1794 - Die Zombie-Braut
Harry noch nichts entdeckt, was ihn außer Tritt gebracht hätte. Er hoffte, dass er trotz allem eine angenehme und auch normale Trauung erlebte.
Harry ließ dem Paar einen gewissen Vorsprung, bevor er ihm nachging.
Auch das war normal.
Nicht normal aber war der Geruch, der seine Nase streifte, denn es stank leicht nach Verwesung …
***
Sie kam – endlich!
Dirk Rossmann fiel ein Stein vom Herzen. Er wäre ihm unangenehm gewesen, noch länger zu warten und dabei von den Besuchern angestarrt zu werden.
Sie starrten zwar immer noch, aber nicht mehr ihn an, sondern das in die Kirche kommende Paar. Ein stolzer Vater, der seine Tochter zum Traualtar führte.
Dirk versuchte, sich auf den Mann an Marias Seite zu konzentrieren. Er kannte ihren Vater nicht. Da hätte jeder x-beliebige Mensch Maria zu ihm bringen können, ihm wäre dabei nichts aufgefallen.
Dirk sah seine Braut zum ersten Mal im Hochzeitskleid. Sie hatte immer ganz in Weiß heiraten wollen, und den Traum hatte sie sich auch erfüllt.
Das Kleid reichte bis zu den Fußknöcheln. Es hatte vorn kaum einen Ausschnitt, dafür war es rückenfrei. Die Hände der Braut und die Unterarme steckten in langen Handschuhen. Auf einen Schleier hatte sie auch nicht verzichtet. Allerdings bedeckte er nicht das Gesicht. Im Haar war er befestigt worden. Der dünne Stoff floss in den Nacken und über den Rücken, sodass das Gesicht frei lag.
Dirk schaute hinein.
Ja, das war seine zukünftige Frau, die für ihn so perfekt aussah. Man hatte sie geschminkt, aber nicht zu stark, sondern genau richtig. Auch die Lippen waren nicht zu kräftig angemalt worden. Auf ihnen schimmerte ein leicht silbriger Gloss.
Sie kam näher. Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich. Er blieb nicht mehr so starr, denn jetzt legte sich ein leichtes Lächeln auf ihre Lippen.
Auch die Orgel spielte jetzt. Es wurde feierlich, was Dirk Rossmann gut gefiel. Eine Orgelmusik gehörte einfach dazu.
Das etwas bedrückende Gefühl, das ihn bisher gepackt hielt, verschwand allmählich. Alles, was ihn vorher gestört hatte, wurde in den Hintergrund gedrängt, es ging ihm wieder viel besser, und er konnte breit lächeln und seiner Liebsten so zeigen, dass er sich auf diesen Tag freute.
Sie kam näher und näher. Der Mann an ihrer Seite musste ihr Vater sein. Aber so sicher war sich Dirk nicht. Sie hatte immer ein kleines Geheimnis um ihre Eltern gemacht. Er hatte bis zum heutigen Tag nur ihre Mutter kurz gesehen.
Maria kam. Er sah den Glanz in ihren Augen, und dann musste sie noch zwei Schritte hinter sich bringen, um die kleine Bank zu erreichen.
Der Pfarrer stand in der Nähe und sprach sie an. »Kommen Sie bitte, kommen Sie …«
»Schon gut.«
Dirk reichte ihr die Hand, nachdem Maria ihren Begleiter losgelassen hatte. Der zog sich zurück. Wo er sich hinstellte und wartete, sah Dirk nicht. Er hatte nur Augen für die Braut, die in ihrem Kleid so toll aussah.
Das sagte er ihr auch.
»Meinst du?«
»Es ist nicht gelogen.«
»Danke.«
Sie stellte sich neben ihn, und Dirk zuckte leicht zusammen, weil er das Gefühl hatte, etwas zu riechen, das überhaupt nicht hierher in die Kirche passte.
Einen schwachen Modergeruch …
Er sagte nichts, warf nur der neben ihm stehenden Braut einen Blick zu, die wohl nichts gerochen hatte, zumindest zeigte sie keine Reaktion.
Auch egal …
Und dann war der Pfarrer an der Reihe, als das Orgelspiel verstummt war. Er hielt eine kleine Rede, sagte etwas über die beiden Menschen, was nicht eben speziell war, sondern recht allgemein, und er wünschte dem Paar Glück.
Es gab keine Messe. Es wurde nicht gesungen, und es wurde auch nicht gebetet. Es war eine ungewöhnliche Trauung. Eine, die gar keine Kirche gebraucht hätte, aber darüber dachte Dirk Rossmann nicht nach. Er hatte nur Augen für seine Frau, die jetzt so dicht bei ihm stand. Erst jetzt fiel ihm auf, dass sie den Sitz des Schleiers verändert hatte, denn er fiel nun vor ihr Gesicht.
»Sie müssen mir die Ringe geben«, flüsterte der Pfarrer, »ich hätte sie schon längst haben müssen. Hoffentlich wird das später herausgeschnitten.«
»Was meinen Sie damit?«
Der Pfarrer winkte ab. »Schon gut, wir werden uns jetzt auf die Trauung konzentrieren, und dann hoffe ich, dass die Leute alles im Kasten haben und nichts wiederholt werden muss.«
Es waren Worte, die Dirk Rossmann nicht nachvollziehen konnte oder auch wollte. Sie hatten ihn durcheinander gebracht und vom Wesentlichen abgelenkt.
Und
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