1787 - Maras Blutlust
war neu für mich. Daran musste ich mich noch gewöhnen.
Ich wog sie noch einige Male kurz in meiner rechten Hand, ging einen Schritt vor und wollte sie so locken.
Genau das gelang mir auch.
Sie lief plötzlich vor, und jetzt hatte sie nur mich im Blick und das, was sie mit mir machen wollte. Auf eine Deckung achtete sie nicht. Sie hatte ihren Körper freigegeben, und genau diese Chance nutzte ich aus.
Ich lief ihr entgegen.
Ich holte aus.
Und dann rammte ich den Pfahl vor. Zum ersten Mal seit Langem pfählte ich mal wieder einen Blutsauger. Es war die perfekte, die klassische Methode, und die Blonde hatte sich regelrecht in den Stoß hineingeworfen. Ich musste nicht nachstoßen. Mareks Pfahl glitt wie von selbst in den Körper der Blonden.
Und das sehr tief!
Meine Hand, die den Pfahl umklammerte, berührte den Körper. Ich sah das blasse Gesicht dicht vor mir. Sicherlich hätte sie jetzt einen Bluttrunk gebraucht, doch den konnte ich ihr nicht geben und wollte es natürlich auch nicht.
Ich hörte sie ächzen. Die Laute drangen stoßweise aus ihrem Mund. Ich rechnete auch mit einem Blutschwall, doch da hatte ich mich getäuscht. Die Gestalt schien leer zu sein, aber an den Ecken des Mundes sah ich etwas Schleim.
Mit einer einzigen Bewegung zog ich den Pfahl wieder aus dem Körper.
Aus den Beinen der Vampirin war die Kraft gewichen. Sie konnte sich nicht mehr halten und kippte nach hinten, dabei knallte sie mit dem Hinterkopf auf eine Tischkante, was ihr nichts mehr ausmachte und auch zuvor nichts ausgemacht hätte, denn als Blutsaugerin verspürte sie keine Schmerzen unter normalen Bedingungen.
Der Tisch hatte ihren Fall nicht aufhalten können. Sie landete am Boden und blieb dort liegen. Auf dem Rücken lag sie und schüttelte sich noch einige Male. Das sah ich, als ich auf sie zuging. In einer bestimmten Distanz hielt ich an. Ich schaute auf sie nieder. Der Pfahl hatte eine tiefe Wunde hinterlassen. Keine zwei Löcher, die einen Tunnel gebildet hätten, aber viel hatte nicht gefehlt, und der Pfahl wäre durch den Körper gegangen.
Der letzte Ausdruck auf ihrem Gesicht war zur Starre geworden. Die Blonde sah aus wie auf einem Film gebannt, allerdings blieb sie nicht starr, sondern erlebte eine Veränderung. Es begann mit dem Zucken der Haut im Gesicht, und dabei nahm es eine andere Farbe an. Es wurde grau wie altes Mauerwerk, das immer stärker zerbröselte, aber nicht aus dem Gesicht fiel.
Was mit ihm passiert war, das war auch mit dem gesamten Körper geschehen. Ich hatte so etwas wie eine alte Blutsaugerin zur Strecke gebracht, die als Mensch kurz vor der Verwesung gestanden hatte. Jetzt war sie nicht mehr. Sie würde nie mehr auf Blutjagd gehen, und auch Justine Cavallo hatte sie nicht schützen können. Seltsam, dass ich wieder an sie denken musste. Irgendwie schwebte ihr Geist über allem, was mit Vampiren zusammenhing.
Den Pfahl hielt ich noch in der Hand. Zum Teil war er feucht geworden von dem, was im Körper der Blutsaugerin gesteckt hatte. Die Waffe hatte ihre Pflicht getan und ich dachte daran, was wohl mein alter Freund Marek dazu gesagt hätte, wenn er Zeuge des Vorfalls hier gewesen wäre. Er wäre bestimmt stolz gewesen. Er war der größte Vampirhasser überhaupt gewesen und war später selbst zu einem Blutsauger geworden, wobei ich ihn hatte vernichten müssen. Das war eine der schwersten Stunden in meinem Leben gewesen.
Die Blonde gab es nicht mehr.
Dafür aber Mara. Und von ihr hätte ich gern einige Erklärungen gehört. Ich drehte mich in eine bestimmte Richtung, weil ich ja wusste, wo sie gestanden hatte.
Aber da stand sie nicht mehr.
Ich sah sie überhaupt nicht mehr in diesem Klassenzimmer. Ich wusste nicht, warum sie verschwunden war, konnte mir aber vorstellen, dass sie ihren eigenen Weg gehen wollte.
Ich hatte noch nicht alles in dieser seltsamen Schule gesehen. Hier konnten noch einige Überraschungen auf mich warten, und ich musste zugeben, dass das Gebäude ein gutes Versteck war.
Was war zu tun?
Jedenfalls würde ich das Haus hier nicht verlassen, zudem musste ich auf Suko warten, um es mit ihm gemeinsam zu durchsuchen.
Die Blonde ließ ich liegen. Es war schon die dritte Person, die nicht mehr lebte. Ich war gespannt, wie viele noch dazukamen. Diese Schule war groß genug. Da konnten sich manche Vampire verstecken und sich plötzlich zeigen.
Ich verließ das Zimmer und blieb im Gang stehen. Keine Menschenseele war zu sehen, auch keine Vampirseele, falls die
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