1794 - Die Zombie-Braut
die hatte er!
***
Es gibt Menschen, die lassen sich auch in Stresslagen nicht von den alltäglichen Dingen abhalten. Zu diesen Leuten gehörte Harry Stahl. Was er da erlebt hatte, das war schon ein Hammer, aber es hatte noch keine Opfer gegeben, und das empfand er als sehr positiv.
Zur Normalität gehörte bei ihm das Essen. Er verspürte einen leichten Hunger, Durst hatte er auch, und im Biergarten fand er einen leeren Zweiertisch, an dem er Platz nahm und sich bei der Bedienung erkundigte, welche Kuchen denn zur Auswahl standen.
Es waren mehrere, und Harry entschied sich für einen Apfelkuchen. Er freute sich darauf und auch auf den Kaffee, den er dazu bestellt hatte. Erst mal durchatmen und abwarten.
Die meisten Gäste gehörten zur Hochzeitsgesellschaft. Hin und wieder fing Harry Fetzen ihrer Gespräche auf und erfuhr, dass sie eine Statistentruppe waren, deren Job es war, hier zu feiern und noch dafür bezahlt zu werden. Nur betrinken sollte sich keiner. Zumindest nicht am Nachmittag. Harry erhielt seinen Kaffee und Kuchen serviert. Seine Augen weiteten sich, als er das große Stück sah. »Das reicht ja für zwei Leute.«
»Sie sollen ja bei uns satt werden.«
»Das werde ich sicher.«
Ein Klecks Sahne lag neben dem Kuchen, und Harry ließ es sich schmecken. Er hatte Hunger, es tat ihm gut, den Frieden in seiner Umgebung zu genießen, denn er wusste, dass es noch längst nicht vorbei war. Es gab das Rätsel weiterhin und er glaubte auch daran, dass Dirk Rossmann in Gefahr schwebte.
Eine normale Hochzeit war zu einem Fall geworden. Harry Stahl wusste das. Nur war es ihm nicht möglich, irgendwelche Hintergründe zu erkennen. Bei der Frau wusste er nicht, um wen es sich handelte. War sie noch ein Mensch oder war sie ein Mittelding zwischen Mensch und Zombie, also eine lebende Tote? Und wer war der Hundesohn, der ihn niedergeschlagen hatte?
Darüber dachte er auch nach und ging davon aus, dass beide Fälle zusammengehörten.
Was tun?
Es musste in Dirk Rossmanns Nähe bleiben. Besonders in der Nacht. Die Dunkelheit konnte leicht für einen plötzlichen Angriff genutzt werden. Und ob sich sein Kollege allein wehren konnte, war ebenfalls fraglich.
Harry überlegte, ob er sich woanders Rat holen sollte. Nicht hier in der Nähe, auch nicht in Deutschland, sondern im Ausland, in London, wo sein Freund John Sinclair lebte. John arbeitete für Scotland Yard und war für die Fälle zuständig, die nicht in die Normalität passten. Er kannte sich aus in den dunklen Gefilden der Hölle und stand den Mächten der Finsternis als Feind gegenüber.
John wusste Bescheid. Ob Vampir, Werwolf oder Zombie, ihn konnte so leicht nichts aus der Bahn werfen. Das hatte Harry mit ihm zusammen schon öfter erlebt, wenn sie sich gemeinsam um einen gefährlichen Fall gekümmert hatten.
Es war klar, dass er den Geisterjäger nicht herkommen lassen konnte, er würde zwar kommen, wenn er Zeit hatte, aber das dauerte etwas und war an diesem Tag nicht mehr zu schaffen.
Dennoch wollte Harry mit seinem englischen Freund über den Fall reden. Vielleicht konnte John ihm ja den einen oder anderen Hinweis geben. Und so probierte es Harry Stahl mit der Handynummer seines Freundes.
Es vergingen Sekunden der angespannten Wartezeit, und er wollte die Verbindung schon unterbrechen, als sich John dann doch noch meldete.
»Aha, er ist doch da«, sagte Harry.
Für einen Moment war Pause. John musste erst nachdenken. Dann hatte er es geschafft, herauszufinden, wer da angerufen hatte. Er lachte und sagte dabei: »Das kann nur Harry Stahl sein.«
»Ja, der ist es. Grüß dich, mein Freund. Und gleich die nächste Frage. Störe ich dich?«
»Nein.«
»Das ist gut.«
»Und was hast du auf dem Herzen?«
»Das ist nicht so leicht zu sagen. Zumindest brauche ich deinen Rat.«
»Gut. Also nicht meine Anwesenheit.«
»So ist es, John.«
»Und weiter?«
»Nun ja, ich habe hier ein Problem in einer idyllischen Gegend am Bodensee. Es geht um eine Hochzeit, zu der ich eingeladen bin, und auch um einen weiblichen Zombie, denke ich.«
»Oh, kleiner hast du es nicht?«
»Leider nein.«
»Dann bin ich ganz Ohr.«
Darauf hatte Harry Stahl gewartet. Jetzt konnte er dem Geisterjäger die ganze Geschichte erzählen, und dann war er gespannt darauf, was ihm sein Freund sagte.
Zwischendurch trank er von seinem Kaffee und war froh, dass John ihn nicht abgewiesen hatte, sondern den Fall aufnahm. Auch für ihn war es nicht einfach, etwas zu erklären,
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