1779 - Sie kam aus Atlantis
ich.
»Die Zeiten nicht, wohl aber die Taten. Es gibt die neue Medusa, die zugleich eine alte ist, denn ich habe sie erlebt. Ich wollte sie sein, und ich bin auch sie.«
Der letzte Satz war schwer zu begreifen. Dafür war mir die Aussage umso klarer. Diese Person war sehr wandlungsfähig, und ich konnte mir gut vorstellen, dass in ihr zwei Seelen lebten. Zum einen war sie Adena, eine Persönlichkeit mit eigenem Namen, zum anderen war sie die Medusa, die Menschen versteinern konnte.
Jedenfalls war sie keine Freundin von mir, und ich war auch nicht ihr Freund.
»Ich habe alles gesagt, ich habe dich sogar aufgeklärt, und jetzt ist es wichtig, dass es für mich weitergeht.«
»Tut mir leid für dich, aber ich werde versuchen, das zu verhindern«, hielt ich ihr entgegen.
»Das kann ich dir nicht mal verübeln. Ich würde nicht anders denken.«
»Und was hast du dir so vorgestellt?«
»Es ist meine Nacht, John Sinclair. Meine wunderbare Nacht, und die lasse ich mir nicht zerstören.«
»Das kann ich nachvollziehen.«
»Und du wirst als Erster dran glauben. Ich will dich aus Stein vor mir stehen oder liegen sehen. Dann erst geht es für mich weiter, denn ich muss noch vielen einen Besuch abstatten.«
»Du willst, dass ich zu Stein werde?«
»Ja, das will ich.«
»Und ich soll in deine Augen schauen?«
»Du wirst es müssen.«
»Da bin ich gespannt.«
Das war ich auch, wobei ich noch nicht wusste, wie ich dem Grauen entgehen oder es besiegen konnte. Ich ging nur davon aus, dass es etwas mit den Augen zu tun hatte und dann natürlich mit deren Blick, der sich ändern konnte.
Er war dabei.
Die grüne Klarheit verschwand allmählich, und als ich das sah, da löschte ich das Licht der Lampe, wobei mir die Dunkelheit keinen Schutz bieten würde. Eigentlich gab es für mich nur die Flucht, und das Vorhaben setzte ich in die Tat um. Es sollte keine normale Flucht werden. Ich wollte nur verschwinden und somit ihrem Blick ausweichen.
Ich fuhr herum. Dabei glitt meine Hand zur Beretta hin, aber ich schaffte es nicht, die Waffe zu ziehen.
Das Flattern war da.
Einmal an der rechten, zum anderen an der linken Seite. Adena hatte die Raben geschickt, die bereit waren, ihrer Herrin zu helfen, mich zu Stein werden zu lassen...
***
Als sich die Zimmertür hinter John Sinclair geschlossen hatte, veränderte sich Sukos Gesichtsausdruck. Er zeigte schon eine gewisse Besorgnis, denn was sich sein Freund da vorgenommen hatte, war alles andere als ein Kinderspiel.
Suko würde ihm Rückdeckung geben, aber auch da musste er stark nachdenken. Er konnte das Zimmer verlassen, die Treppe hinablaufen und dann verschwinden.
Das kam ihm nicht in den Sinn, denn er wusste nicht, ob die Medusa oder wer auch immer mit diesem jungen Typen von der Rezeption gemeinsame Sache machte. Deshalb war der Inspektor vorsichtig und wählte für sein Verschwinden einen anderen Weg.
Er ging zum Fenster und öffnete es. Für einen Moment genoss er die kühle Luft und beugte sich dann vor, um sich einen Überblick zu verschaffen. Suko wollte das Haus verlassen. Nur nicht durch die Tür. Er hatte sich für das Fenster entschieden und suchte nun eine Möglichkeit, nach unten zu gelangen.
Zur Not wäre er auch aus dem ersten Stock gesprungen, weil er auf weicher Gartenerde gelandet wäre. Vorerst aber glitt sein Blick über die Hauswand.
Pflanzen wuchsen am Mauerwerk hoch und bedeckten es. Suko blieb nichts anderes übrig, als in den Garten zu springen und zu hoffen, dass er auch günstig aufkam und nicht auf irgendein Hindernis sprang und sich etwas brach. Es war zwar riskant, aber er musste das Risiko eingehen.
Suko holte die Lampe hervor und strahlte in die Tiefe. Er leuchtete den Boden vor dem Fenster aus, und auf seine Lippen legte sich ein zufriedenes Lächeln.
Wenn er sprang, landete er auf einer Stelle, die glatt war und hoffentlich auch weich. Langes Zögern gab es nicht bei Suko. Er kletterte auf die Bank, schaute noch mal kurz nach unten, sackte dann zusammen und stieß sich ab.
Mit beiden Füßen zugleich landete er auf der Erde. Sie gab tatsächlich etwas nach, und Suko, der nach vorn gepresst wurde, kam sofort wieder hoch.
Er hatte sich gut abgefedert, saugte tief die Luft ein, lief ein paar Schritte vom Haus weg, blieb stehen und schaute sich zunächst mal um.
Das Haus war zu sehen, klar. Auch der Garten, in dem es stand. Dabei gab es schon die ersten Probleme, denn als er etwas entdecken wollte, war nichts zu sehen. Keine Details.
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