18 - Eine Taube bringt den Tod
einzukreisen. Immer näher pirschten sie sich heran, schon konnte Eadulf durch das Dickicht das Lagerfeuer sehen. Zwei Männer hockten davor, die Waffen griffbereit. Von dem dritten und der Gefangenen keine Spur. Die beiden am Feuer unterhielten sich laut; immer wieder blickten sie zu dem anderen Ende der Lichtung hinüber, rissen Zoten und lachten schallend. Eadulf folgte ihren Blicken und sah, dass sich hinten im Gebüsch etwas bewegte. Er tippte Bleidbara an und wies auf den Fleck. Der Krieger nickte, er hatte verstanden. Dann schaute er nach links und nach rechts, hielt seinen Dolch hoch, zeigte auf sich und das Gebüsch. Auf seine Leute war Verlass. Er selbst schlich bereits unauffällig und rasch, den Rastplatz umgehend, auf sein Ziel zu. Eadulf hielt sich dicht hinter ihm.
Sie bekamen das zu sehen, was Eadulf befürchtet hatte. Mit hochgeschobenem Kleid lag Ceingar ergeben auf dem Boden, der Mann über ihr.
Mit wenigen Schritten war Bleidbara am Ort des Geschehens, packte den Mann bei den Haaren und riss ihn zurück. Der so Überraschte reagierte schnell. Noch während ihn Bleidbaras starker Arm gepackt hielt, gab er einen Warnruf von sich und langte nach seinem Dolch, den er am Gürtel trug. Bleidbara blieb keine andere Wahl, als seine Waffe dem Mann in die Rippen zu stoßen.
Vom Lager her, das hinter ihm lag, hörte Eadulf Geschrei, ein Zeichen dafür, dass Bleidbaras Männer die dort sitzenden Räuber überrumpelt hatten.
Das bislang reglose Mädchen kreischte auf, rappelte sich hoch, zupfte das Kleid zurecht und starrte angstvoll um sich.
Eadulf näherte sich ihr. »Hab keine Angst, Ceingar!«, rief er. »Wir sind da, um dich zu retten. Du bist frei!«
Wie geistesgestört stierte sie ihn an, machte – für Eadulf völlig unerwartet – einen Satz nach vorn, griff sich den auf der Erde liegenden Dolch ihres Peinigers und holte aus. Für einen Moment war Eadulf machtlos. Das Mädchen hätte ihn niedergestochen, wäre nicht Bleidbara dazwischengegangen. Er ließ den Getöteten sinken, packte die Verwirrte am Handgelenk und verdrehte es, so dass ihr die Stichwaffe aus der Hand glitt. Er sprach heftig auf sie ein. Verstört und erschöpft sank sie zu Boden.
»Es ist alles in Ordnung«, sagte Bleidbara zu Eadulf. »Sie hatte nicht erfasst, wer wir sind, und handelte im Affekt. Wir sollten sie eine Weile in Ruhe lassen.«
Mit schadenfrohem Grinsen erschien Boric. »Wir haben sie erledigt. Beide sind tot«, verkündete er und wies mit dem Daumen hinter sich.
»Ihr habt sie getötet?« Eadulf war enttäuscht. »Jetzt können wir sie nicht mehr befragen.«
»Das wird wohl so sein, Bruder Eadulf«, bestätigte Boric ohne jede Spur von Reue. »Wie die Teufel haben sie gekämpft und wollten sich nicht ergeben. Waren wie vom Schlachtfieber
besessen. Uns blieb nichts anderes übrig, als Klinge auf Klinge prallen zu lassen.«
Voller Mitleid betrachtete Eadulf das Mädchen, das mit hochgezogenen Knien auf einem Baumstamm kauerte, die Arme um die Beine geschlungen, die Schultern kraftlos nach vorn gesackt, das Kinn fast auf den Knien. Das Häufchen Unglück schaukelte vor und zurück und starrte mit schreckgeweiteten Augen auf den toten Mann, der sie missbraucht hatte.
»Weiß sie, dass sie in Sicherheit ist?«, fragte er Bleidbara.
Der Krieger beruhigte ihn. Er sprach mit dem Mädchen, und nach einer Weile hob es den Kopf und schaute von Bleidbara zu Eadulf.
»Sie hat uns erkannt.«
»Frag sie, was geschehen ist.«
»Sie sagt, sie wären ausgeritten – Königin Riwanon, mit ihrem Gefolge. Plötzlich wären Pfeile geflogen und hätten zwei der Krieger niedergestreckt. Ihre Herrin und Budic wären davongaloppiert, und als sie ihnen hätte folgen wollen, wäre einer der Feinde aus dem Hinterhalt gesprungen, hätte ihr Pferd am Zaum gegriffen und sie zurückgehalten.«
»Und was wurde mit den toten Kriegern?«
Ceingar machte ein unglückliches Gesicht und zauderte, ehe sie weitersprach.
»Sie haben die Leichen auf eins der Pferde gepackt und sind mit ihnen fortgeritten. Was im Einzelnen mit ihnen geschah, weiß sie nicht«, übersetzte Bleidbara für sie.
»Und wie erging es ihr?«
»Man sagte ihr, sie wäre jetzt gefangen, und band ihr die Handgelenke zusammen. Sie lösten ihr den Strick erst, als …« Er wies stumm zu der Stelle, wo sie gelegen hatte.
»Weiß sie, wie viele in der Horde waren?«
»Etwa ein halbes Dutzend.«
»Und was passierte, nachdem man sie gefangen genommen hatte?«
»Sie
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