1770 - Blutfalle
den Berichten ihrer Freunde wusste sie, dass er sich als Beschützer der Cavallo aufspielte, und das schien sich bis jetzt nicht geändert zu haben.
Jane kämpfte sich weiter vor. Sie schob den Gedanken an Matthias beiseite, sie musste jetzt an sich denken und vor allen Dingen das Schlafzimmer erreichen.
Cindy gab nicht auf. Jane hörte ein Lachen. Danach ein Keuchen. Dann die kratzige Stimme der Blutsaugerin.
»Ich kriege dich, ich kriege dich und dein Blut! Dann sauge ich dich bis zum letzten Tropfen aus...«
Es war ein Versprechen, das sie unbedingt einhalten wollte, nur hatte Jane etwas dagegen. Sie kroch durch den Flur auf die Schlafzimmertür zu, kam dort wieder hoch, öffnete die Tür und taumelte über die Schwelle auf das Bett zu. Darauf stand der Koffer, den sie aus Paris mitgebracht hatte. Ihre Beretta befand sich darin. Jane hatte die Waffe angemeldet und sie war im Koffer geblieben.
Jane Collins hatte einen kleinen Vorteil. Ihre Verfolgerin wusste nicht, hinter welcher Tür ihr Opfer verschwunden war. Sie musste erst mal suchen, und das konnte dauern.
Jane hatte sich einigermaßen gefangen. Sie wusste, was sie zu tun hatte. Sie musste leise sein. Auch den Koffer musste sie so lautlos wie möglich öffnen und dann ihre Pistole an sich nehmen.
Es war einer dieser weichen Lederkoffer, die mit einem Reißverschluss versehen waren. Als sie ihn aufzog, erstand ein ratschendes Geräusch, das sie erschreckte, weil es ihr überlaut vorkam.
Zugleich lauschte sie, weil sie erfahren wollte, wie nahe ihr Cindy bereits gekommen war. Von draußen hörte sie nichts, aber das änderte sich Sekunden später, denn da vernahm sie Cindys Stimme.
»Ich kriege dich, Jane! Du kannst dich nicht vor mir verstecken! Ich weiß auch, dass du hier auf dieser Etage bist und nicht noch eine höher...«
Mehr sagte sie nicht. Aber Jane wusste trotzdem, wie es weitergehen würde. Cindy Snider würde alle Zimmer durchsuchen. Auf dieser Etage lag auch das Zimmer, in das sich die Cavallo für eine lange Zeit einquartiert hatte. Es war dunkel gestrichen und in ihm gab es als Lichtquelle nur eine trübe Lampe.
Abwarten...
Jane wühlte mit beiden Händen ihre Kleidung im Koffer durch. Sie wusste, dass die Beretta ganz unten lag.
Sie überlegte auch, ob sie die Tür noch abschließen sollte, denn das hatte sie nicht getan. Nein, sie ließ es bleiben.
Sie lauschte den Geräuschen, die nur schwach an ihre Ohren drangen. Eine Tür war aufgezogen worden und wurde dann wieder zugeknallt. Jane hörte einen Fluch, was sie nicht weiter störte, denn sie hatte endlich ihre Pistole gefunden.
Mit der Waffe in der Hand setzte sie sich auf das Bett. Die Hand mit der Waffe hatte sie hinter den Koffer gelegt, sodass sie von der Tür aus nicht gesehen werden konnte.
Wieder völlig bei Kräften war Jane noch immer nicht. Aber sie würde sich verteidigen können, und das gab ihr die nötige Ruhe.
Wann kam sie?
Lange musste die Detektivin nicht warten. Bevor Cindy die Tür öffnete, stieß sie noch dagegen. Es war ein Laut, der Jane warnte. Sie war bereit für die Auseinandersetzung und wartete, dass endlich die Tür aufgedrückt wurde.
Das geschah auch. Aber sie wurde nicht aufgedrückt, sondern aufgestoßen, und diese Aktion begleitete die Blutsaugerin mit einem schrillen Schrei.
Dann sah Cindy ihr Opfer.
Ein erneuter Schrei fegte durch den Raum.
In diesem Moment hob Jane Collins ihre Waffe an und zielte über den Koffer hinweg auf Cindy Snider...
***
Auch wenn Cindy in ihrem Menschenleben nichts mit Waffen zu tun gehabt hatte, jetzt war es der Fall. Und mit dieser Tatsache musste sie erst mal fertig werden.
Sie starrte auf die Waffe und war nicht fähig, etwas zu sagen. Ob vor Überraschung oder Furcht, das wusste Jane Collins nicht, und es spielte auch keine Rolle. Wichtig war, dass sie Cindy in Schach hielt.
Sekundenlang geschah nichts. Bis es Jane leid war und die Blutsaugerin ansprach.
»Du kannst ruhig näher kommen. Oder willst du dir mein Blut aus der Distanz holen?«
»Was soll das?«
Jane lachte. »Das frage ich dich. Siehst du nicht, was ich in der Hand halte?«
»Ja, eine Pistole. Aber ich weiß auch, dass ich davor keine Angst zu haben brauche. Ich befinde mich in einem neuen Leben, und ich habe genug darüber gehört.«
»Aber nicht alles.«
»Ach? Und was fehlt?«
Jetzt konnte Jane Collins ein Lächeln nicht unterdrücken. »Ich kann dir sagen, was dir fehlt. Das ist das wahre Wissen, das man dir nicht mitgeteilt
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