1794 - Die Zombie-Braut
nicht.
»Natürlich bist du richtig im Kopf, Dirk.«
Der Bräutigam lachte. »Das sagst du so. Wahrscheinlich bilde ich mir das alles ein. Das ist doch nicht normal, dass man plötzlich jemanden anfasst und keine Haut mehr fühlt, sondern einfach nur Knochen. Ja, das ist mir widerfahren. Ich bin mir sicher, Harry, aber als ich dann das Licht einschaltete, da sah Maria aus wie immer, und jetzt stehe ich auf dem Schlauch, denn ich weiß nicht, was ich tun soll. Der einzige Halt, den ich habe, das bist du.«
Darauf ging Harry nicht ein. Er wollte wissen, ob Dirk schon mit seiner Braut über das Thema gesprochen hatte.
»Nein, das habe ich nicht. Werde ich auch nicht tun und auch nicht darüber, dass ich den Eindruck habe, dass Maria es nicht oder kaum nötig hat, zu atmen.«
Harry hob seine Hände. »Moment mal, du sagst, dass sie nicht geatmet hat?«
»Hat sie nicht. Oder kaum.«
Stahl wiegte den Kopf. »Das ist natürlich ein hartes Stück. Und dann noch am Tag der Hochzeit.«
»Das kannst du laut sagen.«
Harry Stahl streckte seine Hände vor. »Aber jetzt sag nur nicht, dass du die Hochzeit absagen willst.«
»Am liebsten schon.«
»Das ist Quatsch.«
»Ja, ich weiß. Aber so wie ich es mir vorgestellt habe, wird das nicht werden.«
»Das liegt an dir.«
»Eben. Und ich müsste ein perfekter Schauspieler sein, was ich natürlich nicht bin.«
Harry Stahl nickte. »Das ist natürlich eine Zwickmühle. Hast du auch mal mit dem Gedanken gespielt, dass du dir alles nur eingebildet haben könntest?«
»Ja, das habe ich.«
»Und?«
»Ich will es hoffen. Ja, ich will hoffen, dass ich es mir nur eingebildet habe. Aber ich kann nicht so recht daran glauben. Das ist alles so intensiv gewesen, Harry. Aber was erzähle ich dir das denn? Du bist derjenige, der es verstehen kann. Du wirst doch geholt, wenn es plötzlich Fälle gibt, bei denen die Leute mit den normalen Methoden nicht mehr zurechtkommen. Und deshalb bin ich ja so froh, dich hier zu haben, wenn du verstehst.«
»Klar.«
»Danke.«
»Aber glaubst du wirklich daran, dass sich deine Braut verwandeln kann?«
»Ich will es nicht hoffen.«
»Du hast sie sonst nie so erlebt?«
»Ja.«
»Da sollte man dann schon nachdenken. Das will ich ehrlich sagen, mein Guter.«
»Ist das dein Ratschlag?«
»Unter anderem.«
»Sorry, ich weiß nicht, ob ich damit etwas anfangen kann. Es ist ja alles sehr theoretisch.«
»Klar, Dirk, das begreife ich.« Harry beugte sich leicht vor. »Ich will mich ja nicht in den Vordergrund spielen, aber ich verspreche dir, dass du zumindest nicht allein auf weiter Flur stehst.«
Dirk Rossmann konnte plötzlich lächeln. »Ja, das ist schon wahr. Darüber freue ich mich auch. Jedenfalls wirst du die Augen offen halten, Harry.«
»Versprochen.«
Dirk Rossmann nickte. Er wollte noch etwas sagen, aber das schaffte er nicht mehr. Er schaute an Harry vorbei und sein Blick veränderte sich.
Dann lächelte er und Harry hörte eine Frauenstimme, die sagte: »Hier finde ich dich.«
Stahl drehte sich nach links. Er hatte die junge Frau noch nie gesehen, aber er wusste sofort, dass es sich dabei um Maria Alvez handeln musste. Harry stand auf, lächelte und ließ die Frau nicht aus den Augen.
Bei ihrem rötlich-blonden Haar sah man sofort, dass sie es gefärbt hatte. Es war recht lang und umrahmte ein Gesicht, das weich und fraulich war. Der Mund mit den vollen Lippen fiel besonders auf. Gekleidet war sie sehr lässig. Sie trug eine weiße Hose, ein grünes T-Shirt und eine schwarze dünne Jacke.
»Dann darf ich mich mal vorstellen«, sagte Harry und nannte seinen Namen.
Marias Augen weiteten sich. »Oh, Sie sind das!«
»Kennen Sie mich?«
»Ja und nein. Dirk hat mir viel von Ihnen erzählt. Sie sind gewissermaßen sein Vorbild. Er wollte unbedingt, dass Sie zu unserer Hochzeit kommen.«
»Das habe ich mir auch nicht nehmen lassen und freue mich, Sie kennengelernt zu haben.«
»Danke, gleichfalls.«
Harry blieb freundlich. Seine Gedanken drehten sich allerdings um etwas anderes. Er hatte versucht, einen Blick in die Augen der Braut zu erhaschen. Das war ihm auch gelungen, er hatte die Augen gesehen und hatte dabei das Gefühl gehabt, dass sie nicht lebten. Sie waren recht cool geblieben. So konnte man darüber nachdenken, ob Maria es ehrlich gemeint hatte oder nicht.
Jetzt aber strahlte sie ihren Bräutigam an und hakte sich bei ihm ein. »Gehen wir?«
»Gut. Und wohin?«
»Aufs Zimmer. Ich muss mich bald umziehen, und
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