177 - Die Todeskralle
Beruf.«
»Wann haben Sie Hannon zum letztenmal gesehen?«
»Ich schätze, vor zehn Jahren. In einem Broadwaytheater. Wir hatten zufällig zwei nebeneinanderliegende Logen. Nach der Vorstellung gingen wir miteinander einen trinken und redeten über die alten Zeiten, aber wir wußten beide, daß danach kein Wiederaufleben der einstigen Freundschaft erfolgen würde. Zu unterschiedlich waren unsere Ansichten geworden. Wir versprachen einander zwar, mal anzurufen, doch keiner hat es getan.«
»Auf dem Foto sind außer Ihnen beiden noch Patrick Shedeen und Mike Verloc«, sagte Noel Bannister.
»Ich weiß«, gab Carmichael zurück. »Ich besitze die Aufnahme auch. Erst kürzlich fiel sie mir in die Hände. Aber auf Anhieb würde ich sie ietzt nicht finden.«
»Das ist nicht nötig.«
»Ja, Verloc und Shedeen… von denen habe ich noch viel länger nichts gehört. Ich weiß nur, daß Verloc kein besonders eifriger Privatdetektiv ist und Shedeen sich als Anlageberater einen Namen gemacht hat.«
»Wer hat ein Interesse daran, Hannon und seine Freunde unter die Erde zu bringen?« dachte Noel Bannister laut.
»Es ist nicht erwiesen, daß damit wir gemeint sind«, behauptete der Professor.
»Natürlich nicht, aber es wäre immerhin denkbar.«
»Da kann ich Ihnen leider nicht zustimmen, Mr. Bannister. Das Kleeblatt fiel vor langer Zeit auseinander«, sagte Carmichael. »Nichts verbindet uns mehr.« Er schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, daß nach Hannon auch mir jemand nach dem Leben trachtet, obwohl…«
Noel Bannister horchte auf. »Ja? Sprechen Sie weiter, Professor Carmichael.«
»Naja, wie Sie wissen, werde ich bald nach Washington gerufen…«
»Das ist allgemein bekannt.«
»Irgend so einem Spinner scheint das nicht zu gefallen. Er rief mich mehrmals an und stieß wüste Drohungen aus.«
»Was sagte er?« wollte Noel Bannister wissen.
Carmichael winkte ab. »Ich nahm ihn nicht ernst.«
»Ich würde trotzdem gern hören, was der Mann gesagt hat«, beharrte der CIA-Agent.
»Daß ich in Washington nichts zu suchen hätte. Er wollte, daß ich den Ruf der Regierung zurückweise.«
»Was antworteten Sie?«
»Daß er verrückt wäre.«
»Wie hat er darauf reagiert?« fragte Noel Bannister gespannt.
»Zuerst mit wüsten Beschimpfungen. Dann meinte er, wer nicht hören wolle, müsse fühlen. Meine Unvernunft würde mir noch sehr leid tun. Es gebe ein probates Mittel, mich daran zu hindern, nach Washington zu gehen: Mord.«
»Was haben Sie getan?« fragte Noel Bannister.
»Ich bitte Sie! Ich nahm diesen Geistesgestörten doch nicht ernst«, erwiderte Carmichael.
»Haben Sie die Polizei verständigt?«
»Nein. Das einzige, was ich tat, war meine Telefonnummer zu ändern. Seither ist Ruhe.«
»Wann war das mit den Anrufen?« erkundigte sich Noel Bannister.
»Vor etwa vier Wochen. Vermutlich geht der Mann jetzt jemand anderem auf die Nerven.«
»Nach Victor Hannons Tod würde ich die Angelegenheit nicht mehr auf die leichte Schulter nehmen, Professor«, meinte Noel Bannister.
»Ach, ich kehre New York bald den Rücken. Große Aufgaben erwarten mich in Washington. Ich werde keine Zeit haben, auch nur einen Gedanken an diesen Irren zu verschwenden. Ich dachte ja jetzt schon nicht mehr an ihn.«
Noel Bannister nannte dem Professor das Hotel, in dem er ihn erreichen konnte. »Sollte Ihnen noch irgend etwas einfallen oder wenn Sie Hilfe brauchen, rufen Sie mich bitte an, okay?«
»Sie machen sich umsonst Sorgen um mich«, sagte Robert Carmichael überzeugt.
»Hoffen wir’s«, gab Noel Bannister seufzend zurück.
***
Ich hatte nicht geglaubt, so bald (wenn überhaupt) ein zweitesmal derart nahe an Zachariah heranzukommen, und mich zerriß fast die Wut, daß es mir nicht gelungen war, die Todeskralle zur Strecke zu bringen. Daß es bestimmt auch Mr. Silver nicht geschafft hätte, war ein schwacher Trost für mich.
Mike Verloc wurde ins Krankenhaus gebracht und operiert. Wenn er über keine so hervorragende körperliche Konstitution verfügt hätte, hätte er nicht einmal den Transport in die Klinik überlebt. Er stand mit eineinhalb Füßen im Grab, als man ihn in den Not-OP schob.
Ich tigerte auf dem Flur hin und her.
In unserem Hotel lag eine Nachricht für Mr, Silver und Noel Bannister.
***
Zuerst traf der Ex-Dämon ein. »Patrick Shedeen ist tot«, sagte er zur Begrüßung. Er berichtete, wie er den Anlageberater in seinem Penthouse vorgefunden hatte.
Zehn Minuten später traf Noel Bannister
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