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1765 - Der Imprint-Faktor

Titel: 1765 - Der Imprint-Faktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Humanoide, meine ich, denn auch deine Haut ist atmungsaktiv, aber ziemlich ledrig, abgestumpft und unempfindlich. Meine Haut ist ein voll ausgebildetes Sinnesorgan wie Augen und Ohren, und sie ersetzt meinen fehlenden Geruchssinn." Ich deutete auf die beiden, durch zwei Falten und von feinen Wimperhärchen geschützten Luftlöcher an der Stelle, an der bei der jungen Frau die Nase saß. „Die Verhältnisse auf Gombar verursachen eine ständige Reaktion und Anpassung an die Umwelt."
    Ich erklärte ihr nicht, daß mein ganzes Volk den Namen Schiller trägt, nicht ich allein. Mein eigentlicher Name ist für jeden Nicht-Schiller unaussprechlich, und es gibt für einen Schiller nichts Schlimmeres, als mit falschem oder gar falsch ausgesprochenem Namen angesprochen zu werden. Daher habe ich gewissermaßen den Namen Schiller angenommen.
    „Faszinierend", sagte die Menschenfrau.
    Das wunderte mich nicht. Ich wußte längst, daß mein Äußeres aufgrund der Chamäleoneigenschaften meiner Haut das ästhetische Empfinden der meisten Fremdvölker positiv anregte. Natürlich starren sie mich manchmal auch recht unverhohlen an. Ich gehe niemals darauf ein, denn es geht niemanden etwas an, wer oder was ich bin.
    Die Eigenschaft der Humanoiden, sich anhand Komplimenten geschmeichelt fühlen zu können, besitze ich ebenfalls nicht. Daher bedeutet mir die Bewunderung dieser Frau nichts, und ich ging nicht darauf ein. Allerdings hatte ich von dieser Unterhaltung endgültig genug. Ich richtete meine Augen auf sie und sah sie an.
    „Ich glaube, ich gehe jetzt lieber", sagte sie und lächelte verwirrt.
    Natürlich willst du das, dachte ich.
    Ich könnte sie wie eine Verrückte herumspringen und gombarianische Regengesänge aufführen lassen. Aber das war genau der Grund, weswegen ich Gombar verlassen hatte.
    Manchmal überwältigt mich die Gabe noch heute, und ich verspüre den furchtbaren Zwang, auf die anderen einzuwirken oder gar in sie hineinzuspringen. Aber dazu habe ich kein Recht. Jedes Lebewesen hat das Anrecht auf Freiheit. Ich wende die Gabe nur an, um mich zu verteidigen, und auch dann nur in Notfällen.
    Daß ich die Frau jetzt ansah, war nur ein leichter Ansatz, mehr nicht, und es diente nur dazu, mich unauffällig entfernen zu können. Auch Josch hatte ich anfangs einmal angesehen, als er zu überlegen schien, ob ich eßbar wäre. Und weil ich seine Freundschaft brauchte.
    Ich wollte nicht zu sehr auffallen. Niemand durfte dahinterkommen, über welche Kräfte ich verfügte. Daher war ich anfangs auch ängstlich gewesen, als sie mich auf die BASIS brachten, schließlich hielten sich dort die Unsterblichen auf, die ihre neugierigen Nasen in alles hineinsteckten, was sie nicht das geringste anging. Aber ich hatte Glück; ich fiel in dem Durcheinander und der Masse überhaupt nicht weiter auf, und von den behandelnden Ärzten interessierte sich keiner besonders für Aussehen und Herkunft ihrer Patienten.
    Ich machte mich mit dem Rest meines Essens auf die Suche nach einer ruhigen Ecke, um anschließend ein wenig schlafen zu können. Hoffentlich wurden die Schmerzen dann leichter. Ich wußte, daß irgendwann die Grenze des Erträglichen überschritten war, und dann hatte ich mich nicht mehr in der Gewalt.
    Ich würde mich wie die Schiller von Gombar verhalten, und das wollte ich niemals! Ich dachte ganz anders als sie, ich führte schon lange kein Schiller-Leben mehr. Wegen meiner Ansichten hatte ich Gombar den Rücken gekehrt, und nur deshalb war ich überhaupt in diese jämmerliche Situation geraten. Die Neugier hatte mich zu einem Basar der Hamamesch getrieben, und dann konnte ich mich dem furchtbaren Einfluß der Imprint-Waren nicht mehr entziehen.
    Ich, ein Schiller, war zu einem Süchtigen geworden und wurde von dieser Sucht beherrscht - etwas, das ich nie für möglich gehalten hätte!
     
    *
     
    Ich erwachte, als ich Joschs Hand auf meiner Schulter fühlte. Für einen Moment stockte die Harmonie des Atems, es war wie ein dunkles Loch, dann Wärme.
    „Alles in Ordnung, Schiller?" fragte mein Freund. „Du warst sehr lange weggetreten."
    Ich richtete mich langsam auf. Ich befand mich auf der Medostation, anscheinend war ich in Starre gefallen. Also ging es mir schlechter als ich angenommen hatte.
    Schon ein paarmal hatte sich mir der Gedanke aufgedrängt, Selbstmord zu begehen. Was für ein Leben war das nur, was ich da führte? Fern der Heimat, die ich nie mehr betreten konnte, abhängig von etwas, dessen Ursache ich

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