1774 - Ranjas Rudel
in Ruhe zielen. Ich brauchte freie Bahn. Deshalb zerrte ich einen Fuß aus dem Schlamm und warf mich nicht nur nach hinten, sondern auch zur Seite.
Der Wolf verfehlte mich. Dicht vor mir klatschte der Körper aufs Wasser und tauchte dann unter.
Etwas Besseres konnte mir nicht passieren. Ich hatte jetzt Zeit, mich zurückzuziehen.
Nur nicht dorthin gehen, wo das Wasser tiefer wurde.
Lange blieb der Wolf nicht untergetaucht. Damit hatte ich auch gerechnet. Er sprang förmlich aus dem Wasser, schüttelte sich dabei und schaute in die Richtung, in der er mich zum letzten Mal gesehen hatte.
Da war ich nicht mehr.
Ich stand jetzt schräg hinter ihm und wartete auch nicht, bis er sich wieder gefangen hatte. Ich machte kurzen Prozess. Bei seiner nächsten Bewegung, mit der er sich zu mir umdrehte, schoss ich ihm in den Schädel.
Die Kugel schlug hinein. Ich hatte ein Auge getroffen und ihm einen Teil der Schädeldecke weggeschossen.
Das konnte er nicht überleben. Er brüllte nicht einmal mehr auf. Mein Schuss war das einzige Geräusch gewesen, und dieses Echo war längst über dem Wasser verklungen.
Ich sah wieder nach vorn und hatte den Blick leicht gesenkt. Der tote Körper des Wolfs trieb auf der Oberfläche oder dicht darunter.
Nur hatte es nicht den einen Wolf gegeben. Ich dachte an drei weitere, die irgendwo in der Nähe herumliefen. Und ich dachte auch an die Dunkelhaarige, die sie befehligte.
Sie war ganz sicher da. Vielleicht nicht mal weit weg. Ich vermutete sie auch noch jetzt im Bootshaus, konzentrierte mich darauf und war enttäuscht, dass ich sie nicht sah.
Ich glaubte nicht daran, dass sie das Weite gesucht hatte. Möglicherweise verbarg sie sich hinter dem Bootshaus. Ich nahm mir vor, es zu umrunden und dann zu durchsuchen. Zunächst wollte ich aus dem Wasser raus, denn darin fühlte ich mich alles andere als wohl.
Bevor ich auf die Plattform des Hauses kletterte, schaute ich mich um.
Eine Gefahr bemerkte ich nicht, aber ich wusste, dass es hier so einige Verstecke gab. Zwei Schritte wartete ich noch, dann hatte ich den Rand der Plattform erreicht, auf dem ich mich abstützen konnte.
Klitschnass schnellte ich mich aus dem Wasser, kniete gleich darauf auf den feuchten Planken und wollte mich in die Höhe stemmen.
Die Gefahr sprang mich aus dem Bootshaus an. Dort stand die Tür weiterhin offen, und das hatte jemand ausgenutzt.
Ich sah ihn leider nicht, bekam nur seine Aktion mit, die mir galt.
Etwas traf mich aus der Dunkelheit am Kopf. Es war ein Schlag wie mit dem Vorschlaghammer. Wo er mich genau erwischte, wusste ich nicht, er reichte jedenfalls aus, um mich wegtreten zu lassen.
Dass ich mich auf die Planken legte, bekam ich schon nicht mehr mit...
***
Kate Milton wäre auch bereit gewesen, ins Wasser zu steigen, doch das brauchte sie nicht. Sie hatte sich so weit vorgeschoben, dass sie die Oberfläche des Sees überblicken konnte.
Und da sah sie ihn.
John Sinclair war tatsächlich hier. Er stand sogar im Wasser, aber er war nicht allein.
Was dann ablief, das ging alles blitzschnell über die Bühne. Es war verrückt, so etwas hatte Kate noch nie gesehen. Sie schaute zu, wie plötzlich ein Wolf aus dem Wasser in die Höhe schoss. Was er vorhatte, war klar. Nur war Sinclair schneller.
Er schoss dem Tier den halben Schädel weg. Es war ein Volltreffer. Der Wolf sackte zusammen, verschwand unter Wasser und tauchte auch nicht wieder auf.
Sinclair hatte gewonnen. Kate Milton war froh darüber. Sie hätte sich gern bemerkbar gemacht und Sinclair angesprochen, aber sie hielt sich zurück. Den Grund kannte sie selbst nicht. Ihr Instinkt riet es ihr, denn sie ging davon aus, dass das Geschehen mit dem Tod des Wolfs noch nicht beendet war.
Das traf zu.
Sinclair war aus dem Wasser geklettert. Für ihn gab es nur das Bootshaus im Moment, was wohl auch gar nicht mal so verkehrt war, aber auch das hatte seine Tücken.
Von innen kam die Gefahr.
Sie war für Sinclair nicht zu sehen. Er hatte noch genug mit sich zu tun. Aber Kate Milton erkannte sie. Eine dunkle Gestalt huschte auf ihn zu, und Sinclair bekam einen Schlag gegen den Kopf, der ihn zusammensinken ließ.
Regungslos blieb er liegen. Die Frau aus dem Zug lachte kehlig auf, schaute sich um, sah nichts, war zufrieden und zerrte den Bewusstlosen schließlich ins Bootshaus.
Beide verschwanden im Dunkeln des Hauses und waren für Kate Milton nicht mehr zu sehen.
Sie hockte in ihrer Deckung. Sie wusste nicht mehr, was sie denken sollte,
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