1771 - Im Taumel der Nacht
geblieben ist«, erklärte ich.
Suko und Bill schwiegen zunächst. Meine Erklärung hatte sie geschockt. Dann fand Bill seine Sprache wieder. »Bist du sicher, dass du dich nicht geirrt hast?«
»Das bin ich. Wenn du in die Lachen schaust, wirst du noch meine Kugeln entdecken. Es waren zwei Angreifer, die mir ans Leder wollten. Sie hätten mich getötet, doch es war kein Problem für mich, sie auszuschalten.«
Suko deutete auf eine der Lachen. »Kann man bei ihnen von Ghouls sprechen?«
»Das hatte ich auch zuerst gedacht. Aber Ghouls verhalten sich anders, sie zerfließen zwar, wenn man sie richtig erwischt, aber sie kristallisieren danach, und das ist hier nicht der Fall. Ich habe zumindest nichts gesehen. Oder ist euch was aufgefallen?«
»Nein«, sagten beide wie aus einem Mund.
Bill schüttelte den Kopf. »Dann würde ich dich gern fragen, wie du die Lage einschätzt? Wer könnten diese Geschöpfe sein? Und zu wem könnten sie gehören?«
Ich antwortete nicht, denn Bill Conolly sprach. »Vielleicht zu Justine Cavallo?«
»Nein«, erwiderte ich entschieden. »So etwas passt nicht zu ihr. Die fahren auf einen anderen ab.«
»Matthias?«
»Ich denke schon, Bill.«
Der Reporter schwieg. Er musste erst mal nachdenken. Der Name Matthias war gefallen, und wenn das geschah, bildete sich bei manchen Leuten eine Gänsehaut. Bill gehörte dazu, sprach aber nicht direkt davon, sondern sagte: »Er ist wohl nicht hier.«
»Und die Cavallo?«
»Auch nicht, Bill. Ich habe nur die beiden hier erlebt. Die großen Chefs sind verschwunden.«
»Wohin? Nach London?«
»Möglich. Sie werden ihre Pläne haben, und wir haben sie nicht stark genug stören können.«
Da standen wir nun und sahen ziemlich betreten aus. Die Hauptpersonen waren ausgeflogen und wir hatten keine Ahnung, wohin sie sich gewendet haben könnten.
Es sah nicht gut aus. Außerdem wussten wir zu wenig. Eigentlich hatte alles mit einer jungen Frau namens Cindy Snider angefangen. Sie war in der Disco von einem fremden Mann abgeschleppt worden. Er hatte sie jedoch nicht dorthin gebracht, sondern hierher in dieses Haus, und hier hatte die Vampirin Justine Cavallo auf sie gewartet, um sich endlich mal wieder satt trinken zu können. Die Cavallo hatte Cindy Snider dann zu Jane Collins geschickt, um deren Blut zu trinken. Jane hatte ihr auch ahnungslos die Tür geöffnet, aber auch gesehen, was mit ihrem linken Arm passiert war. Den hatte jemand so verdreht, dass der Handrücken nach innen zeigte.
Da war auch für Jane einiges klar geworden. Ihr waren die Methoden eines gewissen Matthias bekannt, und spätestens jetzt kam ich ins Spiel. [1]
Ich wusste sofort Bescheid und erinnerte mich wieder an Tirol. Dort war eine stark schwäche Justine Cavallo von Matthias gerettet worden. Danach hatten wir über Monate nichts mehr von ihnen gehört, bis vor Kurzem. Und jetzt wussten wir, dass beide wieder aktiv waren. Matthias und die Cavallo.
Sie waren ein Paar, das sich wunderbar ergänzte. Eine Person wie die Cavallo kannte keine Skrupel, wenn es um ihren Vorteil ging. Da spielten Freundschaften oder Menschenleben keine Rolle.
Wir hatten gehofft, zumindest einen von ihnen hier in diesem Haus am Wald anzutreffen, aber das war nicht der Fall. Mal wieder hatten wir das Nachsehen.
»Was machen wir jetzt?«, fragte Bill.
So richtig wusste keiner die Antwort. Suko war dafür, das Haus zu durchsuchen. Es konnte ja sein, das wir hier einen Hinweis auf etwas fanden, das uns weiterbrachte, aber ich glaubte nicht daran. So dumm war die andere Seite nicht.
»Und wo könnten sie sein? Hat keiner von euch eine Idee?«, fragte Bill.
»Ich schon«, sagte Suko.
»He, raus damit!«
Suko legte seine Stirn in Falten. »Es ist wirklich nur eine Idee, und sie muss auch nicht zutreffen, was ich sehr hoffe, aber wir kennen unsere Feinde und sie kennen uns. Sie wissen, wie sie uns treffen können. Es gibt auch bei uns Schwachstellen, denn nicht alle leben allein. Ihr seid in Tirol dabei gewesen. Ich will dir ja keinen Frust machen, aber man muss damit rechnen, dass du mit deiner Familie auch auf der Liste der Rache oder Abrechnung stehst. Bei Jane war ja schon jemand. Ich denke, dass es nicht genug war und sie einen weiteren Angriff versuchen wird.« Er schaute uns an. »Bitte, das ist nur eine Theorie, an der nichts dran sein muss.«
Bill Conolly gab keine Antwort. Er reagierte jedoch und entfernte sich von uns. Er ging auf eine andere Tür zu. Ich sah, dass er sein Handy
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