1770 - Blutfalle
hat.«
»Dann kläre mich auf.«
»Keine Sorge, ich bin dabei.« Jane zielte jetzt auf den Kopf. »Es stimmt, dass normale Bleigeschosse einen Blutsauger nicht töten können. Aber wenn die Kugeln aus geweihtem Silber bestehen, sieht das ganz anders aus. Wenn sie in deinen Körper eingedrungen sind, wirst du vom Silber vernichtet. Du wirst verbrennen, du wirst mörderische Qualen erleiden, du wirst eingehen wie ein vertrocknetes Gewächs. Ältere Blutsauger zerfallen zu Staub, wenn das Silber sie zerstört. Das ist bei dir noch nicht der Fall, aber töten wird die Kugel dich auf jeden Fall. Und damit erzähle ich dir keine Märchen. Das hätte dir auch Justine Cavallo sagen können, aber wahrscheinlich wollte sie, dass du denkst, unbesiegbar zu sein.«
Cindy schüttelte den Kopf. »Hör auf, so einen Mist zu reden. So kannst du dich nicht aus deiner Lage befreien. Du hast nur Angst vor meinem Biss und das ist...«
»Wohin willst du die Kugel haben? In den Kopf? In den Körper? Vielleicht ins Herz?«
»Hör auf! Das ist...«
»Es ist die Wahrheit. Und du lässt mir keine andere Möglichkeit.«
Cindy schüttelte den Kopf, sie sagte nichts mehr, doch ihrem Gesicht war anzusehen, dass sie nicht aufgeben wollte. Sie verengte ihre Augen und flüsterte mit scharfer Stimme: »Du kannst tun, was du willst. Du wirst es trotzdem nicht schaffen. Ich hole dich, ich will dein Blut, und ich hole dich jetzt.«
Nach diesen Worten sprang sie auf das Bett. Sie federte dabei hoch und wollte mit dem nächsten Sprung dicht an Jane Collins herankommen.
Das wäre ihr auch gelungen, wenn Jane nicht schnell gewesen wäre. Sie glitt zur Seite, drehte die Hand mit der Waffe und schoss der Blutsaugerin in die Brust...
***
Die Kugel hatte getroffen. Sie steckte im Körper der Vampirin, und Jane wusste nicht, ob sie richtig oder falsch gehandelt hatte.
Die Kugel würde das Dasein der Vampirin beenden, das stand fest. Aber war das die einzige Möglichkeit gewesen? Jane dachte über eine Alternative nach. Vielleicht wäre es ihr auch gelungen, Cindy gegen den Kopf zu schlagen, um eine Bewusstlosigkeit herbeizuführen.
Aber das genau war die Frage. Konnte man einen Vampir bewusstlos schlagen? Eigentlich nicht. Das jedenfalls sagte sie sich. Und sich noch mal auf einen Kampf einzulassen, dazu hatte sie kein Verlangen. Als Mensch waren die Chancen immer kleiner.
Zwischen Bett und Wand war Cindy zu Boden gefallen und rührte sich nicht mehr. Jane musste davon ausgehen, dass sie tot war. Nachschauen oder nachfühlen konnte sie da nicht, denn bei einem Vampir schlug kein Herz.
Jane bückte sich und schleifte die Gestalt zu einer freien Fläche im Schlafzimmer. Dort ließ sie Cindy liegen, und zwar auf dem Rücken.
Das Einschussloch in der Brust war zu sehen. Es lag dicht über dem Herzen. Dann betrachtete sie das Gesicht der Unperson.
Es war starr. Es war glanz- und leblos. Es sah in seiner Blässe so künstlich aus. Jane trat gegen die Hüfte der Liegenden. Keine Reaktion. Die geweihte Silberkugel hatte die Blutsaugerin zur Hölle geschickt.
Erst als Jane das klar war, begann sie am ganzen Körper zu zittern. Und sie dachte auch daran, dass sie mit dem Leben davongekommen war. Da hatte sie wirklich Glück gehabt, und deshalb war es gut, dass sie geschossen hatte.
Allerdings musste sie einen Nachteil in Kauf nehmen. Es war ihr jetzt nicht mehr möglich, Informationen über Justine Cavallo von Cindy zu erhalten, und das trübte ihre Stimmung schon.
Es kam der Augenblick, an dem Jane nicht wusste, wie es weitergehen sollte. In ihrer Wohnung lag jetzt eine Tote. Noch war Cindy Snider für sie eine Person ohne Vergangenheit. Einiges hatte sie ja preisgegeben, aber es war zu wenig gewesen. Sie hätte Cindy vielleicht doch zwingen müssen, mehr zu sagen.
Jetzt musste sie erst mal etwas anderes tun. Was hier in der Wohnung passiert war, das konnte sie nicht für sich behalten. Da musste sie eine andere Person einschalten, und das so schnell wie möglich.
Nicht mal eine Minute später hatte sie zum Telefon gegriffen...
***
Ich hatte schon so gut wie im Bett gelegen, aber jetzt saß ich in meinem Rover und war auf dem Weg nach Mayfair, wohin mich ein Anruf meiner Freundin Jane Collins gerufen hatte.
Sie hatte gar nicht viel sagen müssen. An ihrer Stimmlage hatte ich erkannt, dass sie Probleme hatte. Die jedoch hatte sie eigentlich schon selbst gelöst, denn die Angreiferin, eine Blutsaugerin, war von ihr letztendlich vernichtet
Weitere Kostenlose Bücher