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1771 - Im Taumel der Nacht

1771 - Im Taumel der Nacht

Titel: 1771 - Im Taumel der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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eingeschlagen, wo sie auch treffen sollte. Mitten in die Brust des Nackten.
    Der Lauf des Kannibalen wurde gestoppt. Er stand plötzlich starr. In seinem Gesicht regte sich nichts.
    Johnny schaute auf die Brust. Dort sah er das Einschussloch. Blut sickerte nicht hervor, aber er bekam mit, wie sich der Kannibale anstrengte, auf den Beinen zu bleiben. Der Mund war nicht geschlossen, und deshalb war auch das Würgen zu hören, das tief in seiner Kehle entstand.
    Wie ging es weiter?
    Johnny hielt noch immer seine Waffe mit beiden Händen fest. Er wartete darauf, einen zweiten Schuss abfeuern zu müssen, aber das war nicht mehr nötig. Die eine Silberkugel hatte ausgereicht. Zwar stand der Nackte noch auf den Beinen, aber es war bereits zu sehen, dass dies nicht lange anhalten würde.
    Das traf auch zu.
    Der Nackte sackte zusammen. Er versuchte noch, die Bewegung aufzuhalten, was ihm nicht mehr gelang. Vor Johnnys Füßen landete er auf dem Boden und blieb regungslos liegen.
    Johnny sagte nichts. Er fühlte sich plötzlich wie in einer anderen Welt gefangen. Er hatte es geschafft. Er hatte seine Mutter und sich selbst vorerst gerettet, und das musste erst mal in seinen Kopf. Und er hatte jemanden erschossen. Jemanden, der aussah wie ein Mensch, aber in Wirklichkeit keiner war. Daran musste sich Johnny Conolly auch erst gewöhnen.
    Er ging näher. Dabei merkte er sein Zittern. Es ging doch nicht so spurlos an ihm vorbei. Hätte er auf ein Monster gezielt, wäre das etwas anderes gewesen, doch jetzt lag ein Mensch vor seinen Füßen, der sich nicht mehr bewegte.
    Eine Kugel hatte dafür gesorgt. Eine geweihte Silberkugel. Das war verrückt, das konnte Johnny selbst kaum fassen. Aber er hatte keine andere Wahl gehabt.
    War er endgültig vernichtet? Von tot wollte Johnny nicht sprechen. Derartige Typen mussten vernichtet und nicht getötet werden. Er bückte sich, zielte aber weiterhin auf die Gestalt, die sich nicht bewegte. Er wollte sie näher kontrollieren, hörte dann die Stimme seiner Mutter durch den Garten hallen.
    »Johnny! Bitte, was ist passiert? Ich habe einen Schuss gehört. Hast du ihn abgegeben?«
    Johnny richtete sich auf und winkte. Dabei hatte er sich nach links gedreht, um zum Haus zu sehen. Vor der Haustür stand seine Mutter, die in Richtung des Autos schaute und dabei Johnnys winkenden Arm sah.
    Das Zeichen verstand sie. Schnell kam sie näher, und als sie ihren Sohn erreichte, war sie außer Atem.
    »Was ist denn?«
    »Da, schau selbst.«
    Sheila nickte. Sie spürte die Hand ihres Sohnes an der Schulter und nahm dies als beruhigendes Streicheln wahr. Dann sah sie endlich richtig, wer da vor ihren Füßen lag. Es war der Kannibale, und er bewegte sich nicht mehr.
    »Das war er, Ma!«
    »Ja, ich sehe es.«
    »Ich musste ihn erschießen, es gab keine andere Möglichkeit. Er wollte sich wieder einen Arm holen, aber das konnte ich nicht zulassen.«
    »Stimmt, Johnny, das konntest du nicht.«
    »Einen weiteren habe ich nicht gesehen. Vielleicht ist er wirklich allein.«
    »Das wäre gut.«
    Johnny drehte sich um und sagte: »Wir können wieder zurück ins Haus gehen und auf die anderen warten. Ich denke nicht, dass es noch lange dauert, bis sie hier sind.«
    »Ja, dann lass uns gehen.«
    »Nein, noch nicht.« Johnny griff seiner Mutter an den Arm. »Da, sieh dir das an!« Er meinte den Toten. Johnny selbst schaute ihn an, und das tat auch Sheila.
    Ihre Augen weiteten sich. Dann schüttelte sie den Kopf, als könnte sie nicht glauben, was sie sah. Der leblose Körper des Kannibalen war dabei, sich aufzulösen. In der Mitte war er bereits eingesackt, und dort schimmerte die Oberfläche einer Flüssigkeit.
    »Mein Gott, was passiert denn da?«, flüsterte Sheila.
    »Er löst sich auf, ganz einfach.«
    »Durch das geweihte Silber?«
    »Ja, und damit wissen wir, dass es kein normaler Mensch gewesen ist, auch wenn er so ausgesehen hat.«
    Sheila nickte nur. Sie drehte sich zur Seite, denn sie wollte nicht sehen, wie die Gestalt zerfloss.
    Johnny aber blieb stehen. Er wollte jede Einzelheit mitbekommen und schaute auch zu, wie sich so etwas wie ein Trichter gebildet hatte, auf dessen Grund etwas zu sehen war.
    Es war ein Gesicht!
    Nein, eine Fratze. Dreieckig vom Umriss her. Und Johnny sagte sofort seiner Mutter Bescheid, damit sie ebenfalls hinschaute.
    »Weißt du, wer das ist?«
    »Ich – ich – kann es mir denken.«
    »Das ist die Fratze des Teufels, die sich dort zeigt. Ehrlich, das kann ich nicht begreifen.

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