1773 - Das andere Jenseits
unsere Chance?«
»Ich weiß es nicht.«
»Ich glaube nicht mehr daran. Sie haben uns in ihr Jenseits geholt, um ein Exempel zu statuieren. Sie werden uns töten. Das Jenseits ist etwas für Tote, aber nicht für Lebende. So sehe ich das. Und ich will auch nicht über Diesseits und Jenseits nachdenken, ich will nur hier raus, das ist alles.«
»Wer will das nicht?«
»Glaubst du denn, dass es einen Fluchtweg gibt?«
»Ja.«
»Dann sollten wir ihn...« Krista brach ab. Sie wusste selbst, dass es keinen Sinn hatte. Die andere Seite würde sie auf keinen Fall freigeben. Sie schluckte und zog dann ihre Nase hoch. »Ich denke, dass es abwärts geht, Maxine.«
»Es sieht so aus.«
»Und wo siehst du noch eine Chance?«
Die Tierärztin hob die Schultern. So etwas hatte auch sie noch nicht erlebt. Die Gestalten, die nicht direkt stofflich und auch nicht feinstofflich aussahen, hielten Wache. Da kamen sie nicht weg, und bis sie in den Wagen gesprungen waren und den Motor angelassen hatten, verging ebenfalls Zeit. Vorausgesetzt, der Motor lief wieder.
Sie schauten zu, wie sich Jomael langsam wieder dem Boden näherte und mit einem letzten eleganten Schwung von ihnen landete.
»Da bin ich wieder.«
Darauf hätten beide Frauen gern verzichtet, nicht aber Rudy Reiking, der in diesen Momenten seine Zurückhaltung aufgab und den Wagen verließ. Er wollte sich in Szene setzen. Seine Arme bewegten sich hektisch, als er nahe bei Jomael war, um ihn zu umarmen.
Da hatte er sich den Falschen ausgesucht. Jomael stieß ihn zur Seite. So heftig, dass er zu Boden fiel und nicht wieder aufstand, weil sich ein Fuß auf seine Brust setzte.
»Niemand hat dir erlaubt, dich so zu benehmen. Du gehörst nicht wirklich zu uns, du bist nur ein Helfer gewesen, der seine Pflicht getan hat.« Jomael zog den Fuß zurück. »Steh auf.«
Rudy rappelte sich hoch. Das sahen auch Maxine Wells und Krista Hellsen. Krista wollte zu ihm und ihren Freund festhalten, was sie nicht schaffte, denn Maxine war schneller.
Sie zerrte Krista zurück. »Nein, nicht. Bleib hier. Du kannst ihm nicht helfen.«
»Aber ich...«
»Willst du auch sterben?«
Krista schaute die Tierärztin aus großen Augen an. »Was willst du damit sagen?«
»Dein Freund ist ein Bauernopfer. Du kannst nichts für ihn tun, wirklich nicht.«
»Und Jomael?«
»Schau nicht hin.«
»Doch, ich will sehen, was da passiert.« Sie nahm keinen Rat an und drehte sich halb um. So fiel ihr Blick auf den bösen Engel und auf ihren Freund.
Rudy hing im Griff des Engels. Mit einer Hand hielt er die Kehle des Mannes fest und hatte den Körper etwas von sich weggestemmt.
Krista krallte sich an Maxine fest. »Was tut dieser grauenhafte Engel?«
»Du weißt es.«
»Ich will es nicht wissen.«
Es war furchtbar für die Frauen. Und der teuflische Engel hatte seinen Spaß. Er besaß die Kraft, einen Gegner mit einer Hand zu erwürgen. Das führte er hier vor. Dass Rudy noch zuckte, machte ihm nichts aus. Er drückte weiter zu und schaffte es tatsächlich, ihm das Leben zu nehmen. Plötzlich wurde der Körper schlaff, es gab keinen Widerstand mehr.
Jomael ließ Rudy los. Er hatte dicht über dem Boden geschwebt. Jetzt brach er zusammen und blieb vor den Füßen der beiden Frauen unbeweglich liegen...
***
Sekundenlang passierte nichts. Eine tiefe Stille breitete sich aus. Sie dauerte nicht sehr lange, dann hatte Krista Hellsen begriffen, was hier geschehen war.
Ihr Freund lag am Boden und bewegte sich nicht mehr. Er war tot!
Ein Wehlaut drang über ihre Lippen. Er hörte sich schlimm an. In ihm lag all die Tragik und der Schmerz, den die junge Frau verspürte.
Die Tierärztin streckte den rechten Arm aus und legte eine Hand auf die Schulter ihrer Leidensgenossin. Krista schluchzte auf und ließ sich gegen Maxine sinken, weil sie einen Halt haben musste.
Ihr Blick war dabei auf ihren toten Freund gerichtet. Ihr Kopf zuckte dabei, und dieses Zucken setzte sich bis in den Körper fort, doch zu einer Reaktion kam es nicht. Sie hob nur den Kopf und starrte Jomael mit tränenumflortem Blick an.
»Dafür wirst du vernichtet werden!«, flüsterte sie rau. »Das kann ich dir schwören. Du wirst sterben, und du wirst dabei alle Qualen der Hölle erleiden...«
»Lass es gut sein«, sagte Maxine. »Ich kann mich in deine Lage versetzen, aber hier wird mit anderen Regeln gespielt, die für uns fremd sind.«
»Ja, fremd. Und was passiert mit uns?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Aber ich, Maxine,
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