1778 - Das Wappen der Medusa
Suko.
»Dann kommen Sie mal rein, der Kaffee ist frisch und wird Ihnen auch schmecken.«
»Das hoffe ich doch«, sagte ich und nannte meinen Namen. Auch Suko stellte sich vor, und dann war der Kollege an der Reihe. Er hieß Budd O’Malley und war offenbar stolz auf den Namen.
Wir betraten einen Flur, in dem es sehr sauber war. Kein Vergleich zu den Dienststellen in London. Da sahen die Reviere oft alles andere als sauber aus. Aber hier waren die Besucher oder Kunden auch andere.
Der Kaffee wurde uns von einer jungen Kollegin serviert, die Nelly hieß. Sie strahlte uns an, und ich fragte, warum sie eine so tolle Laune mitbrachte.
»Das liegt an Ihnen beiden.«
»Ach? Sagen Sie nur.«
»Ja.« Ihr Gesicht rötete sich, sodass die Sommersprossen fast nicht mehr zu sehen waren. »Ich habe schon einiges von Ihnen gehört, ich habe da bestimmte Berichte gelesen.«
»Das ist was anderes.«
Sie nickte heftig. »Ja, und jetzt erleben wir hier diese tolle Show.«
»Wie meinen Sie das denn?«
Nelly bekam große Augen. »Der Versteinerte, das ist doch ein Hammer! Ehrlich. Das kriege ich auch jetzt noch nicht auf die Reine. Was kann denn da passiert sein?«
»Das werden wir schon herausfinden, keine Sorge. Deshalb sind wir ja gekommen.«
Jetzt meldete sich O’Malley. »Dann kommen Sie mal mit. Und Nelly, du hältst hier die Stellung.«
»Klar, Chef.«
O’Malley war zufrieden. Er gab uns ein Zeichen mit dem Kopf, und wir setzten uns auf seine Fersen. Es gab einen Flur, an dem drei Zellen lagen. Keine war besetzt. Eine Hintertür musste erst aufgeschlossen werden, dann betraten wir den Anbau, den wir schon zuvor gesehen hatten. Wir gingen hinein und mussten etwas warten, bis der Kollege das Licht eingeschaltet hatte. Es war kühl, und wir kamen uns vor wie in einem großen Kellerraum, in dem einiges herumstand. Altes Mobiliar war ebenfalls zu sehen wie ein Teppich, der zusammengerollt auf dem Boden lag.
Ich folgte O’Malley ebenso wie Suko. Der Kollege ging vor uns her und blieb vor einem tischartigen Gegenstand stehen, auf dem jemand lag, den wir aber nicht sahen, weil sein Körper abgedeckt war.
Ich ging nahe heran. In der Nähe stand eine Lampe, die O’Malley einschaltete. Sie warf ihr Licht auf den Tisch. Noch war der Tote abgedeckt. Nicht mehr lange. O’Malley zupfte an dem Tuch, und schon lag die Gestalt vor unseren Augen. Im Licht der Lampe war sie gut zu sehen, und wir erkannten hier den Mann vom Bachbett, der Sam Baker hieß.
»Das ist es also«, sagte O’Malley. »Ich bin gespannt, ob Sie beide schlauer sind als ich.«
»Bestimmt nicht«, sagte ich.
»Dann schauen Sie mal.« Der Kollege trat ein paar Schritte zurück, damit er uns nicht störte.
Sam Baker lag zwar auf dem Tisch, jedoch nicht ausgestreckt. Seine Beine waren leicht angewinkelt, und er lag auch nicht auf dem Gesicht, sondern auf der Seite.
Wir betrachteten ihn zunächst aufmerksam und umrundeten auch den Tisch. Angefasst hatten wir ihn noch nicht. Das änderte ich gleich darauf und tastete das Gesicht ab.
Es war hart.
Auch Suko klopfte gegen die beiden Wangen und hatte dabei das Gefühl, gegen Stein zu schlagen. Es war auch Stein, nur musste man sich das erst vor Augen halten, was nicht so leicht zu begreifen war. Das hier war ein Mensch, der durch einen schrecklichen Zauber zu Stein geworden war und dabei sicherlich starke Schmerzen gehabt haben musste.
Suko und ich blickten uns über die Leiche hinweg an. Beide nickten wir, aber nur Suko sprach es leise aus, sodass nur ich es hören konnte.
»Medusa?«
»Ja. Ich sehe im Moment keine andere Möglichkeit.« Bei dieser gemurmelten Antwort spürte ich, dass es mir kalt über den Rücken rann.
»Aber wieso? Warum? Wie kommt sie ausgerechnet hierher? Kannst du mir das bitteschön sagen?«
»Nein.« Meine Augen verengten sich. »Sie ist wieder da, wie auch immer.«
»Sie oder nur Helfer von ihr?«
»Keine Ahnung.«
»Man hat sie der Legende nach vernichtet, indem man ihr den Kopf abschlug«, meinte Suko. »Anscheinend ist sie wieder zurückgekehrt.« Er winkte ab. »Das ist ganz schön verrückt, und wir müssen uns überlegen, was wir tun können.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Eigentlich nichts. Wir können den Toten untersuchen lassen, anschließend kann er begraben werden. Man wird auch nach Angehörigen suchen müssen und wird sich fragen, warum er dorthin gegangen ist, wo man ihn fand, nämlich am Bachbett.«
Meine letzten Worte hatte O’Malley gehört.
»In der
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