1791 - Im Dorf der Verdammten
zurück in die Hexenwelt zu gelangen. Sie wusste mehr, viel mehr, aber sie war auch gnadenlos, das durften wir nicht vergessen. Und wir rechneten zudem damit, dass sie Hilfe erhalten würde. Ob hier oder wieder in der anderen Dimension, das stand noch nicht fest. Vielleicht besaß auch sie die Macht, mit den Dimensionen zu spielen und sie so hin und her zu schieben.
Ich ließ sie aufstehen. Dabei behielt sie uns im Auge. Ihre Blicke waren kalt. Freunde würden wir nie werden.
Ich nickte ihr zu und Bill presste ihr die Mündung seiner Waffe in den Nacken.
»Du weißt, dass du gegen uns keine Chance mehr hast. Das musst du einsehen.«
»Das glaube ich nicht.«
»Doch, das ist so. Allein bist du zu schwach, und Helfer hast du nicht. Zudem hast du nicht verhindern können, dass die andere Welt wieder verschwand, denn ich glaube nicht, dass du froh darüber bist.«
»Das stimmt.«
Ich war überrascht, dass sie mit uns sprach, und legte sofort eine Frage nach. »Wie ist es möglich, dass wir die Dimensionen wechseln konnten?«
Sie schnaufte. Auf eine Antwort warteten wir vergeblich. Ich stellte die Frage noch mal, denn es war wichtig für uns, dass wir eine Antwort von ihr bekamen.
Diesmal klappte es.
Zuerst zischte sie die Luft aus dem Mund, dann wütete sie gegen mich. »Es ist deine Schuld gewesen. Durch dich verschwand unsere Welt. Ich gebe es nicht gern zu, aber es ist so gewesen.«
»Ich? Das überrascht mich. Was habe ich denn getan?«
»Nicht du.«
»Sondern?«
»Dein Kreuz!«
Daher also wehte der Wind. Die Magie des Kreuzes war so stark gewesen, dass sie die andere Kraft zurückgedrängt hatte. Darauf wäre ich nicht gekommen. Nicht schlecht …
Ich sah zu Bill hin, der breit grinste. Er war wieder obenauf.
»Und jetzt werden wir die Dinge ins Lot rücken«, sagte ich, »denn wir wollen mehr über diese Welt erfahren, die es eigentlich nicht geben darf. Wer lebt dort? Wer hat dort das sagen? Das bist doch nicht nur du allein. Oder wie sehe ich das?«
Irma schüttelte den Kopf. »Du kannst fragen, was du willst, ich werde dir keine Antwort geben.«
»Dann wirst du getötet«, sagte Bill. »Es ist bestimmt nicht schön, den Hexentod zu erleben. Wir kennen das. Wir haben es schon öfter gesehen. Es ist ein grausames Sterben, ein Verbrennen ersten Grades. Das solltest du wissen.«
»Es macht mir nichts aus.«
»Ach, und das sollen wir dir glauben? Da kann ich nur lachen.« Bill starrte sie an. »Ich will die Wahrheit hören, nur die Wahrheit und nichts anderes.«
Nach diesen Sätzen drückte er ihr die Mündung auf das Kinn. Er gab der Waffe einen leichten Druck und schob mit der Mündung ihren Kopf in den Nacken.
Sie schwieg.
Ich sah, dass Bill seinen Mund bewegte. Er wollte wieder etwas sagen, doch ich kam ihm zuvor.
»Wenn sie nicht reden will, denn sollten wir es akzeptieren.«
Bill lachte überrascht. »Und weiter?«, fragte er dann.
»Das ist es gewesen.«
»Nein, bitte nicht. Du willst dich doch nicht lächerlich machen. Das ist eine Kapitulation, das ist Aufgabe. Diese Chance bekommen wir nie wieder.«
»Doch, Bill, doch.«
»Und wie?«
»Irma wird uns den Gefallen tun und uns zurück in die andere Zeit oder Dimension bringen. Ich denke mir, dass sie dazu fähig ist. Oder nicht?«
»Ich weiß es nicht.«
Mit dieser Antwort kam sie bei uns nicht an. »Wieso weißt du es nicht?«
»Weil ich eine andere Meinung habe. Und auch das entsprechende Wissen besitze.«
»Welches Wissen?«
»Das um die andere Welt.«
»Die der Verdammten?«
»Ja.«
Wir waren beim Thema. »Und wieso ist es das Dorf der Verdammten gewesen?«
»Die Menschen damals haben sich auf eine Seite gestellt, die mir nicht gefiel. Sie haben allesamt Schuld auf ihre Schultern geladen, aber sie wollten es nie zugeben, und das finde ich schlimm. Irgendwann sind sie dann geholt worden, weil die Hölle einen neuen Stützpunkt brauchte. Der Teufel wollte es so, denn der Teufel liebt die Hexen, wenn sie ihm nicht zu mächtig werden.«
Aha! In meinem Kopf flammte ein Licht auf. Jetzt kamen wir der Sache allmählich näher. Das eine Wort hatte mich aufmerksam werden lassen.
»Aber es gab jemanden, der ihm zu mächtig wurde.«
»Ja.«
»Willst du mir nicht den Namen sagen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Du kennst ihn doch schon. Lasst lieber alles ruhen. Sonst gibt es nur Unruhe.«
»Der Teufel hat einiges an die Schattenhexe Assunga abtreten müssen und die Ehre des Satans in den Dreck getreten«, sagte ich.
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