177 - Die Todeskralle

ein. Wir erfuhren von seinem Gespräch mit Carmichael.
    »Er könnte der nächste sein«, sagte Mr. Silver.
    »Oder Zachariah versucht erst noch zu vollenden, was er begonnen hat«, gab Noel Bannister zurück. »Er weiß bestimmt, daß Verloc noch lebt, und das ist ihm garantiert ein Dorn im Auge.«
    »Wenn die Ärzte mit Verloc fertig sind, kommt er auf die Intensivstation«, sagte der Ex-Dämon.
    Noel grinste. »Erstaunlich, wie du über den Krankenhausbetrieb Bescheid weißt.«
    »Er läßt keine Arztserie im Fernsehen aus«, sagte ich.
    »Das bildet ungemein, wie ihr seht«, sagte Mr. Silver. »Also: Du mußt mir ein Bett neben Mike Verloc verschaffen, Noel.«
    Der CIA-Agent nickte. »Du kriegst dein Bett. Aber wenn du darin bloß pennst…«
    »Ich werde mit Argusaugen über Verloc wachen«, versprach der Ex-Dämon.
    Das Ärzteteam operierte drei Stunden. Mit Erfolg. Es stand bereits nach der Operation fest, daß der Privatdetektiv -nach menschlichem Ermessen - durchkommen würde. Noel organisierte für Mr. Silver ein Bett. Wir wünschten dem Ex-Dämon eine gute, ereignislose Nacht und fuhren ins Hotel, von wo aus Noel Bannister Robert Carmichael anrief. Die Nummer bekam er von der CIA-Leitstelle. Aber er hatte kein Glück; der Professor war nicht zu Hause.
    Wir aßen im Hotel-Restaurant.
    »Bin gleich zurück«, sagte Noel und suchte sein Zimmer auf.
    ***
    Der CIA-Agent schloß die Tür auf und trat ein. Nachdem er der Tür mit der Hand den nötigen Schwung gegeben hatte, fiel sie zu, und er machte Licht.
    Im selben Moment ging ein harter Ruck durch seinen Körper, denn er sah, daß sich jemand in seinem Zimmer aufhielt.
    Ein Mann.
    Ein schlechter Bekannter; Zachariah!
    Noel wollte zur Luger greifen, doch der Teufel sagte: »Wenn du das tust, bist du augenblicklich tot!«
    Noel schluckte nervös und ließ die Waffe stecken.
    Zachariah grinste. »Vernunft war schon immer deine Stärke.«
    Hinter Noels heißer Stirn kreiselten die Gedanken.
    »Ihr habt das geschickt gemacht«, sagte die Todeskralle. »Ich glaubte wirklich, du wärst tot. Doch nun muß ich die unerfreuliche Feststellung machen, daß du noch lebst und mich mit unverminderter Verbissenheit zu kriegen versuchst.«
    »Das sehe ich im Augenblick als meine vordringlichste Aufgabe an«, erwiderte der CIA-Agent mit belegter Stimme. Schweiß trat ihm auf die Stirn.
    »Du hättest mich in dem Glauben lassen sollen, daß du tot bist«, sagte Zachariah. »Es war ein Fehler, nach New York zu kommen. Du bist lästig, Noel Bannister. Deshalb werde ich dich wie ein Kriechtier zertreten!«
    »Warum hast du Victor Hannon und Patrick Shedeen getötet?« fragte Noel.
    Zachariah hob grinsend die Hand. »Vergiß das Mädchen im Fahrstuhl nicht.«
    »Ihretwegen gingst du nicht in den Hannon-Tower.«
    »Das stimmt«, gab Zachariah zu.
    »Verloc hast du zum Glück nicht geschafft.«
    »Er wird sterben«, behauptete die Todeskralle überzeugt. »Noch heute nacht.«
    »Wer hat dich auf Hannon und seine Freunde angesetzt?« bohrte Noel Bannister hartnäckig weiter.
    »Vielleicht verrate ich es dir im Augenblick deines Todes«, erwiderte Zachariah, sprang vor und schlug den CIA-Agenten nieder.
    ***
    »Bin gleich zurück«, hatte Noel Bannister gesagt.
    Gleich ist ein dehnbarer Begriff, überlegte ich, das können fünf Minuten sein, zehn, fünfzehn, vielleicht sogar zwanzig.
    Als sich Noel nach zehn Minuten noch nicht blicken ließ, wurde ich unruhig.
    Kurz darauf fuhr ich mit dem Lift nach oben. Mein sechster Sinn sagte mir, daß irgend etwas nicht stimmte. Ich hoffte, daß er sich irrte.
    Nach allem, was vorgefallen war, war es ratsam, nichts auf sich beruhen zu lassen. Zachariah war ein Gegner, den man verdammt ernst nehmen mußte. Niemand konnte wissen, was ihm als nächstes in den Sinn kam.
    Der Schlüssel steckte im Schloß. Noel hatte ihn nicht abgezogen. Ich klopfte, doch mein Freund antwortete nicht. Jetzt stand es für mich fest, daß irgend etwas faul war.
    Ich öffnete die Tür. »Noel!«
    Keine Reaktion.
    Eine Frau schrie: »Gütiger Himmel, Henry, da ist jemand auf unserem Balkon!« Die Stimme wies mir den Weg. Ich hastete zur offenen Balkontür und entdeckte eine Sekunde später Zachariah. Eigentlich sah ich nur einen Schatten, der einen anderen Schatten trug. Aber ich war hundertprozentig sicher, daß es Zachariah war, der mit Noel Bannister von Balkon zu Balkon sprang.
    Schieß ihn ab! Das war meine erste Eingebung, aber ich ließ den Colt Diamondback