1779 - Sie kam aus Atlantis
einfing und in eine starre Säule verwandelte. Ich konnte die Frau anschauen, ohne dass etwas geschah. Auch nach mehreren Sekunden nicht, sodass mir erst mal dicke Steine von der Seele rutschten.
Es war dunkel im Garten, aber ich hielt noch immer meine Lampe in der Hand, und durch sie gelang es mir, die Umgebung ein wenig zu erhellen. So gut, dass auch die Frau in den Schein geriet.
War das eine Medusa?
Ich wusste es nicht. Wenn ja, dann hatte sie sich perfekt getarnt, denn als ich sie anschaute, da kam sie mir mehr vor wie eine Kämpferin, die sich nicht so leicht die Butter vom Brot nehmen lassen würde.
Für eine Frau war sie recht groß. Auch breit in den Schultern. Und das Haar war tatsächlich mehr als blond. Ich empfand es als sehr hell, als wäre jede Strähne einzeln gebleicht worden. Zudem wiesen sie einen leicht gelblichen Schimmer auf. So waren sie nicht mit den Haaren der Vampirin Justine Cavallo zu vergleichen.
Ich schaute mir auch das Gesicht näher an. Es war interessant, aber man konnte nicht von einem weichen Frauengesicht sprechen. Die Züge konnte man schon als recht hart bezeichnen, auch wenn die vollen Lippen dagegen sprachen. Da war nichts schief in ihrem Gesicht, und auch die Augen kamen mir völlig normal vor. Ich schaute in sie hinein und wurde nicht zu Stein. Die Augen erinnerten mich an klare grüne Glasmurmeln. Sie hielten ihren Blick auf mich gerichtet, als wollten sie mich hypnotisieren.
Ich bemerkte keine Veränderung bei mir. Nach wie vor konnte ich mich bewegen, was ich sehr schätzte, und ich fühlte mich der Person gegenüber gleichwertig.
Eine Waffe sah ich nicht an ihr, stellte aber fest, dass sie kampfmäßig gekleidet war. Eine Weste, ein Beinkleid, dazu die Stiefel, nur eben keine Waffe.
Oder doch?
Ich sah eine Bewegung an der rechten Schulter. Vom Rücken her hatte sich jemand in die Höhe gehangelt und kroch nun nach vorn. Es war unhörbar geschehen, und meine Augen weiteten sich, als ich sah, was sich da auf der Schulter zeigte.
Es war der Kopf einer Schlange!
Sogar die Augen sah ich glänzen, und mir fiel auch das Maul auf, das geschlossen war und trotzdem noch Platz für die schmale Zunge hatte, die aus dem Spalt hervorzuckte und gleich darauf wieder verschwand.
Wo ein Kopf war, da gab es auch einen Körper, und ich ging davon aus, dass er sich am Rücken der Frau versteckt hielt. Die Blonde stammte also aus Atlantis. Sie war gekommen, um einen bestimmten Auftrag durchzuführen, das jedenfalls nahm ich an.
Aber wer war sie wirklich?
Hatte ich es hier tatsächlich mit einer Medusa zu tun? Diesmal aber mit einer lebenden und nicht mit einem Schlangenkopf, der in einem Wappen verewigt war.
Ich wusste nicht, was diese Adena von mir wollte. Der Namen jedenfalls hörte sich durchaus atlantisch an, und mir war auch bekannt, dass Atlanter den Untergang überlebt hatten. Bei dieser Frau war das auch möglich, obwohl ich schon meine Zweifel hatte. Es konnte sein, dass sie in kein Raster passte.
Ich ging nicht weg. Ich überlegte. Ich leuchtete sie an. Ich wollte sehen, wenn sie angreifen wollte, und etwas in dieser Richtung musste schon passieren. Personen wie wir konnten keine Freunde sein.
Aber was wollte sie hier? Warum war sie gekommen? War sie ebenfalls in der Lage, Menschen zu Stein werden zu lassen, oder bluffte sie nur? Ich schaute sie noch immer an, ohne dass etwas geschah.
Einige Fragen wollte ich schon stellen, als ich in meiner Nähe das Flattern hörte. Der Windzug von sich heftig bewegenden Flügeln streifte mich, und dann sah ich zwischen uns die beiden dunklen Vögel, die sich einen neuen Platz ausgesucht hatten, und zwar auf den Unterarmen der Adena.
Ich nickte beeindruckt und sagte: »Das ist nicht schlecht. Du hast eine besondere Beziehung zu den Tieren.«
»Nein, nur zu den Raben, die sind meine Tiere, sie mögen mich und ich mag sie.«
»Ja, sie sind Kämpfer. Das habe ich gemerkt, als ich am offenen Fenster stand.«
»Genau. Ich sah dich. Und ich wusste schon längst, dass du gefährlich bist.«
»Woher?«
»Ich habe es nicht nur gespürt, manchmal geistern Namen durch die Zeiten, man spricht von denen, die es gibt und auch von denen, die es gab. Es ist immer etwas Besonderes gewesen. Atlantis ist untergegangen, aber es ist nicht ganz verschwunden, im Gegensatz zu seiner Landmasse. Hier sind die Menschen dabei, etwas Neues aufzubauen, das mit dem Alten verbunden ist.«
»Nein, die Zeiten können nicht zurückgeholt werden«, erklärte
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