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1771 - Im Taumel der Nacht

1771 - Im Taumel der Nacht

Titel: 1771 - Im Taumel der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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über ein Beet hinweg und schlich dann am Kräutergarten seiner Mutter entlang. Er dachte daran, dass er sich in einer völlig normalen, fast spießigen Umgebung bewegte. Trotzdem hatte sich dort etwas manifestiert, das man nicht fassen konnte.
    Der Nackte hörte ihn nicht. Er stand weiterhin nur da und schaute mal nach oben und dann wieder nach rechts oder links. Johnny befürchtete, dass er schon gesehen worden war, und griff nach seiner Waffe, die er von nun an in der Hand halten wollte. Er musste darauf vorbereitet sein, schnell reagieren zu müssen.
    Er duckte sich hinter einer kleinen Strauchgruppe, in dessen Nähe eine Tanne stand, die ihm zusätzlich Deckung gab.
    Ja, der Platz war gut. Wenn er nach vorn schaute, sah er den Nackten wie auf dem Präsentierteller. Der aber sah ihn nicht und roch ihn auch nicht. Er hatte nur Blicke für die im Baum hängende Gestalt, und Johnny konnte sich vorstellen, dass er sehr hungrig war.
    Aber sie hing zu hoch. Und klettern wollte der Kannibale nicht. Er nahm sich den zweiten Toten vor, der noch immer auf der Kühlerhaube lag.
    Er reckte sich, bevor er seine Beute von der Kühlerhaube zog. Der Tote war sicherlich schwer, was den Nackten nicht störte. Er behandelte ihn wie eine Puppe, und er legte ihn dann auf den Boden. Dabei bückte er sich, packte eine Hand und zerrte dann den Arm in die Höhe.
    Jetzt sah Johnny auch, dass kein zweiter Arm vorhanden war. Dann war alles klar. Ihn schwindelte fast, als er daran dachte, dass der Arm aus dem Schultergelenk gerissen wurde. Das war etwas, das er nicht zulassen konnte. Er hatte schon auf dem Weg überlegt, wann er sich bemerkbar machen sollte.
    Jetzt hatte er einen Grund.
    Johnny verließ seinen Platz. Es war perfekt, dass der Nackte ihm den Rücken zudrehte, und genau das nutzte er aus. Bevor der Kannibale sich den zweiten Arm holen konnte, war Johnny da. Das heißt, er ging nicht dicht an ihn heran, sondern blieb in einer guten Entfernung stehen.
    »Lass die Leiche los, verdammt!«
    ***
    Es passierte nichts. Johnny tat nichts, und der Nackte rührte sich auch nicht.
    Was würde der andere tun?
    Er bewegte sich zunächst nicht, stand einfach nur da und drehte Johnny den Rücken zu, der sich nicht sicher war, ob der Nackte alles verstanden hatte, denn die Hand ließ er nicht los, und so war der Arm noch immer gestreckt.
    »He, ich habe etwas gesagt!« Johnny wusste nicht, ob er die richtigen Worte gefunden hatte. Auch für ihn war eine derartige Situation neu, aber wenig später sah er, dass der Kannibale ihn doch verstanden hatte, denn er ließ die Hand los. So fiel der Arm des Toten nach unten und blieb neben dem Körper liegen.
    Johnny atmete auf. Er wollte etwas sagen, als er sah, wie sich der Nackte bewegte. Er drehte sich langsam um, weil er denjenigen anschauen wollte, der mit ihm gesprochen hatte.
    Er starrte Johnny an.
    Es war nicht so dunkel, als dass Johnny nicht das Gesicht gesehen hätte. Am Kopf fielen die langen Haare auf. Sie umrahmten ein Gesicht, das leer war. Keine Bewegung, keine Mimik. In den kalten Augen gab es kein Leben mehr und sie würden sich nie wieder mit Leben füllen, das stand fest.
    Der Kannibale bewegte den Mund. Zuerst waren es nur die Zuckungen der Lippen, was sich aber schnell änderte, denn er öffnete den Mund, und so sah Johnny das Werkzeug, auf das sich ein Kannibale verlassen musste.
    Ein Gebiss wie aus Stahl. Einfach schlimm anzusehen. Zähne, die glänzten und von zwei Richtungen aufeinander zu wuchsen und sich dabei berührten.
    Es war das ideale Gebiss für jemanden, der etwas fressen wollte. Aus einem Verbund reißen. Ähnlich wie bei einem Tier. Aber er war auch ein Mensch oder hatte zumindest den Körper eines Menschen.
    Johnny überlegte, was er noch sagen sollte, als der Nackte die Initiative übernahm. Er zuckte kurz mit den Schultern und ging einen Schritt auf Johnny zu.
    »Bleib stehen!«
    Johnny hatte laut genug gesprochen, um verstanden zu werden, aber der Kannibale ging weiter. Er grinste sogar, er öffnete auch seinen Mund, sodass er die Zunge zeigen konnte, die wie ein Klumpen aussah.
    »Keinen Schritt mehr!« Johnny hatte Mühe, das Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken, aber daran störte sich sein Gegenüber nicht. Johnny war klar, dass ihm nur eine Möglichkeit blieb.
    Er musste schießen.
    Genau das tat er auch.
    Der Schussknall zerriss die Stille. Johnny hatte die Waffe mit beiden Händen festgehalten, um nicht zu verziehen. Und so war die Kugel genau dort

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