1751 - Flucht ins Verderben
irritierte ihn kaum. Zudem setzte Jerome nicht nach. Im Gegenteil, er wich wieder zurück und verspottete seinen Gegner durch eine angedeutete Verbeugung.
Das machte Midas rasend. Wieder brüllte er seinen Feind an, um danach auf ihn zuzulaufen. Er rechnete damit, es mit einem letzten zielsicheren Stich beenden zu können.
Das gelang ihm nicht.
Alvarez war zu schnell weg, und er stand jetzt dort, wo einige Bäume wuchsen. Das hatte er so gewollt, und mit zwei Sprüngen hatte er einen Baum mit einem recht dicken Stamm erreicht. Er prallte dort mit dem Rücken dagegen, lief aber nicht weg, sondern blieb breitbeinig stehen, um den Angreifer zu verhöhnen.
»Du schaffst es nicht. Ich bin besser.«
»Nein, das bist du nicht.«
»Los, versuche es.«
Das tat Midas. Die Wunde in seiner Wange störte ihn nicht. Der Schmerz schien ihn nur noch wütender zu machen, und so setzte er alles auf eine Karte.
Ein langer Sprung brachte ihn näher an seinen Feind heran. Genau die Entfernung wollte er haben, und der Säbel stieß zu wie eine angreifende Schlange.
Jerome Alvarez hatte darauf gewartet. Er wusste selbst, dass er mit seiner Aktion ein Risiko einging, aber er war noch schneller als der Angreifer.
Genau im richtigen Moment huschte er nach links weg.
Midas stieß zu – und ins Leere!
Jerome Alvarez war nicht mehr dort. Er hatte zu schnell reagiert. Aber Midas gelang es nicht mehr, seinen Stoß zu stoppen. Die Spitze des Säbels rammte in den Stamm hinein und blieb dort stecken. Midas wollte ihn sofort wieder herausziehen, doch das gelang ihm nicht.
Jerome war schneller. Von der Seite her huschte der Säbel auf den Hals des Mannes zu und stoppte eine Fingerbreite davor.
»Lass deine Waffe los!«
Midas heulte auf.
»Loslassen!«
Jetzt erst gehorchte er. Er konnte aber nicht stehen bleiben, denn Alvarez trat ihm in den Magen, sodass Midas zurückstolperte und über eine aus dem Boden ragende Wurzel fiel.
Er landete auf dem Rücken. Er fluchte unter seiner Maske und hörte erst damit auf, als ihn erneut die Säbelspitze am Hals berührte.
»Willst du nicht zum Teufel?«, höhnte der Templer.
»Nein, die Hölle ist für dich!«
»Da hast du Pech gehabt. Ich werde dort nicht landen. Ich habe nicht Unschuldige betrogen und sie auch nicht ermordet. Das alles hast du getan, und dafür wirst du büßen. Du hast Vertrauen missbraucht, du hast dich zum Herrscher aufgespielt, und deshalb wird auch niemand über dich Gericht sitzen. Zumindest kein Mensch. Ich bin kein Richter, ich bin als Henker gekommen, und dieses Versprechen werde ich auf alle Fälle halten.«
Midas wusste, dass er verloren hatte. Er versuchte trotzdem, sein Leben zu retten, und verlegte sich aufs Betteln.
»Hör zu, Jerome. Ich bin reich, sehr reich. Ich brauche nicht unbedingt mein ganzes Vermögen und denke, dass ich es mit dir teilen kann. Es reicht für uns beide, verstehst du?«
»Ja, ich habe verstanden.«
»Dann denk darüber nach!«
»Das habe ich schon.«
»Und? Zu welchem Ergebnis bist du gekommen?«
»Ich habe einen Schwur geleistet, und den werde ich auf keinen Fall brechen.«
»Du bist dumm!«, keuchte Midas. »Du bist nur noch dumm...«
»Nein, ich halte nur meine Versprechen.«
Alvarez stieß zu. Die Säbelklinge bohrte sich tief in die Kehle des Liegenden.
Der Templer stand über ihm. Er ließ die Waffe sekundenlang in der Wunde, erst dann zog er sie hervor. Blut folgte dem Metall, das sich um den Hals des Betrügers und Mörders ausbreitete und als Lache liegen blieb.
Alvarez war zufrieden. Er hatte seine Aufgabe erfüllt und wollte die Waffe wieder wegstecken, als er die Menschen sah, die in seiner Nähe standen.
Es waren die Männer aus dem Gasthaus. Sie hatten es im Innern nicht mehr ausgehalten. Jetzt sahen sie, was passiert war. Möglicherweise hatten sie auch dem Kampf zugesehen, was Alvarez egal war. Er reckte sein Kinn vor und fragte: »Bedauert einer von euch den Tod dieses Mannes?«
Die Antwort bekam er von dem verletzten Wirt. »Nein, wir bedauern es nicht. Soll er doch in der Hölle schmoren.«
»Das meine ich auch.«
»Und was passiert mit ihm?«
Jerome Alvarez überlegte. Dann lächelte er kantig. »Keine Sorge, ich werde ihn nicht bei euch lassen. Ich nehme ihn mit und werde ihn in sein Haus schaffen. Dort finde ich schon einen Ort, an dem ich ihn begraben kann.«
»Aber einen unheiligen«, rief jemand.
»Darauf könnt ihr euch verlassen.« Der Templer wandte sich ab und ging los, um sein Pferd zu
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