er die Augen öffnete. Er spürte Schmerzen in seinem Kopf. In seiner Kehle steckte ein Kloß, der das Atmen erschwerte, und er fürchtete sich plötzlich davor, nicht mehr richtig sehen zu können.
Noch blieben die Schatten über ihm. Er selbst lag auf dem Rücken, und er hörte seltsame Laute um sich herum, mit denen er zunächst nichts anfangen konnte.
Man konnte den Eindruck haben, dass es sich um Tiere handelte, die leise zischten, aber das war es nicht, denn als etwas Zeit vergangen war, da fand er heraus, dass dieses Zischen nicht von Tieren stammte, sondern von Menschen.
Genau!
Es waren menschliche Stimmen, die an seine Ohren drangen. Aber sie sprachen sehr leise. Ab und zu glaubte er sogar, ein Lachen zu hören, das aber konnte auch eine Täuschung sein.
Die Schmerzen im Kopf waren da und sie verschwanden auch nicht. Sie wurden nur etwas schwächer, dennoch störten sie ihn sehr. Er war nicht fähig, einen klaren Gedanken zu fassen, und musste sich auf das verlassen, was er hörte.
Stimmen, die nur von Frauen stammten. Das fand er schon heraus. Also war es nicht nur bei der einen Person geblieben, es hatten sich mehrere hinzugesellt, und das wollte er genau wissen, deshalb zwang er sich dazu, die Augen zu öffnen, obwohl es ihm nicht leichtfiel, weil er den Eindruck hatte, dass ein schweres Gewicht auf ihm lag.
Er sah und sah trotzdem nicht so, wie er es sich gewünscht hatte. Sein Blick war verschwommen. Es gab etwas. Es mochten auch Personen sein, aber er sah sie nicht klar und abgegrenzt. Sie waren
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