1794 - Die Zombie-Braut
dem Friedhof hier um die Ecke.«
»Nein, du …«
»Ruhig, Dirk. Es ist mir nichts passiert, und zwar in dem kleinen Leichenhaus. Ich hatte Glück, dass es mich nicht zu hart erwischte, aber es gibt da schon einen zweiten Zombie und vielleicht auch einen dritten oder vierten.«
»Das macht mir Angst, Harry.«
»Wir werden die Augen offen halten.«
Dirk Rossmann lächelte. »Und auch Zombies jagen?«
»Wenn es möglich ist, schon.«
Das hatte sich Harry Stahl fest vorgenommen. Allerdings hatte er auch Skrupel, wenn es darum ging, sich auf Maria Alvez zu konzentrieren. Sie war schließlich die Braut seines Kollegen. Noch stand nicht fest, ob sie tatsächlich ein weiblicher Zombie oder ob etwas anderes mit ihr geschehen war.
»Jetzt wird es natürlich problematisch für mich«, sagte Dirk.
Harry fragte: »Was hattest du denn vor?«
»Feiern.«
»Das ist wohl nicht mehr drin.«
»Wie man’s nimmt, Harry. Die Gäste werden es auch tun. Sie sind eingeladen. Sie werden drüben ins Gasthaus gehen, wo schon gedeckt ist. Dort wird gegessen und getrunken. Das hat alles die Familie Alvez in die Wege geleitet, wobei sie mir nicht gesagt hat, wie sie es drehen will. Du hast ja gesehen, dass die Menschen leicht zu beeinflussen sind. Sie werden manipuliert, ohne dass sie es merken.«
»Das ist wohl wahr, und eine Tafel, an der normale Menschen und Zombies beisammen sitzen, kann ich mir nicht vorstellen. Aber Fantasie haben unsere Gegner. Das alles hier als Filmdreh zu deklarieren – allerhand, muss ich schon sagen.«
»Raffiniert gemacht.«
Dirk schielte auf seine Uhr. »Dann werde ich jetzt mal verschwinden.«
»Und wohin willst du?«
»Auf mein Zimmer.«
»Ist das nicht euer Zimmer?«
»Ja, stimmt schon. Ich kann mir nur nicht vorstellen, dass Maria auch dort ist. Aber wenn sie doch da ist, würde mir das schon gefallen. Außerdem müssen wir den Schein wahren und uns beim Essen sehen lassen. Sonst fällt es auf. Da kann der Himmel einstürzen, Hunger haben die Gäste immer.«
»Und Durst«, fügte Harry hinzu.
»Das auch.«
»Okay«, sagte der Agent. »Ich lasse dich jetzt gehen. Solltest du Probleme haben, ruf mich an. Ich bleibe in der Nähe deiner Suite. Zum Glück liegt sie unten.«
»Warum zum Glück?«
»Man kann sie leicht über den Balkon erreichen. Und da wäre es nett, wenn du die Tür offen lässt.«
»Ja, ich werde mich bemühen …«
***
Dirk Rossmann hatte sich in seiner Fantasie einen Besuch bei seiner Braut anders vorgestellt. Sie wäre jetzt schon seine Frau gewesen. Dass es dazu nicht gekommen war, konnte er als einen Wink des Schicksals ansehen.
Das Bild würde er nie vergessen können. Ihr Gesicht, das kein normales mehr war. Es war zu einem abstoßenden Schädel geworden. Da hatte er sich nicht geirrt.
Und warum das alles?
Das war genau die Frage, auf die er keine Antwort wusste. Wie konnte es nur zu einer derartigen Verwandlung kommen? Wer war diese Frau, die ihn so lange hatte täuschen können? Darüber machte er sich schon Gedanken, und er dachte daran, dass ihn die Liebe wirklich blind gemacht hatte. Sonst hätte er etwas merken müssen.
Und dann gab es noch ein Problem. Maria war von einem Mann in die Kirche geführt worden, mit dem er nichts hatte anfangen können. Er war ihm unbekannt gewesen, aber es gab ihn, und es gab auch die Gestalt, die Harry niedergeschlagen hatte.
Wer?
Ein Helfer. Einer, der auf ihrer Seite stand. Genau, denn eine andere Möglichkeit gab es für ihn nicht. Ihr Vertrauter, ihr Freund oder wie auch immer.
Dirk wusste es nicht, und er wollte es auch nicht unter allen Umständen herausfinden. Sollte der Zufall es ans Tageslicht bringen, ihm war das egal.
An eine Hochzeit dachte er nicht mehr. Zumindest nicht an eine Hochzeit mit der Frau, die Maria Alvez hieß. Das war für ihn gestorben. Er musste sich auf etwas Neues vorbereiten, auf einen neuen Lebensabschnitt, und er fragte sich zugleich, wie Marias Verwandtschaft wohl auf den Vorgang reagiert hatte.
Verwandtschaft? Bei diesem Begriff stolperte er. Nein, er glaubte nicht daran. Das war keine echte Verwandtschaft, das war Staffage. Die Menschen hatte man engagiert, damit sie mitspielten. Doch von einer Verwandtschaft konnte man nicht sprechen. Daran wollte er auch nicht glauben. Auch der Typ, der Maria in die Kirche geführt hatte, war für ihn kein Verwandter mehr.
Eine Hoffnung gab es noch. Das war sein Kollege Harry Stahl. Auf ihn konnte er sich verlassen. Harry war ein Mann, der
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