1780 - Blick in die Hölle
noch was ist, Johnny, dann sag es bitte. Ich werde dann wieder verschwinden.«
»Okay, Dad. Leg dich wieder hin.«
Beide klatschten sich ab, bevor der Reporter verschwand und seinen Sohn allein zurückließ. Johnny wartete noch ein paar Sekunden und ließ sich dann auf sein Bett fallen. Er lag auf dem Rücken. Er schloss auch die Augen, doch er merkte schon bald, dass es nicht so einfach war, Schlaf zu finden. Der Besuch in diesem Hexenhaus hatte sich bei ihm festgesetzt.
Das Augenpaar war wieder da. Und auch seine Farbe. Ein kaltes Blau, das nicht eben auf Gnade, Verständnis und Verlass hinwies.
Und noch etwas traf bei Johnny zu. Er gestand sich ein, dass er Angst hatte. Das ist zwar menschlich, aber das Gegenteil wäre ihm lieber gewesen...
***
Der moderne Quälgeist meldete sich, als ich mich noch in meiner Wohnung aufhielt, und zwar in der Küche. Ich hatte mir etwas gebraut, das unter dem Namen Kaffee lief, fast so schmeckte, aber keinen Vergleich mit Glendas Kaffee aushielt.
Wie schon erwähnt. Plötzlich war der Quälgeist an der Reihe, und ich meldete mich mit einem brummigen: »Wer stört?«
»Oh, spielst du wieder den Coolen?«
»Nein, ganz und gar nicht. Ich wundere mich nur, dass du so früh am Morgen anrufst. Ist doch nicht deine Zeit, Bill.«
»Es geht auch nicht um mich, John.«
»Aha, dann hat man dich vorgeschoben?«
»Ein wenig schon. Aber die Sache ist zu heiß, um auf die lange Bank geschoben zu werden.«
»Dann rück mal raus mit der Nachricht.«
»Es geht um Johnny und um das, was er in der letzten Nacht erlebt hat.«
»Und?«
»Er ist auf Matthias getroffen und damit indirekt auch auf Luzifer.«
Ab nun war es vorbei mit meiner Restmüdigkeit. Es war nur ein erster Anriss gewesen, und ich wusste, dass die folgende Nachricht nichts Freundliches enthalten würde.
Ich fragte: »Wie konnte das passieren?«
»Ja, gute Frage. Und auch: wo konnte das passieren.«
»Und?«
»Auf der Kirmes.«
Ich fühlte mich in diesen Momenten auf den Arm genommen, aber ich wusste, dass Bill Conolly ein Mann war, der so leicht keine Witze machte. Nicht auf diese Art und Weise.
»Bist du noch dran, John?«
»Sicher. Und ich habe mich nicht verhört?«
»So ist es.«
»Dann lass mal hören, wie dein Sohn auf Matthias gestoßen ist.«
Ich bekam die Geschichte zu hören und vernahm auch, dass Bill selbst nicht dabei gewesen war. Er hatte Johnny auch an diesem Morgen nicht früh wecken wollen.
Was Bill mir berichtete, hörte sich nicht mal so unglaublich an. Von der Seite der Hölle war ich einiges gewohnt, aber das war jetzt egal. Ich wollte auch nicht zu stark theoretisieren und sprach Bill auf einen Plan an.
»Ja, den habe ich.«
»Dann lass ihn hören.«
»Ich denke, dass wir gemeinsam auf den Jahrmarkt fahren.«
»Wann?«, fragte ich.
»Nun ja, jetzt. Je früher, desto besser.«
»Aber hat dieser Rummel denn schon geöffnet?«
»Ich denke nicht. Dann kann die alte Hexe uns aufschließen.« Bill lachte. »Die werden wir schon irgendwo auftreiben. Ich sage auch nur alte Hexe, weil ich ihren richtigen Namen nicht kenne. Was sich hoffentlich bald ändern wird.«
»Das hoffe ich. Treffen wir uns irgendwo, oder soll ich zu euch kommen?«
»Komm vorbei. Die Kirmes ist nicht allzu weit von uns entfernt. Sie ist nicht groß, aber jeden Frühsommer erscheinen auf dem Feld die Schausteller.«
»Okay, ich bin schon fast unterwegs. Muss nur noch im Büro anrufen und auch Suko Bescheid sagen.«
»Tu das.«
Das Gespräch war beendet, und ich stand da und dachte nach. Das war der Schock am frühen Morgen gewesen, und ich fragte mich, in was Johnny Conolly jetzt wieder hineingeraten war. Es war der Fluch der Familie, der auch ihn getroffen hatte. Seit einiger Zeit besaß auch Johnny eine Pistole. Wir hatten sie ihm gegeben. Wir hatten keine andere Wahl gehabt, wenn wir wollten, dass Johnny jederzeit in der Lage war, sich gegen Angriffe der anderen Seite zur Wehr zu setzen, auch wenn seine Mutter nicht eben begeistert davon gewesen war.
Ich schloss meine Wohnungstür ab und ging die paar Schritte zu Sukos Apartment, wo er mit seiner Partnerin Shao lebte, die auch öffnete, bekleidet mit einem gelben Bademantel, auf dessen Stoff Drachen gedruckt waren.
»He, du bist es schon. Hast du dich nicht vertan?«
»Nein, ich will mich nur verabschieden.«
»Wieso? Fährst du jetzt bereits?«
»Ja, ich muss zu den Conollys. Sag Suko bitte, dass er mich entschuldigen soll und ich ihn im Büro anrufen
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