1795 - Der Beißer
dabei sein konnte und sie möglicherweise profitieren konnte.
»Er wird nicht die Wahrheit sagen.«
»Und warum nicht?«
Da schaute sie mich kalt an. »Weil ihr nicht die harten Burschen seid, die so etwas richtig durchziehen.«
»Du meinst mit Folter?«
»Auch.«
Ich schwieg. Auch Suko hielt sich zurück. Wir wollten dieses Thema nicht näher erörtern. Es war jetzt wichtig, dass wir diese ungastliche Stätte verließen.
Es war doch nicht so gut, wenn wir unseren Mann nach draußen kriechen ließen. Er war zwar nicht in der Lage, normal zu gehen, aber mit unserer Hilfe würde er es schon schaffen. Da sprachen Suko und ich uns ab.
Wir gingen zu ihm und blieben seitlich von ihm stehen. Er schaute vom Boden her nach rechts, sah mich, dann sah er Suko links und fing an zu lachen.
»Was wollt ihr Hundesöhne denn?«
»Dich anheben, mein Freund. Dir helfen, wenn wir nach draußen gehen. Wir hätten dich auch kriechen lassen können, aber so sind wir nicht. Er wäre auch zu …«
»Hör auf, verdammt.«
»Schon gut.« Wir bückten uns und zogen den Beißer in die Höhe. Auch dabei waren wir vorsichtig, denn seinen Kopf konnte er bewegen und es wäre kein Problem gewesen, uns in die Wangen oder auch die Hälse zu beißen.
»Eine falsche Bewegung, und es ist mit dir vorbei«, drohte ich ihm.
»Angst?«
»Nein, höchstens um dich. Wir wollen, dass du noch lebst, und du doch sicherlich auch.«
»Wer weiß …«
Ich begriff die Antwort nicht so ganz, aber kurze Zeit später sollte ich sie begreifen.
Zunächst war Suko an der Reihe. Er tat das, was getan werden musste. Er öffnete die Tür und schaute in das Dunkel der Nacht. Zu sehen war nichts. Wir merkten nur, dass auch Wanda nach draußen wollte und sich schon dicht hinter uns aufgebaut hatte.
»Irgendetwas ist nicht richtig«, sagte sie.
»Und was?«, fragte Suko.
Sie drängte sich an uns vorbei. »Dass wir hier ziemlich gut im Licht stehen.«
Der Meinung war ich auch.
»Und dann gebe ich noch etwas zu bedenken. Der Beißer ist nicht allein gekommen. Ich weiß, dass er gebracht wurde. Aber wo sind der Fahrer und …«
Sie hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, als die Schüsse fielen …
***
Diesmal wurde kein Schalldämpfer benutzt. Dass wir im Licht standen, das stimmte. Unsere Schrecksekunde hielt sich in Grenzen. So tauchten wir beide rechtzeitig ab und rissen dabei den Beißer mit, denn den hielten wir ja noch fest.
Es klappte nicht so ganz.
Wir lagen zuerst, er kippte noch, und während er kippte, hörten wir die Einschläge der Kugeln in seinen Körper. Es klatschte dumpf, er zuckte zusammen, dann lag er am Boden, und im Wegdrehen sah ich noch, dass sein Gesicht durch einen oder zwei Treffer fast restlos zerstört worden war.
Mir war klar, dass er nicht mehr lebte, aber es ging weiter. Auch Wanda musste gesehen haben, was mit ihm passiert war. Sie fing an zu schreien und rannte einfach weg.
Ja, sie lief nach vorn.
Ich schrie noch etwas hinter ihr her, aber das konnte sie nicht stoppen.
Wieder fielen Schüsse.
Ich hechtete erneut zu Boden, was ich möglicherweise gar nicht gemusst hätte. Wanda aber wurde erwischt.
Sie schrie nicht mal, als die Geschosse sie trafen. Sie lief nur nicht normal weiter, sondern geriet ins Stolpern und kippte dann zur rechten Seite hin weg.
Wir hörten einen Schrei, dann krachten auch keine Schüsse mehr.
Wanda blieb auf dem Bauch liegen. Von ihr hörten wir nichts mehr, was alles andere als ein gutes Zeichen war.
Keine Schüsse mehr. Eine Stille, die mir nicht gefiel. Dann wurde sie durchbrochen. Ich glaubte so etwas wie Schritte zu hören. Bei diesem Gedanken sprang ich auf, und dann hörten wir, wie ein Motor angelassen wurde. Ein Wagen fuhr an, und wenig später war er weg. Er fuhr nicht mit Licht, denn es waren keine Heckleuchten zu sehen.
Eine Verfolgung konnten wir uns sparen. Wir wussten nicht mal, wen wir verfolgen sollten. Aber wir wussten, zu wem wir gehen mussten.
Wanda lag in der Nähe. Noch immer auf dem Bauch. Ich leuchtete, und Suko half mir, die Frau umzudrehen.
Die Einschüsse waren nicht zu übersehen. Eine Kugel hatte ihren Hals durchschlagen, eine zweite steckte in ihrer Brust. Aus ihrem offenen Mund wehte kein Atem mehr.
Suko sah mich an, ich schaute auf ihn. Er schluckte, ich schluckte ebenfalls und saugte den Atem tief ein.
»Sorry, aber wir haben es nicht verhindern können«, sagte ich mit leiser Stimme.
»Ja, das ist so.«
Ich schloss der Frau die Augen.
Ja,
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