179 - Der rote Tod
wieviel Kraft in der Wortmagie steckte, die er beherrschte. Ich hatte sie lernen wollen, aber der Hüne hatte mir klargemacht, daß es keinen Menschen gab, der die Worte richtig aussprechen konnte.
Dazu waren nur Dämonen imstande.
Ich verstand diese gutturalen Laute nie ganz richtig. Es hörte sich an wie »Sa-odu kurrzmuk!«
Und diese Worte bewirkten eine Umkehr. Der rote Tod rann nicht mehr in die Spalte, sondern heraus. Er stemmte sich gegen die Kraft der Wortmagie, bäumte sich zornig auf, doch sie zwang ihn aus der Tiefe, brachte alles zum Vorschein; die ganze dämonische Scheußlichkeit mußte sich vor uns ausbreiten.
Ehe sie Mr. Silvers Wortattacke verkraftet hatte, handelten wir. Aus Mr. Silvers Augen stachen wieder Feuerlanzen, deren Treffer den irritierten Feind schrumpfen ließen. Oder zog er sich zusammen?
Mir fiel links neben der Mitte ein dunkelroter, pulsierender Fleck auf. War das so etwas wie ein Herz? Das Zentrum dieses Lebens?
Ich überlegte nicht lange, sondern handelte, indem ich den an der Kette hängenden Dämonendiskus auf diesen dunklen Fleck schlug.
Die milchig-silbrige Scheibe traf mit der Kante und schnitt in die Masse, die ständig in Bewegung war. Im selben Augenblick entfaltete der Diskus seine Kraft.
Die handtellergroße Scheibe setzte Energien frei, die der rote Tod nicht abblocken konnte. Noch dazu, wo sie haargenau seinen Lebensnerv trafen.
An seiner Unterseite bildeten sich ringsherum Krallen, die über den Boden kratzten. Das knirschende Geräusch ging mir durch und durch.
Ich riß den Diskus aus dem Feind und wollte noch einmal zuschlagen, doch Mr. Silver sagte: »Das ist nicht nötig, Tony. Er ist erledigt.«
Der Ex-Dämon spürte das wahrscheinlich. Noch bewegte sich das unförmige Wesen. Es wölbte sich, bildete eine Halbkugel, die eine Höhe von etwa eineinhalb Metern erreichte.
Und dann kam der jähe Zusammenbruch. Die Masse platschte auf den Boden, streckte sich und verblaßte. Sie wurde immer heller und durchsichtiger, und schließlich war sie so transparent wie Luft.
Der Feind war endgültig vernichtet, und ich bedauerte, daß das Travis Cameron nicht mehr erlebt hatte.
Der Reporter des Satans hatte bewiesen, daß er immer noch sehr mutig war, doch er hatte sich übernommen. Mir tat es leid um ihn.
Ich streifte die Kette über den Kopf und ließ den Dämonendiskus wieder in mein Hemd gleiten. Plötzlich hörte ich das Stöhnen eines Menschen. Es kam aus dem dunklen Riß im Boden.
»Tony!« stieß Mr. Silver aufgewühlt hervor. »Das ist Travis Cameron! Er lebt!«
Ich schüttelte voller Bewunderung für diesen Mann den Kopf. »Dieser Teufelskerl.«
Mr. Silver sprang in die Spalte und hievte den Mann, den wir verloren geglaubt hatten, hoch. Ich griff mit beiden Händen zu und zog Cameron heraus. Er war von der Anstrengung gezeichnet, aber er war unversehrt.
»Darf ich ehrlich sein, Travis?« sagte ich. »Als ich Sie da hineinfallen sah, schrieb ich Sie ab.«
»Das ist eben der Fehler von euch jungen Leuten«, tönte der Reporter des Satans und grinste schief. »Ihr werft einfach die Flinte zu schnell ins Korn.«
»Sie wollten sich und uns etwas beweisen«, sagte ich.
»Sehr richtig«, bestätigte Cameron. »Daß ich zwar nicht mehr der Jüngste bin, aber noch lange nicht zum alten Eisen gehöre.«
»Niemand hat das behauptet.«
»Sie haben mich heimgeschickt.«
»Ich werde es bestimmt nicht wieder tun«, versprach ich. »Woher hätte ich wissen sollen, daß Sie noch so gut in Form sind?«
Er nickte verzeihend. »Na schön, Tony, Sie haben recht. Ich wußte es ja selbst nicht.«
Ich hob eine Augenbraue und musterte ihn aufmerksam. »Höre ich da etwa anklingen, daß Sie eventuell die Möglichkeit in Betracht ziehen, in diesen harten Job wieder einzusteigen?«
Er sah mich grinsend an. »Wie würde Ihnen das gefallen?«
Mr. Silver hob den Finger. »Ihnen scheint bei aller Euphorie entgangen zu sein, daß Sie diesen Kampf verloren haben. Wenn, wir dem Monster nicht den Garaus gemacht hätten, würden Sie jetzt mit Sicherheit nicht mehr leben.«
Im Haus läutete das Telefon wieder.
Ich ging hinein.
Travis Cameron holte seine Pumpgun vom Nachbargrundstück, und Mr. Silver rief James Lukas, seine Frau und den Jungen zurück.
Der Anrufer war Tucker Peckinpah. Er sagte, er habe es schon mal versucht.
»Ich hab’s gehört«, antwortete ich, »aber ich konnte leider nicht rangehen. Ich war verhindert.« Ich erzählte ihm, warum, und sagte ihm, daß
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