1773 - Das andere Jenseits
her.
»Bleib bitte ruhig«, sagte Maxine. »Noch ist nichts verloren, man muss nur den Glauben an sich selbst behalten, alles andere ist jetzt nicht wichtig.«
»Das sagst du.«
»So meine ich es auch.«
»Und der Schlapphut?«
»Wir werden schon herausbekommen, was er will. Da mach dir mal keine Gedanken.«
»Doch, die mache ich mir aber. Und ich glaube, dass sie uns töten wollen.«
»Das steht noch nicht fest.«
Krista schwieg. Sie wollte die Emotionen nicht noch höher kochen lassen. Alles sollte in der Waage bleiben und sie wollte Maxine die Initiative überlassen.
Die Tierärztin schaute wieder durch das Fenster, wo sie auch den Schlapphut sah. Er trug noch immer den langen Mantel und hatte die Krempe seines Huts so tief in die Stirn gedrückt, dass von seinem Gesicht nur die untere Hälfte zu sehen war, ein breiter und schmaler Mund und eine Hautfarbe, die Maxine Wells leicht irritierte.
Der Schlapphut sagte etwas und deutete dann auf die Tür.
Maxine wusste, was es bedeutete. Die Tür sollte geöffnet werden, damit er sie herausholen konnte. Sein Gefolge hatte sich um ihn gruppiert. Die Gestalten warteten nur darauf, den richtigen Befehl zu erhalten.
Darüber dachte Maxine nach. Wenn sie jetzt nichts tat, konnte es böse für sie enden. Vielleicht wollte man ihnen noch eine Chance geben, und die würden sie nur erhalten, wenn sie mit diesem Schlapphut ein Gespräch führten.
»Max, was sollen wir tun?«
»Wir öffnen!«
»Was? Bist du lebensmüde?«
»Nein, aber weißt du, womit wir uns verteidigen können? Wir haben nichts hier. Unsere einzige Chance besteht aus Kooperation.«
»Und die andere Seite geht darauf ein?«
»Das werden wir sehen, wenn es so weit ist.«
»Okay«, flüsterte Krista, »dann tu, was du nicht lassen kannst. Ich denke inzwischen darüber nach, ob mir noch einige Gebete aus meiner Kindheit einfallen.«
»Tu das!«
Nach dieser Antwort stieß Maxine Wells die Fahrertür auf...
***
Zunächst passierte nichts. Abgesehen davon, dass eine bessere Luft in den Wagen wehte. Die Gestalten draußen verhielten sich ruhig. Sie trafen keinerlei Anstalten, sich in das Auto zu beugen und die beiden Frauen zu überwältigen. Es passierte eigentlich nichts. Ein jeder ließ die Lage erst mal auf sich einwirken.
Krista hatte sich nahe an die Tierärztin gedrückt. Sie musste etwas loswerden. »Was denkst du? Warum tun sie nichts?«
»Sei nicht so hektisch. Hier geht alles der Reihe nach, und ich gehe davon aus, dass es nicht immer so bleibt wie jetzt.«
Da hatte sie sich nicht geirrt, denn der Schlapphut machte den Anfang. Bisher wussten die Frauen nicht mal, ob es sich um einen Menschen oder um eine menschenähnliche Person handelte. Sie hofften, dass sie nun schlauer wurden.
Und es passierte auch.
Der Hut wurde mit einer langsamen Bewegung in die Höhe geschoben.
Die Person machte es spannend, und kurz danach schauten die beiden Frauen in das echte Gesicht.
Menschlich oder nicht?
»Wie sieht der denn aus?«, flüsterte Krista. »Ist das wirklich ein Engel?«
Sie erhielt von der Tierärztin keine Antwort, denn Maxine war damit beschäftigt, sich die Gestalt genau anzusehen. Sie sah nicht aus wie ein normaler Mensch. Aber war sie deshalb ein Engel, weil die Gesichtshaut doch sehr grün war und zugleich einen Stich ins Graue hatte? Das war alles andere als eine gesunde Farbe und kam bei einem Menschen wohl auch nicht vor.
Die Augen zeigten auch einen leicht grünlichen Glanz, der Maxine entgegen schimmerte.
Noch hatte sich nichts getan, und Maxine fragte sich, ob noch etwas passieren würde, doch es sah nicht danach aus. Es erfolgte kein Angriff, die Gestalten hielten sich im Hintergrund, und das Winken mit dem Zeigefinger galt einzig und allein Maxine Wells.
Auch Krista hatte das Zeichen gesehen. »He, willst du wirklich aussteigen?«
»Bleibt mir was anderes übrig?«
»Keine Ahnung.«
»Ich denke nicht.«
»Gut, dann geh.«
Es fiel Maxine nicht leicht. Dieser Wagen hatte für sie bisher eine gewisse Sicherheit bedeutet, die war jetzt dahin. Sie fühlte sich plötzlich einsam und verlassen. Es war niemand in der Nähe, der ihr zur Seite stehen würde. Sie musste sich den Problemen stellen, und das würde nicht einfach sein.
»Willkommen in meiner Welt«, erklärte die Gestalt und winkte mit dem Schlapphut. »Und weißt du, was meine Welt ist?«
»Nein.«
»Dann will ich es dir sagen. Meine Welt ist das Jenseits. Aber das andere Jenseits. Eine Welt, in der sich
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