1768 - Maschtaren sehen alles
Möglichkeiten gäbe, sie doch aufzubrechen und an die Technik heranzukommen, die sie vor Zugriff schützen sollten.
„Ich würde prinzipiell sagen, daß es möglich ist", sagte Sheltor zuversichtlich. „Jeder Kode läßt sich knacken. Und die Siegel sind nichts anderes als eine Art der Verschlüsselung. Schade, daß ich bisher keine Gelegenheit hatte, Siegeltechnik in die Hände zu bekommen. Ich traue mir zu, jeden Kode zu entschlüsseln."
„Und wenn ich dir eine versiegelte Bombe zur Untersuchung gäbe, würdest du dich an sie herantrauen?"
„Mach es mir doch nicht gleich so schwer. Ein Überlichtantrieb würde für den Anfang reichen."
Gedeon fand Sheltor wirklich amüsant. Aber das brachte ihm überhaupt nichts für seine Bewußtseinserweiterung.
„Im Ernst, Gedeon, ich kann jeden Kode knacken", sagte Sheltor schließlich. „Ich prahle nicht.
Ich habe es getan."
„Was genau hast du getan?" fragte Gedeon mit aufkommendem Interesse, denn er kannte die Signale, die Sheltor aussandte, wenn er etwas von Bedeutung zu sagen hatte.
„Ich bin am vierten Dachar im Jahre Zwölfhunderteinunddreißig geboren. Als drittes Kind des adeligen Händlers Ennek von Mochan, Herr über eines der angesehensten Häuser im Omgenoch-Oktanten. Ennek hat in ketzerischer Weise wider die Siegeltechnik Gomasch Endreddes gewettet.
Ich war ein Jahr alt, als Maschtar Eggirm der Neunte meinen Vater aufgesucht hat und mich als Pfand für seine Verfehlung gefordert hat. So bin ich in die Schule der Maschtaren gekommen."
„Du hast Phantasie, Sheltor", sagte Gedeon mit belegter Stimme. „Aber ich mag solche Veralberungen gar nicht."
„Ich veralbere dich nicht", beharrte Sheltor. „Es gibt eine Datenbank, die lediglich den Maschtaren zugänglich ist. Nachdem ich sie entdeckte, war es ganz leicht hineinzugelangen.
Darin sind die Daten über die Zöglinge aller Zeiten gespeichert, auch deine, Gedeon. Du hast soviel für mich getan, daß ich dir verraten möchte, wie du Zugriff darauf nehmen kannst. Das geht von jedem Terminal aus."
„Ich glaube dir nicht", behauptete Gedeon. „Aber sollte es wahr sein, dann... Das ist Wahnsinn, Sheltor! Es könnte dich das Leben kosten. Ich will nichts damit zu tun haben."
„Ich habe dafür Verständnis", sagte Sheltor. „Aber ich will mich erkenntlich zeigen und es dir ganz leicht machen. Die Tastenfolge, dir wir während Logids Vorträgen benutzen, um Informationen auszutauschen, ist dir geläufig. Unter dieser werde ich an deinem Gerät den Kode einspeichern. Du machst dich also nicht schuldig, wenn du diese harmlpse Kombination benutzt. Das bin ich dir schuldig. Danke für alles, Gedeon."
Du Bastard, dachte Gedeon. Wie kannst du mir eine solche Chance geben und dann so tun, als hätte ich eine Wahl. Das ist Absicht! Du hast damit das erreicht, wovor ich mich bisher immer zu hüten verstand. Du hast ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen uns geschaffen.
*
Instruktionen für den Neuen Maschtar, las Gedeon. Er stieg ein.
Es folgte die Aufforderung, einen Begriff einzugeben. Gedeon tippte seinen Namen ein.
Es öffnete sich ein reichhaltiges Menü mit einer Fülle von Daten. Gedeon wußte nicht, wo beginnen.
Ein Datum sprang ihm in die Augen: 1231 Pen, Zehner Poch. Das lag 20 Jahre zurück. Und Gedeon war in genau diesem Alter.
Und mit dem Zehner Poch dieses Jahres assoziierte er auch ein anderes Ereignis: Den Zug der Herrscher. Ein solcher hatte zu diesem Datum stattgefunden.
Eine weitere Datei trug die Bezeichnung Bericht Maschtar Kaiddan. Eine andere den Titel: Gezielte Nachwuchspflege am Beispiel des Zöglings Gedeon.
Ihm schwindelte vor der Fülle des Datenmaterials. Schließlich entschloß er sich für den Bericht von Maschtar Kaiddan. Dieser enthielt neben einem kurzen Kommentar reichliches Material in Bild und Ton.
Der etwas umständliche Kommentar lautete: Wie ich, Maschtar Kaiddan, den jungen Handelsfürst Adebis von Perm nach einer groben Verfehlung streng bestrafte und zu Gomasch Endredde bekehrte.
Gedeon besah sich das Bildmaterial.
*
Adebis von Perm ließ jeden wissen, wie berauscht er von diesem gewaltigen Ereignis war. Er hatte erst vor zwei Jahren das Erbe seines Vaters Nardor angetreten und durfte schon mit 23 Jahren am Zug der Herrscher teilnehmen.
Und nun war er zum erstenmal im Oktogon von Borrengold, zusammen mit den sieben anderen mächtigsten Hamamesch von Hirdobaan. Was zu anderen Zeiten undenkbar war, nämlich daß sich die Vertreter der
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