1781 - Die Nackten und die Seherin
machte.
Doch wieder mal bewies die andere Seite, wie gut sie informiert war. »Würde John Sinclair auch so handeln?«
Glenda schüttelte den Kopf. »Was hat der denn damit zu tun?«
»Ich habe nur eine Frage gestellt, das ist alles.«
»Das weiß ich nicht.«
»Er würde bestimmt nicht stolz auf dich sein.«
»Ha, da kennst du ihn schlecht. Er würde mir sogar gratulieren, dass ich abgelehnt habe. Es ist nicht unbedingt nötig, sich immer selbst hineinzuhängen.«
»Ich weiß nicht...«
»Aber du kennst ihn?«
»Nicht persönlich.«
»Dann würdest du auch anders reden. Aber ich kann John Sinclair ja Bescheid sagen und ihn über dich informieren. Ist das ein Deal?«
»Darüber werde ich nachdenken.«
»Tu das, aber so schnell wie möglich, damit wir nicht zu viel Zeit verlieren.« Sie nickte Elisa zu. »Das war’s. Halt trotzdem die Ohren steif.«
»Du willst gehen?«
»Ich war schon viel zu lange hier.«
Elisa senkte den Blick. »Schade«, murmelte sie.
»Wir können uns ja später noch mal treffen, wenn du der anderen Seite geholfen hast, in den Himmel oder was weiß ich zu gelangen.«
»Ja, du hast recht.« Elisa lächelte etwas verloren und streckte Glenda die Hand entgegen. »Ich werde zusehen, dass ich hier zurechtkomme und alles ins Reine bringe.«
»Wäre gut.« Glenda schlug ein. Genau das hätte sie nicht tun sollen, denn darauf hatte Elisa nur gewartet. Die Falle schnappte zu, und Glenda verlor auch den Halt mit dem Boden.
Auf der Stelle brach sie zusammen.
Als Letztes schoss ihr noch ein Gedanke durch den Kopf.
Der Händedruck, der verdammte Händedruck ist es gewesen. Danach wusste sie erst mal nichts mehr...
***
Jemand hatte mich angesprochen. Doch so sehr ich mich auch bemühte, ich sah ihn nicht. Er stand irgendwo in der Dunkelheit des Gartens verborgen und ließ mich nicht aus den Augen.
Ich hatte mich auf der Stelle gedreht und wurde in den folgenden Sekunden in Ruhe gelassen, bis ich die Stimme erneut hörte.
»Du musst uns helfen.«
»Ja«, sagte eine andere Stimme, die sich sehr weich anhörte.
»Und weiter?«, fragte ich.
»Du bist einer derjenigen, die uns helfen können.«
»Aha«, sagte ich. »Da seid ihr euch sicher?«
»Ja.«
»Und wie soll ich euch helfen? Wie kann ich jemandem helfen, den ich nicht sehe?«
»Du kannst uns beschützen.«
»Aha, jetzt bin ich also der große Beschützer. Ich bin gespannt, was noch kommt.«
»Nicht viel mehr.«
Ich musste lachen. »Aber wen soll ich denn beschützen? Ich sehe niemanden. Da kannst du reden, was du willst. Ich weiß nicht, wen ich beschützen soll.«
»Wir sind mehrere.«
»Schön. Und wie seht ihr aus?«
»Das wirst du noch zu sehen bekommen.«
Ich hob die Schultern und breitete danach die Arme aus. »Es ist ja alles recht nett, was ich gehört habe, aber mit Stimmen aus dem Unsichtbaren kann ich nichts anfangen.« Ich deutete auf das Haus. »Warum wendet ihr euch nicht an die Bewohnerin?«
»Sie kann nicht alles.«
»Aha. Ihr wisst also über sie Bescheid. Oder sollte ich mich da irren?«
»Nein, du irrst dich nicht. Sie gehört auch zu uns. Wir müssen eine Einheit bilden, dann erst können wir dorthin gelangen, wohin wir wollen.«
»Hört sich nicht schlecht an. Und wo befindet sich das große Ziel?«
»Das wirst du erfahren, wenn du uns hilfst.«
»Zeig dich, dann denke ich darüber nach.«
Ich glaubte nicht daran, dass dies passieren würde. Aber dort, wo die Stimme aufgeklungen war, geriet etwas in Bewegung. Man konnte von einem Luftflimmern sprechen, und wenige Augenblicke später stand der Sprecher vor mir.
Es war ein nackter Mann!
***
Damit hatte ich auch nicht gerechnet und schüttelte erst mal den Kopf. Ich wusste nicht, ob der Körper eine Projektion war, doch er wirkte sehr kompakt und hatte nichts Feinstoffliches an sich. Er hatte auch keine Flügel wie ein Engel, war einfach nur ein nackter Mann mit einem kantigen Kopf, bei dem das Kinn nicht zu sehen war, weil es von einem Bart verdeckt wurde.
Wenn ich nach einem Vergleich suchen wollte, dann musste ich den eines Standbilds aus dem alten Griechenland nennen, denn so ähnlich wirkte die Gestalt, die es geschafft hatte, vom Unsichtbaren ins Sichtbare zu gelangen.
Hier lief die Magie wieder zur Höchstform auf, und natürlich suchte ich nach einer Erklärung. Die fiel mir nicht ein. Darüber war ich nicht traurig. Es gab ja den Bärtigen, der mir sicherlich Antworten geben würde.
Er stand vor mir und spreizte dann die Arme
Weitere Kostenlose Bücher