1798 - Drei Henker für Sinclair
Nichte. Sie erkundigte sich, ob wir noch etwas trinken wollten oder sie uns einen anderen Gefallen tun könne.
Sir Gerald gab die Antwort als Erster. »Für mich bitte nichts. Was ist mit dir, John?«
Ich wollte sie nicht aufhalten und sagte: »Ich brauche auch nichts mehr. Vielen Dank.«
»Gut, dann bin ich weg.«
Sir Gerald lachte etwas kratzig. »Nein, nicht so schnell. Sie können unseren Gast noch zur Tür bringen. So höflich wollen wir doch sein, nicht wahr, Angela?«
»Natürlich.«
Es lief alles völlig normal ab. Ich hatte keinen Grund, misstrauisch zu sein, doch wenn ich ein schnelles Resümee zog, dann wurde ich schon etwas nachdenklich. Ich hatte den Eindruck, eine kleine Show erlebt zu haben. Wie dieser Eindruck entstanden war, wusste ich selbst nicht. Möglichweise ein angeborenes Misstrauen.
Die Hand des alten Mannes streckte sich mir entgegen. Ich schaute in Sir Geralds Gesicht, auf dessen Lippen sich ein Lächeln zeigte.
»Es war mir eine Freude, den Sohn meines Freundes Horace begrüßen zu können.«
»Danke.«
»Und solltest du weitere Fragen haben, ich stehe dir jederzeit zur Verfügung.«
»Wunderbar. Ich darf mich herzlich bedanken.«
»Keine Ursache.«
Erneut hatte ich den Eindruck, dass wir uns hier etwas vorspielten. Das alles war nicht echt. Ich hatte zwar einiges zu hören bekommen und war froh, dass mein Vater sich anders entschieden hatte, aber weitergeführt hatte mich das alles nicht. Über die drei Henker hatte ich nichts Neues erfahren.
Und die Frau, die Sir Geralds Nichte Angela vertrat und den gleichen Namen wie sie trug, kam mir auch nicht koscher vor.
Sie begleitete mich zur Tür, um sich dort von mir zu verabschieden. Sie lächelte mich an und plötzlich überkam mich der Eindruck, dass ich diese Person schon mal gesehen hatte. Nicht so nah, sondern aus einer gewissen Entfernung. Es war zudem noch nicht so lange her.
Sie öffnete mir die Haustür.
»Dann wünsche ich Ihnen noch einen schönen Tag.«
»Danke gleichfalls.«
Ich war in Gedanken, ging vor und erlebte dann den Angriff, mit dem ich nicht mehr gerechnet hatte.
Mich traf ein Tritt in die Kniekehlen. Er war so hart, dass ich die Balance verlor, nach hinten kippte, und das hatte man gewollt.
Ich fiel genau in den Schlag hinein. Und diesmal waren nicht meine Kniekehlen das Ziel, sondern mein Nacken, und auch noch ein Teil meines Rückens wurde erwischt.
Es gab keinen Halt mehr für mich. Ich landete am Boden, schlug auch noch mit dem Hinterkopf auf und sah die berühmten Sterne.
Ich hörte die Frau lachen. Dann griffen zwei Hände zu und bekamen meine Fußknöchel zu fassen.
»Nein, das schaffe ich allein. Geh du wieder weg.«
Ich hatte die Stimme der Frau gehört, aber ich konnte nichts damit anfangen. Sie kam mir wie in Watte gepackt vor.
Aber ich bekam schon mit, was man mit mir vorhatte. Es ging wieder zurück, zurück ins Haus, und ich wurde rücklings dorthin geschleift. Wehren konnte ich mich nicht, und die Haustür fiel mit einem Knall zu.
Ab jetzt hatte ich das Gefühl, keine Chance mehr zu haben …
***
Suko saß in seinem Rover und schaute durch das Fenster zu dem Haus hin, in dem John Sinclair verschwunden war. Zwischen ihm und dem Wagen lag die Straße, auch ein Teil des Grundstücks, und er sah auch die Nachbarhäuser.
Verkehr gab es hier keinen. Wenn ein Auto in die Nähe fuhr, dann wohnte der Besitzer hier. Bei einer Sackgasse gab es eben keinen Durchgangsverkehr.
John war verschwunden. Wie lange sein Besuch dauern würde, darüber hatten sie nicht gesprochen. Es konnte ein knapper Besuch werden, aber auch einer, der länger dauerte, und Suko stellte sich eher darauf ein.
Er wartete. Über ihm lag ein grauer Himmel, der seine Farbe auch nicht änderte. Immer wieder konnte er den bunten Blättern zuschauen, die dem Erdboden entgegen trudelten und den Teppich dort noch dichter machten.
Hier ging alles seinen Gang, und das war auch nicht schlecht. Nur eben auch langweilig.
Das merkte Suko. Wahrscheinlich war er schon aufgefallen, aber das hatte man ihm nicht offen gezeigt. Die Leute waren an dem Rover vorbei gegangen, ohne offen von ihm Notiz zu nehmen.
Suko ließ die Zeit nicht einfach nur verstreichen. Er telefonierte auch mal mit Shao und erklärte ihr, was er machte.
»Oh, da kann man dich nur bedauern.«
»Ja, das stimmt.«
»Und wie geht es weiter?«
»Keine Ahnung, Shao.«
»Kann es denn gefährlich werden?«
»Immer. Und damit meine ich nicht nur diesen
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